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Appellationsgericht
Einzelgericht
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BES.2018.132
ENTSCHEID
vom 15.
Juli 2019
Mitwirkende
lic. iur. Liselotte Henz
und Gerichtsschreiber
lic. iur. Christian Lindner
Beteiligte
A____ Beschwerdeführer
[...]
vertreten durch [...], Advokat,
[…]
gegen
Staatsanwaltschaft Basel-Stadt
Beschwerdegegnerin
Binningerstrasse 21, 4001 Basel
B____ Beschwerdegegner
[...] Beschuldigter
Gegenstand
Beschwerde gegen eine Verfügung
der Staatsanwaltschaft
vom 25. Juni 2018
betreffend Nichtanhandnahme
Sachverhalt
Mit Schreiben
vom 25. Juni 2018 verfügte die Staatsanwaltschaft das Nichteintreten auf die
Strafanzeige von A____, welche dieser mit Schreiben vom 18. April 2017 wegen
Verdachts auf ungetreue Geschäftsbesorgung, Veruntreuung, Unterdrückung von
Urkunden sowie Betrugs gegen B____ erstattet hatte. Gegen die Nichtanhandnahmeverfügung
der Staatsanwaltschaft hat A____ durch seinen Rechtsvertreter mit Schreiben vom
9. Juli 2018 Beschwerde erheben lassen. Es wird beantragt, die Verfügung vom
25. Juni 2018 sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft anzuweisen, eine Untersuchung
gemäss Art. 309 StPO zu eröffnen. Dies unter o/e-Kostenfolge. Mit
Beschwerdeantwort vom 20. August 2018 hat die Staatsanwaltschaft die kostenfällige
Abweisung der Beschwerde beantragt. Mit Schreiben vom 21. August 2018 hat B____
eine Stellungnahme eingereicht. Die Replik des Beschwerdeführers datiert vom
25. September 2018.
Die relevanten
Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich aus den nachfolgenden
Erwägungen.
Erwägungen
1.
1.1 Gemäss
Art. 393 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1
lit. b der Strafprozessordnung (StPO, SR 312.0) unterliegen Verfügungen
der Staatsanwaltschaft der Beschwerde an die Beschwerdeinstanz. Für
Einstellungsverfügungen wird dies in Art. 322 Abs. 2 StPO ausdrücklich
hervorgehoben. Beschwerden gegen Nichtanhandnahmeverfügungen sind gemäss Art.
310 Abs. 2 StPO analog zu behandeln (vgl. Omlin,
in: Basler Kommentar, 2. Auflage 2014, Art. 310 StPO N 26).
1.2 Zur
Beschwerde legitimiert ist jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse
an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheides hat (Art. 382 Abs. 1
StPO). Der Begriff „Partei“ wird umfassend im Sinne von Art. 104 und 105
StPO verstanden. Neben der beschuldigten Person, der Staatsanwaltschaft und der
Privatklägerschaft kann auch jede andere am Verfahren beteiligte Person, wie
namentlich die Anzeige erstattende Person, zur Beschwerde legitimiert sein,
sofern sie sich am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt hat beziehungsweise
von diesem berührt ist und ein rechtlich geschütztes Interesse geltend machen
kann (Lieber, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber
[Hrsg.], Kommentar zur StPO, 2. Auflage, Zürich 2014,
Art. 382 N 2; Schmid/Jositsch,
StPO, Praxiskommentar, 3. Auflage, Zürich/St. Gallen 2018, Art. 382
N 1 f.; AGE BES.2017.100 vom 25. Juli 2017 E. 1.2).
Es stellt sich
die Frage, ob A____ als Nachkomme des bereits verstorbenen und angeblich
geschädigten C____ zur Beschwerde legitimiert ist. Art. 382 Abs. 3
StPO sieht vor, dass nach dem Tode der beschuldigten oder verurteilten Person
oder der Privatklägerschaft die Angehörigen im Sinne von Art. 110 Abs 1 StGB in
der Reihenfolge der Erbberechtigung ein Rechtsmittel ergreifen oder das
Rechtsmittelverfahren weiterführen können, soweit sie in ihren rechtlich
geschützten Interessen betroffen sind. Bei der Privatklägerschaft kann dies
etwa dann der Fall sein, wenn die Erbschaft des Verstorbenen vom Ergebnis der
Zivilklage berührt wird (Riklin,
Kommentar StPO, 2. Auflage 2014, Art. 382 N 8). Vorliegend ist A____ als
beschwerdelegitimiert zu betrachten.
1.3 Auf
die frist-und formgerecht eingereichte und begründete Beschwerde ist einzutreten.
1.4 Zuständiges
Beschwerdegericht ist das Appellationsgericht als Einzelgericht (§§ 88
Abs. 1 in Verbindung mit 93 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes
[GOG, SG 154.100]). Die Kognition des Beschwerdegerichts ist frei und somit
nicht auf Willkür beschränkt (Art. 393 Abs. 2 StPO).
2.
2.1 Der
Beschwerdeführer verdächtigt den Beschwerdegegner, dieser habe in seiner
damaligen Eigenschaft als Willensvollstrecker (und Stiefschwiegersohn) der
Erblasserin D____ einen grösseren Geldbetrag aus dem Nachlass zu Gunsten seiner
inzwischen verstorbenen Ehefrau (und Stieftochter der Erblasserin) und folglich
zum Nachteil von deren Bruder C____ (Stiefsohn der Erblasserin) abdisponiert. Weiter
wirft der Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner vor, im Rahmen eines zivilrechtlichen
Verfahrens (betreffend Rechtschutz im summarischen Verfahren gemäss Art. 257
Abs. 1 und 3 ZPO, konkret geht es um das Verfahren V.2016.873) durch die
Auskunft, er besitze aufgrund des langen Zeitablaufs zu diesem Erbfall keine
Akten mehr, sich der Urkundenunterdrückung schuldig gemacht zu haben.
2.2 Die
Staatsanwaltschaft hat die Nichtanhandnahme des Verfahrens insbesondere damit
begründet, dass die inkriminierten Sachverhalte bereits verjährt seien. Der
Beschwerdeführer vertritt dagegen die Ansicht, die Verjährungsfrist habe gar
nie zu laufen begonnen, da eine Erbteilung nie stattgefunden habe (Beschwerde N
6.3 sowie Replik). Hierfür bleibt der Beschwerdeführer indes jeden Beleg
schuldig. Im Gegenteil führt er in seiner Beschwerde selbst aus, dass von den
Konten der Erblasserin mehrere Verschiebungen und Auszahlungen erfolgt seien,
darunter auch CHF 48‘304.92 an C____. Der Beschwerdegegner macht
seinerseits geltend, am 19. Juni 1995 sei von C____ gar eine Ausgleichszahlung
von CHF 7‘406.45 für zu viel bezogene Geldwerte aus der Erbmasse an […], die inzwischen
verstorbene Frau des Beschwerdegegners, geflossen. Eine Überweisung in der
genannten Höhe ist belegt. Wie die Aufteilung des bei der Kantonalbank
Basel-Stadt vorhandenen Vermögens zeigt, hat demnach eine Erbteilung
stattgefunden, womit freilich noch nicht feststeht, dass diese bezüglich
sämtlicher Vermögenswerte korrekt erfolgt ist. Die im Rahmen der Tätigkeit des
Willensvollstreckers denkbaren Delikte wären jedoch bereits anlässlich der
Erbteilung begangen und vollendet worden, womit die Verjährungsfrist zu laufen
begonnen hätte. Die gegenteilige Argumentation des Beschwerdeführers erweist
sich denn auch als widersprüchlich, denn der gewichtigste Vorwurf lautet
dahingehend, dass der Beschwerdegegner als Beistand Gewahrsam über die
Vermögenswerte der Erblasserin gehabt und einen Grossteil davon pflichtwidrig
für sich und seine Ehefrau verwendet habe. Er habe damit mutmasslich eine
Veruntreuung begangen. Auch nach der Darstellung des Beschwerdeführers wurden somit
allfällige Vermögensdelikte des Beschwerdegegners im Zeitraum der Erbteilung vollendet,
und die massgeblichen Verjährungsfristen haben damit zu laufen begonnen. Das
Gleiche gilt für die inkriminierten Tatbestände der ungetreuen
Geschäftsbesorgung und des Betrugs. Dass nach Ansicht des Beschwerdeführers
insbesondere die über 20 Jahre später verweigerte Auskunftserteilung (siehe
dazu 2.3) als Betrug anzusehen sei (Strafanzeige N 6), ändert nichts an den
ausgelösten Verjährungsfristen. Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer
Beschwerdeantwort zutreffend ausgeführt, dass eine spätere Täuschung im
Zivilverfahren in betrügerischer Absicht allenfalls einen nicht selbständig
strafbaren Sicherungsbetrug darstellen würde.
Die Frage der
Verjährung ist eine formelle Voraussetzung, welche von Gesetzes wegen von jeder
Strafverfolgungsbehörde zwingend zu berücksichtigen ist. Wie die
Staatsanwaltschaft in der Einstellungsverfügung vom 25. Juni 2018 und der
Vernehmlassung zur Beschwerde vom 20. August 2018 sowie der Beschwerdegegner
in seiner Replik vom 21. August 2018 (inkl. Beilagen) geltend machen, gibt
es diverse Indizien, die belegen, dass die Erbteilung bereits vor dem Tod der
Ehefrau des Beschwerdegegners, welcher am 14. November 1995 eingetreten ist,
abgeschlossen war. Dies bedeutet, dass die inkriminierte Tatzeit in den
Zeitraum 1994-1995 zu liegen käme. Die relative Verjährungsfrist betrug damals
sowohl für qualifizierte Veruntreuung als auch für Betrug und ungetreue
Geschäftsbesorgung mit Bereicherungsabsicht 10 Jahre, die absolute Verjährung trat
jeweils nach 15 Jahren ein (vgl. Art. 70 und 72 aStGB). Diese Delikte sind demnach
spätestens seit dem Jahr 2010 verjährt.
2.3 Im
Weiteren wird der Beschwerdegegner der Unterdrückung von Urkunden im Sinne von
Art. 254 Abs. 1 StGB bezichtigt. Er sei mehrfach darum gebeten worden, anhand
von Unterlagen den Verbleib der Vermögenswerte aus dem Nachlass von D____
nachzuweisen, habe sich jedoch geweigert und die Existenz solcher Unterlagen
verneint. Als damaliger Beistand habe er indessen zwingend Zugriff auf die
entsprechenden Unterlagen haben müssen, weshalb die Behauptung, diese
existierten nicht, unglaubhaft sei. Die fraglichen Unterlagen wurden indes erst
am 16. August 2016 im Rahmen eines am Zivilgericht anhängig gemachten
Verfahrens verlangt, also über 20 Jahre nach Ablauf des Mandats als Beistand
und der Tätigkeit als Willensvollstrecker. Dass der Beschwerdegegner die Akten
anlässlich eines Umzugs rund 15 Jahre später entsorgt haben will, ist glaubhaft
und nicht zu beanstanden, da gemäss Art. 127 OR mit Ablauf von 10 Jahren
sämtliche Forderungen verjährt sind. Es ist bereits objektiv kein Verhalten
erkennbar, welches einen Schuldspruch nach Art. 254 StGB nach sich ziehen könnte,
geschweige denn liesse sich eine Vorteils- oder Schädigungsabsicht nachweisen.
3.
Nach dem
Gesagten kann wegen des Verfahrenshindernisses der Verjährung nicht mehr
eruiert werden, ob im Zusammenhang mit der Teilung des Erbes von D____
irgendein strafbares Verhalten des Beschwerdegegners vorgelegen hat. Es ergeben
sich aus den Verfahrensakten keine konkreten Anhaltspunkte dafür. Die
Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft ist demzufolge zu schützen und
die Beschwerde unter Auferlegung einer Entscheidgebühr von CHF 800.‒
abzuweisen.
Demgemäss
erkennt das Appellationsgericht (Einzelgericht):
://: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des
Beschwerdeverfahrens mit einer Gebühr von CHF 800.‒ (einschliesslich
Kanzleiauslagen).
Mitteilung an:
-
Beschwerdeführer
-
Beschwerdegegner
-
Staatsanwaltschaft
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Die Präsidentin Der
Gerichtsschreiber
lic. iur. Liselotte Henz lic.
iur. Christian Lindner
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen
Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des
Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde
in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am
letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht oder zu
dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer diplomatischen oder konsularischen
Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für
die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG
verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das
Bundesgericht.