Geschäftsnummer: |
BV.2016.16 (SVG.2018.304) |
Instanz: |
Sozialversicherungsgericht |
Entscheiddatum: |
06.11.2018 |
Erstpublikationsdatum: |
23.11.2018 |
Aktualisierungsdatum: |
01.02.2020 |
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Titel: |
Hinterlassenenleistungen für Lebenspartnerin, Begünstigtenerklärung als konstitutives Element zulässig - BVG (BGer 9C_874/2018 Urteil vom 26.6.19)
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Sozialversicherungsgericht
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URTEIL
vom 6.
November 2018
Mitwirkende
lic. iur. K. Zehnder (Vorsitz), lic. iur. A. Lesmann-Schaub, MLaw M. Kreis
und Gerichtsschreiberin lic. iur. H.
Hofer
Parteien
A____
vertreten durch B____
Klägerin
C____
Beklagte
Gegenstand
BV.2016.16
Klage vom 18. Juli 2016 und Urteil
des Bundesgerichts vom 27. Dezember 2017
Hinterlassenenleistungen für
Lebenspartnerin, Begünstigtenerklärung als konstitutives Element zulässig
Tatsachen
I.
Herr D____ (nachfolgend: Der Verstorbene) und die Klägerin waren
bei der Beklagten ab Januar 2004 vorsorgeversichert nach BVG (Bundesgesetz vom
25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassen- und Invalidenvorsorge
(BVG; SR 831.40). Von 2002 bis zu seinem Tod am 23. Oktober 2011 lebten der
Verstorbene und die Klägerin im Konkubinat. Im April 2015 anerkannte die
Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Ausrichtung eines Todesfallkapitals in
der Höhe von Fr. 648‘077.80 (vgl. Klagebeilage [KB] 19). Die Ausrichtung
einer Lebenspartnerrente gemäss Art. 13 der reglementarischen Bestimmungen
(Personalvorsorge-Reglement der E____, Vertrags-Nr. 050555.21, gültig ab 1.
Januar 2009, [nachfolgend: Reglement] Duplikbeilage [DB] 63), hat die Beklagte
bislang abgelehnt (vgl. Schreiben vom 18. Dezember 2013, DB 34).
II.
Mit Klage vom 18. Juli 2016 beantragt die Klägerin, vertreten
durch den Rechtsanwalt B____, es sei die Beklagte zu verurteilen, ihr eine
Lebenspartnerrente nach BVG und anwendbarem Reglement auszurichten. In
verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragt die Klägerin, es seien ihr sämtliche
beigezogenen Akten und sämtliche Eingaben, die geeignet sein könnten, Grundlage
eines Entscheids zu bilden, vor dessen Fällung zur Kenntnis zu bringen und ihr
Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen.
Die Beklagte schliesst mit Klagantwort vom 30. September 2016
auf Abweisung der Klage.
Mit Replik vom 5. Dezember 2016 hält die Klägerin an ihren
Klagbegehren vollumfänglich fest und ersucht um Durchführung einer mündlichen
Parteiverhandlung.
Auf Aufforderung der Instruktionsrichterin vom 9. Dezember 2016
reicht die Beklagte am 9. Januar 2017 ihre Vorakten sowie das im Jahr 2011
gültig gewesene Reglement ein. Davon werden der Klägerin die Akten-Nummern 26,
33, 34, 35, 62 und 63 zur Kenntnisnahme zugestellt.
Die Duplik erfolgt am Februar 2017.
Mit Schreiben vom 5. April 2017 beruft sich die Klägerin auf
die Wahrung des rechtlichen Gehörs und beantragt uneingeschränkte Einsicht in
die Vorakten der Beklagten.
III.
Am 16. Mai 2017 findet in Anwesenheit der Klägerin und ihres
Rechtsvertreters eine Hauptverhandlung vor dem Sozialversicherungsgericht
statt. Für die Beklagte ist Frau F____ anwesend. Die Parteien werden befragt
und kommen zum Vortrag. Für sämtliche Ausführungen wird auf das
Verhandlungsprotokoll und die nachstehenden Erwägungen verwiesen.
IV.
Mit Urteil BV 2016 16 vom 16. Mai 2017 verneint das
Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt eine umfassende Akteneinsicht und weist die
Klage in materieller Hinsicht ab.
V.
Eine von der Klägerin dagegen am 12. September 2017 erhobene
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten heisst das Bundesgericht
mit Urteil 9C_612/2017 vom 27. Dezember 2017 infolge Verletzung des
Akteneinsichtsrechts teilweise gut und weist die Sache zur neuen Entscheidung
an das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt zurück.
Gestützt darauf werden der Klägerin am 2. Januar 2018 die von
der Beklagten am 9. Januar 2017 eingereichten Akten vollständig zur
Einsichtnahme zugestellt. Mit Eingabe vom 5. März 2018 lässt sich die Klägerin
dazu vernehmen und hält an ihren Begehren gemäss Klage vom 18. Juli 2016
vollumfänglich fest. Die Beklagte lässt sich mit Schreiben vom 30. April 2018
vernehmen und hält am Antrag auf Abweisung der Klage fest. Die Klägerin nimmt
die ihr daraufhin gewährte Gelegenheit zur nochmaligen Stellungnahme nicht
wahr.
VI.
Am 6. November 2018 findet die zweite Urteilsberatung durch die
Kammer des Sozialversicherungsgerichts statt.
Entscheidungsgründe
1.
Die vorliegende Streitigkeit unterliegt der Gerichtsbarkeit der
in Art. 73 BVG erwähnten richterlichen Behörden. Das Sozialversicherungsgericht
Basel-Stadt ist damit zur Behandlung der vorliegenden Klage sachlich zuständig.
Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus Art. 73
Abs. 3 BVG. Da auch die übrigen prozessualen Voraussetzungen erfüllt sind, ist
auf die Klage einzutreten.
2.
2.1.
Das Bundesgericht hat den in rubrizierter Angelegenheit ergangenen
Entscheid des Sozialversicherungsgerichts vom 16. Mai 2017 infolge einer
schwerwiegenden Verletzung des klägerischen Akteneinsichtsrechts aufgehoben und
die Sache zur erneuten Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Die
Klägerin hat am 2. Januar 2018 Gelegenheit erhalten, die Akten uneingeschränkt
einzusehen und sich dazu vernehmen zu lassen. Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens ist nunmehr nur noch die Frage, ob der Klägerin trotz Fehlens einer
formellen Absichtserklärung ein Anspruch auf eine reglementarische Lebenspartnerrente
zusteht. Dass die Voraussetzung der Lebensgemeinschaft erfüllt ist, wird von
der Beklagten nicht in Frage gestellt (Duplik Ziff. 2).
2.2.
Die Beklagte führt aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine
Lebenspartnerrente, da der Verstorbene unbestrittenermassen das reglementarisch
vorgeschriebene Formular „Anmeldung für eine Lebenspartnerrente“ zu Lebzeiten
nicht eingereicht habe. Auch liege kein begründeter Ausnahmefall vor, bei
welchem auf das Formular hätte verzichtet werden können. Ein solcher werde nur
bei tragischen Fällen bejaht, in denen es der versicherten Person aus
objektiven Gründen nicht rechtzeitig möglich gewesen sei, das Anmeldeformular
einzureichen, nicht hingegen bei blossem Versäumnis oder bei einem bewussten
Verzicht.
2.3.
Demgegenüber ist die Klägerin der Ansicht, sie habe gestützt auf
Art. 20a BVG und Art. 13.3.6 des anwendbaren Reglements der Beklagten einen
Anspruch auf eine Lebenspartnerrente. Daran ändere auch der Umstand nichts,
dass der Verstorbene das gemäss Reglement vorausgesetzte Formular zu Lebzeiten
nicht bei der Beklagten eingereicht habe. Infolge Verletzung der
Informationspflicht durch die Beklagte müsse sie sich dieses formelle
Erfordernis nicht entgegenhalten lassen. Es sei vielmehr zu vermuten, dass -
bei korrekter Information - die erforderliche schriftliche Erklärung durch den
Verstorbenen an die Beklagte erfolgt wäre. Die Auslegung der massgeblichen
Reglementsbestimmung ergebe sodann, dass der mutmassliche Wille in
Ausnahmefällen auch ohne formelle Anmeldung zu berücksichtigen sei. Ein derartiger
begründeter Ausnahmefall liege vor. Der Wille des Verstorbenen, der Klägerin
eine Lebenspartnerrente aus seiner beruflichen Vorsorge zukommen zu lassen ergebe
sich sowohl aus dem Testament des Verstorbenen als auch aus den gesamten
Umständen.
3.
3.1.
Im weitergehenden Bereich der beruflichen Vorsorge sind die
Vorsorgeeinrichtungen im Rahmen des Gesetzes in der Gestaltung ihrer
Leistungen, in deren Finanzierung und in ihrer Organisation frei (Art. 49 BVG).
Massgebend ist insoweit - innerhalb der durch Gesetz und verfassungsmässige
Grundsätze bestimmten Grenzen - insbesondere die autonome Regelung der
Vorsorgeeinrichtung, wie sie in deren Statuten oder Reglementen festgehalten
ist (Urteil EVG B 85/04 vom 20. Dezember 2005).
3.2.
3.2.1. Nach Art. 20a Abs. 1 BVG kann die Vorsorgeeinrichtung in
ihrem Reglement neben den Anspruchsberechtigten nach den Art. 19 (überlebender
Ehegatte), 19a (eingetragene Partnerinnen oder Partner) und 20 (Waisen)
begünstigte Personen für die Hinterlassenenleistungen vorsehen, u.a. natürliche
Personen, die vom Versicherten in erheblichem Masse unterstützt worden sind,
oder die Person, die mit diesem in den letzten fünf Jahren bis zu seinem Tod
ununterbrochen eine Lebensgemeinschaft geführt hat oder die für den Unterhalt
eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder aufkommen muss (lit. a). Eine
Vorsorgeeinrichtung muss nicht alle der in Art. 20a Abs. 1 lit. a BVG
aufgezählten Personen begünstigen und kann den Kreis der Anspruchsberechtigten
enger fassen als im Gesetz umschrieben, insbesondere ist sie befugt, von einem
restriktiveren Begriff der Lebensgemeinschaft auszugehen. Denn die Begünstigung
der in Art. 20a Abs. 1 BVG genannten Personen gehört zur weitergehenden bzw.
überobligatorischen beruflichen Vorsorge (Art. 49 Abs. 2 Ziff. 3 BVG und Art.
89a Abs. 6 Ziff. 3 ZGB). Die Vorsorgeeinrichtungen sind somit frei zu
bestimmen, ob sie überhaupt und für welche dieser Personen sie
Hinterlassenenleistungen vorsehen wollen. Zwingend zu beachten sind lediglich
die in lit. a-c von Art. 20a Abs. 1 BVG aufgeführten Personenkategorien sowie
die Kaskadenfolge. Umso mehr muss es den Vorsorgeeinrichtungen daher
grundsätzlich erlaubt sein, etwa aus Gründen der Rechtssicherheit (Beweis
anspruchsbegründender Umstände) oder auch im Hinblick auf die Finanzierbarkeit
der Leistungen, den Kreis der zu begünstigenden Personen enger zu fassen als im
Gesetz umschrieben (BGE 142 V 233, 236 E. 1.1 m.w.H.).
3.2.2. Der Gesetzeswortlaut lässt zwar offen, ob zusätzliche formelle
Voraussetzungen im Rahmen von Art. 20a BVG erlaubt sind, sie liegen aber in der
überobligatorischen Rechtsnatur der Bestimmung und den vertraglichen
Verhältnissen begründet, die den Vorsorgeeinrichtungen entsprechende
Gestaltungsrechte einräumen. Das Bundesgericht hat ihre Zulässigkeit denn auch
sowohl vor als auch nach der 1. BVG-Revision mehrfach bestätigt. Formelle
Zusatzvoraussetzungen sind - sofern sachgerecht, sinnvoll und zweckmässig -
grundsätzlich erlaubt (Esther Amstutz,
Die Begünstigtenordnung der beruflichen Vorsorge, Diss. Zürich 2014, S. 231 Rz.
624 mit Hinweisen). Namentlich ist das Erfordernis einer Begünstigtenerklärung
an die Vorsorgeeinrichtung zu Lebzeiten gemäss höchstrichterlicher Praxis ein
zulässiges konstitutives Element; eine testamentarische Begünstigung ist
diesfalls nicht genügend (Hans-Ulrich
Stauffer, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht.
Die berufliche Vorsorge, 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2013, S. 53 mit
Hinweisen auf SVR 2009 BVG Nr. 18 [9C_728/2007 richtig: 9C_710/2007], die Mitteilungen
über die berufliche Vorsorge des Bundesamtes für Sozialversicherungen 111/2009,
Rz. 690 sowie BGE 136 V 127 E. 4.5). Begründet wird diese Zulässigkeit in
Praxis und Lehre insbesondere mit den erheblichen Risiken, denen sich eine Vorsorgeeinrichtung
aussetzt. Es dürfen deshalb zumutbare Anforderungen aufgestellt werden, die
verlangen, dass die tatsächlichen Gegebenheiten für den Eintritt der gewünschten
Rechtsfolge dokumentiert sein müssen (Amstutz, a.a.O., S. 233 N. 624).
3.3.
3.3.1. Im vorliegenden Fall setzt das Reglement der Beklagten in
Art. 13.3.2 für einen Anspruch auf eine Lebenspartnerrente voraus, dass die
Lebenspartner nachweislich und ununterbrochen mindestens während der letzten
fünf Jahre vor dem Tod der versicherten Person in einer Lebensgemeinschaft in einem
gemeinsamen Haushalt gelebt haben, oder sie haben zum Zeitpunkt des Todes der
versicherten Person nachweislich in einer Lebensgemeinschaft in einem
gemeinsamen Haushalt gelebt und der hinterbliebene Partner muss für mindestens
ein gemeinsames Kind aufkommen. In formeller Hinsicht wird gemäss Art. 13.3.6
des Reglement der Beklagten zusätzlich verlangt, dass das Formular „Anmeldung
für eine Lebenspartnerrente“ vollständig ausgefüllt und von beiden
Lebenspartnern unterschrieben vor dem Tod der versicherten Person an die
Stiftung gesandt wurde. Nur in begründeten Ausnahmefällen verzichtet die
Stiftung auf die Einreichung des Anmeldeformulars (KB 17).
3.3.2. Das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft bedeutet nicht zwangsläufig,
dass die versicherte Person den Lebenspartner auch tatsächlich begünstigen
will. Im Gegensatz zu den obligatorischen Hinterlassenenansprüchen des
überlebenden Ehegatten bzw. des überlebenden eingetragenen Partners hat die
versicherte Person bei einer Lebensgemeinschaft die Wahlmöglichkeit. Diese
Autonomie dürfte u.a. ein wichtiger Grund dafür sein, dass manche Paare die
(nichteheliche) Lebensgemeinschaft der Ehe vorziehen. Die erforderliche Meldung
ist demnach unmissverständlicher Ausdruck dafür, dass eine Begünstigung gewollt
ist. Die Meldung beziehungsweise der Nachweis des Begünstigungswillens hat bei
der Beklagten gemäss Art. 13.3.6 des Reglements mittels eines Formulars
„Anmeldung für eine Lebenspartnerrente“ zu erfolgen. Dass die
Vorsorgeeinrichtung die Einreichung eines ausgefüllten und unterschriebenen
Formulars als zusätzliche Voraussetzung für den Anspruch auf eine
Lebenspartnerrente verlangt, ist im weitergehenden Bereich der beruflichen
Vorsorge zulässig und nicht zu beanstanden (vgl. auch BGE 136 V 127 E. 5.4; 142
V 233, 237 E. 2.1). Denn die Lebenspartnerrente stellt eine neue Leistung dar
und wird ohne Beitragserhöhung finanziert. Die Vorsorgeeinrichtung hat daher
ein schützenswertes Interesse zu wissen, wie viele Versicherte im Todesfall
solche Leistungen auslösen können. Überdies möchte sie in beweisrechtlicher Hinsicht
grösstmögliche Klarheit in Bezug auf die Person des Begünstigten (BGE 142 V
233, 237 f. E. 2.2 m.w.H.). Diese formelle Voraussetzung erfüllt die Klägerin
nicht, hat doch der Verstorbene das notwendige Formular zu Lebzeiten nicht bei
der Beklagten eingereicht.
3.4.
3.4.1. Die Klägerin macht geltend, die Beklagte sei ihrer
Informationspflicht gemäss Art. 86b Abs. 1 lit. a BVG nicht
nachgekommen, weshalb sie sich die Formularvorschrift nicht entgegenhalten
lassen müsse. Gemäss dieser Bestimmung habe die Pensionskasse die Versicherten
jährlich über alle gesetzlichen und reglementarischen Leistungen beim Eintritt
eines Versicherungsfalles zu informieren. Die Information müsse unaufgefordert
und in geeigneter Form erfolgen. Sehe das Vorsorgereglement eine
Lebenspartnerrente vor, hätte die Beklagte auch über die Möglichkeit dieser
Leistungsart informieren müssen. Eine Verletzung dieser Informationspflicht
habe dieselben Folgen wie eine zu Unrecht unterlassene behördliche Auskunft im
Sinne des öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutzes. Gemäss Rechtsprechung des
Bundesgerichts sei bei einem langjährigen und stabilen Konkubinat zu vermuten,
dass die erforderliche schriftliche Mitteilung der Begünstigung an die Pensionskasse
des Versicherten bei korrekter Information erfolgt wäre. Die Klägerin verweist
dabei auf das Urteil des Bundesgerichts 9C_399/2013 vom 29.01.2014 E. 5.1,
5.4, 5.5.
3.4.2. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat,
nachdem die Lebenspartnerrente im Jahr 2005 aufgrund der 1. BVG-Revision in den
reglementarischen Leistungskatalog aufgenommen wurde, ihre Versicherten und
damit auch den Verstorbenen und die Klägerin mittels eines Merkblatts zur Lebenspartnerrente
über die neue Leistung und deren Voraussetzungen informiert (Klagantwortbeilage
[KAB] 1). Das Argument der Klägerin, sie wisse nicht ob (und bestreite auch,
dass) der Verstorbene das Merkblatt vom Dezember 2004 und/oder das Informationsblatt
von 2011 je erhalten und zur Kenntnis genommen habe, zielt ins Leere. Weshalb
ausgerechnet sie beide diese Information nicht erhalten haben sollen, ist nicht
einleuchtend. Knapp ein Jahr vor seinem Tod, wurden der Verstorbene und alle
anderen Versicherten wiederum auf Neuerungen zur Lebenspartnerrente aufmerksam
gemacht. Dies geschah mittels eines Informationsblattes „Anpassungen der allgemeinen
Reglementsbestimmungen per 2011“ (KAB 2). Auch mit diesen Dokumenten hat die
Beklagte die Versicherten darauf hingewiesen, dass die Einreichung eines
Anmeldeformulars für die Geltendmachung der Lebenspartnerrente unabdingbar sei.
3.4.3. Hinzu kommt, dass der Verstorbene nicht nur Versicherter der
Beklagten, sondern darüber hinaus in seiner Funktion auch als
Arbeitgebervertreter tätig war. So war er auch in die Ausgestaltung der
Vorsorgelösung bei der Beklagten massgeblich involviert. Insbesondere hat er
als Arbeitgeber die von der Beklagten am 7. Dezember 2004 erhaltene
Umstellungsvereinbarung unterzeichnet (DB 3). Darin wurde vom Arbeitgeber die
Ausdehnung der Ehegattenrente auf eine Lebenspartnerrente angekreuzt. Es darf
folglich als mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt betrachtet werden,
dass der Verstorbene von der Möglichkeit einer Lebenspartnerrente und der
Voraussetzung der Einreichung des entsprechenden Formulars Kenntnis gehabt haben
musste. Die Tatsache, dass der Verstorbene durch die Beklagte trotz erfolgter
Scheidungsabfindung per 1. November 2005 an dessen Ex-Frau irrtümlich
während Jahren als verheirateten Versicherten führte, ändert daran nichts. Ihre
Informationspflicht variiert nicht je nach registriertem Zivilstand der versicherten
Personen. Die Beklagte ist ihrer Informationspflicht gemäss Art. 86b
Abs. 1 BVG in genügender Weise nachgekommen.
3.5.
3.5.1. Die Klägerin argumentiert weiter, es liege ein Ausnahmefall
im Sinne des Reglements vor. Ausgehend vom Wortlaut der Reglementsbestimmung von
Art. 13.3.6, sei klar, dass die Verwendung der Formulierung „ …in
begründeten Ausnahmefällen….“ bedeute, dass nur im Regelfall eine Meldung mittels
Formular erfolgen müsse. Würde das Formular wie im vorliegenden Fall lebzeitig
nicht eingereicht, sei durch die Beklagte zu prüfen, ob der Anspruch auf eine
Lebenspartnerrente dennoch „begründet“ sei. Dies sei insbesondere dann der
Fall, wenn sowohl die Lebensgemeinschaft als auch der Begünstigungswille
„begründet“ seien. Da die Klägerin mit dem Verstorbenen unbestrittenermassen
eine anspruchsbegründende Lebenspartnerschaft geführt habe, sei dies zu bejahen.
Um dies nachzuweisen, bedürfe es deshalb nicht noch eines entsprechenden
Formulars. Daneben werde der Rentenanspruch auch dadurch begründet, dass sich
der Begünstigungswille des Verstorbenen klar aus seinem Testament ergäbe.
3.5.2. Die Auslegung der reglementarischen Grundlagen erfolgt bei
privatrechtlich organisierten Einrichtungen nach vertragsrechtlichen
Grundsätzen, insbesondere nach dem Vertrauensprinzip sowie unter
Berücksichtigung der Ungewöhnlichkeits- und Unklarheitsregel. Nach diesen
Auslegungsgrundsätzen gilt es, ausgehend vom Wortlaut und unter Berücksichtigung
des Zusammenhangs, in dem eine streitige Bestimmung innerhalb des Reglements
als Ganzes steht, den objektiven Vertragswillen zu ermitteln, den die Parteien
mutmasslich gehabt haben. Dabei hat das Gericht zu berücksichtigen, was
sachgerecht ist, weil nicht angenommen werden kann, dass die Parteien eine
unvernünftige Regelung gewollt haben. Sodann sind nach konstanter Rechtspraxis
mehrdeutige Wendungen in vorformulierten Vertragsbedingungen im Zweifel zu
Lasten ihres Verfassers auszulegen (vgl. dazu BGE 140 V 50 E. 2.2 mit Hinweisen
auf BGE 138 V 176 E. 6 und BGE 131 V 27 E. 2.2).
Der klägerischen
Interpretation kann nach den dargelegten Auslegungsgrundsätzen nicht gefolgt
werden. Es sind nicht die Lebensgemeinschaft und der Begünstigungswille,
sondern zunächst die Ausnahmesituation, die ihrerseits begründet sein muss. Wie
die Beklagte zutreffend konkretisiert, sollen mit der Formulierung „begründeter
Ausnahmefall“ tragische Fälle abgedeckt werden, in denen es der versicherten Person
aus objektiven Gründen nicht rechtzeitig möglich war, das Anmeldeformular einzureichen.
Als Beispiel nennt die Beklagte denn Fall, in dem eine versicherte Person in
den ersten Tagen oder Wochen ihrer Versicherungszeit unerwartet verstirbt oder
durch eine schwere Krankheit oder einen schweren Unfall handlungsunfähig wird.
Nicht gemeint sein können dagegen ein jahrelanges Versäumnis oder gar ein bewusster
Verzicht.
3.5.3. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin vom konstitutiven formellen
Erfordernis des Anmeldeformulars absehen und von einem Ausnahmefall ausgehen würde,
müsste ein vorsorgerechtlicher Begünstigungswille des Verstorbenen mit dem erforderlichen
Beweisgrad als erwiesen betrachtet werden können. Die Klägerin macht zur
Hauptsache geltend, ein solcher Wille ergebe sich aus dem Testament des Verstorbenen
vom 1. September 2008 (KB 12), in welchem die Klägerin als Erbin eingesetzt
wurde. Zudem habe der Verstorbene über all die Jahre der Lebenspartnerschaft
der Klägerin in häufigen Gesprächen versichert, dass sie im Falle seines Todes
bestens versorgt sei, auch über seine Schweizer Pensionskasse. Da es ferner
keine Ersatzbegünstigten gebe und damit auch sonst niemand etwas aus dem Pensionskassenguthaben
des Verstorbenen erhalte, sei eine Lebenspartnerrente der Klägerin mit
keinerlei Nachteilen zu Lasten anderer, dem Verstorbenen nahestehenden Personen
verbunden.
Rechtsprechungsgemäss stehen die
gesetzlichen (Art. 18-20 BVG) und reglementarischen (vgl. Art. 20a
BVG) Ansprüche der Hinterbliebenen aus beruflicher Vorsorge vollständig
ausserhalb des Erbrechts: Weder fallen sie in den Nachlass noch unterliegen sie
der erbrechtlichen Herabsetzung noch werden sie durch eine Ausschlagung der
Erbschaft tangiert. Trotz gänzlichem Fehlen eines erbrechtlichen Bezugs der
berufsvorsorgerechtlichen Hinterlassenenleistungen kann eine entsprechende
Begünstigungserklärung auch im Rahmen einer letztwilligen Verfügung erfolgen.
Die in einem Testament verbalisierte Willenserklärung, den Lebenspartner
hinsichtlich der reglementarischen Hinterlassenenleistungen zu begünstigen,
bedarf indessen eines ausdrücklichen Hinweises auf die einschlägigen
Reglementsbestimmungen oder wenigstens auf die berufliche Vorsorge.
Letztwillige Verfügungen, mit denen die Lebenspartnerin des Versicherten (bloss)
als Erbin eingesetzt wird, lassen nicht auf einen berufsvorsorgerechtlichen
Begünstigungswillen schliessen, selbst dann nicht, wenn die Partnerin zur
Alleinerbin bestimmt wird (Konkretisierung der Rechtsprechung in: BGE 142 V 233,
238 E. 2.3 m.w.H.). Zutreffend ist mit anderen Worten, dass eine
Begünstigungserklärung allenfalls auch im Rahmen einer letztwilligen Verfügung
erfolgen kann. Jedoch hätte es diesfalls einer ausdrücklichen Willenserklärung
mittels einer konkreten Aussage, die Klägerin hinsichtlich der reglementarischen
Hinterlassenenleistungen begünstigen zu wollen oder zumindest eines ausdrücklichen
Hinweises auf die einschlägigen Reglementsbestimmungen oder wenigstens auf die
berufliche Vorsorge bedurft. Beides ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Selbst wenn der Verstorbene die Klägerin als Alleinerbin eingesetzt hätte - was
nicht der Fall war - dürfte daraus nicht auf einen berufsvorsorgerechtlichen
Begünstigungswillen geschlossen werden. Aus dem Testament des Verstorbenen kann
demnach kein Begünstigungswille abgeleitet werden.
In Bezug auf einen allenfalls mündlich gegenüber der Klägerin
oder anderen Personen im persönlichen Umfeld geäusserten Begünstigungswillen
steht ausser Frage, dass dieser nicht als ausreichender Nachweis genügen kann.
3.6.
Aufgrund der obenstehenden Erwägungen ist zusammenfassend
festzuhalten, dass die zulässigen reglementarisch vorgegebenen formellen
Voraussetzungen für die Ausrichtung einer reglementarischen Hinterlassenenrente
nicht erfüllt sind. Eine verbalisierte Willenserklärung, die den
bundesgerichtlichen Anforderungen genügen würde, lässt sich in Würdigung der
Gesamtumstände nicht nachweisen. Da sich die Klägerin auch keine Verletzung der
Informationspflicht entgegenhalten lassen muss, wurde die Ausrichtung einer Lebenspartnerrente
zu Recht abgelehnt.
4.
4.1.
Aufgrund der obenstehenden Erwägungen ist die vorliegende Klage abzuweisen.
4.2.
Das Verfahren ist gemäss Art. 73 Abs. 2 BVG in Verbindung mit § 16
des Sozialversicherungsgerichtsgesetzes (SVGG; SG 154.200) kostenlos.
4.3.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die ausserordentlichen
Kosten wettzuschlagen (§ 17 SVGG).
Demgemäss erkennt das
Sozialversicherungsgericht:
://: Die Klage wird abgewiesen.
Das Verfahren ist kostenlos.
Die ausserordentlichen Kosten werden wettgeschlagen.
Sozialversicherungsgericht
BASEL-STADT
Die Präsidentin Die
Gerichtsschreiberin
lic. iur. K. Zehnder lic. iur. H.
Hofer
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid
kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim
Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes
vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG]). Die
Beschwerdefrist kann nicht erstreckt werden (Art. 47 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdegründe sind in Art. 95 ff. BGG geregelt.
Die Beschwerdeschrift ist
dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, in dreifacher Ausfertigung
zuzustellen. Die Beschwerdeschrift hat den Anforderungen gemäss Art. 42 BGG zu
genügen; zu beachten ist dabei insbesondere:
a) Die Beschwerdeschrift
ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit
Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten;
b) in der Begründung ist in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt;
c) die Urkunden, auf die
sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie
in Händen hat, ebenso der angefochtene Entscheid.
Geht an:
– Klägerin
– Beklagte
– Bundesamt für Sozialversicherungen
– Aufsichtsbehörde BVG
Versandt am:
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