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Sozialversicherungsgericht
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URTEIL
vom 12.
Februar 2018
Mitwirkende
Dr. G. Thomi (Vorsitz), lic. iur. M.
Spöndlin, Dr. med. C. Karli
und
Gerichtsschreiberin MLaw K. Zimmermann
Parteien
A____
[...] Beschwerdeführer
Ausgleichskasse […]
[…] Beschwerdegegnerin
Gegenstand
AH.2017.9
Einspracheentscheid vom 30. Juni
2017
Schadenersatzverfahren nach Art.
52 AHVG; Haftung des Geschäftsführers einer GmbH bejaht
Tatsachen
I.
a) Die B____ GmbH mit Sitz in Basel wurde am [...] gegründet.
Im Handelsregister wurden C____ als Gesellschafterin und Vorsitzende der
Geschäftsführung und der Beschwerdeführer als Gesellschafter und
Geschäftsführer eingetragen. Die B____ GmbH war mit Wirkung ab 1. Januar 2010
als beitragspflichtige Arbeitgeberin bei der Beschwerdegegnerin angeschlossen. In
den folgenden Jahren musste die Beschwerdegegnerin die B____ GmbH für die abzuliefernden
Akontobeiträge immer wieder mahnen, zeitweise fortlaufend (vgl. Kontoauszug,
Beschwerdeantwortbeilage/AB 2). Die B____ GmbH geriet zunehmend in
Zahlungsschwierigkeiten. Nach dem Ausscheiden von C____ am [...] übernahm der Beschwerdeführer
die Gesellschaft als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer (vgl.
Handelsregisterauszug, AB 1). Der Beschwerdeführer erstellte einen
Sanierungsplan und informierte die Beschwerdegegnerin über den finanziellen
Zustand der B____ GmbH. In der Folge gewährte die Beschwerdegegnerin mit insgesamt
sieben Verfügungen verschiedene Zahlungsaufschübe (vgl. Verfügungen AB 9 bis
15). Schliesslich führten jedoch nicht vorhergesehene Zahlungen im Bereich
Fuhrpark dazu, dass die B____ GmbH zahlungsunfähig wurde. Mit Entscheid vom 20.
August 2014 eröffnete das Zivilgericht Basel-Stadt über die Gesellschaft den
Konkurs. Mangels Aktiven> wurde das Konkursverfahren mit Entscheid des
Zivilgerichts Basel-Stadt vom 13. Januar 2015 eingestellt.
c) Die Beschwerdegegnerin wies den Beschwerdeführer mit
Schreiben vom 20. Juni 2016 auf die offenen Sozialversicherungsbeiträge hin und
setzte ihm eine Frist zur Stellungnahme (vgl. AB 5). In der Folge ging bei der
Beschwerdegegnerin keine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein. Mit Verfügung
vom 10. Januar 2017 forderte die Beschwerdegegnerin vom Beschwerdeführer als Geschäftsführer
der B____ GmbH Schadenersatz in der Höhe von Fr. 23‘247.80 für unbezahlt
gebliebene Sozialversicherungsbeiträge (vgl. AB 6). Daran hielt die
Ausgleichskasse auf Einsprache des Beschwerdeführers, in dessen Zuge er den
Sanierungsplan einreichte (vgl. AB 7), mit Einspracheentscheid vom 30. Juni
2017 fest (vgl. AB 8).
II.
a) Mit Beschwerde vom 31. August 2017 wird beim
Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt sinngemäss beantragt, es sei auf den
Schadenersatz von Fr. 23‘247.80 vollumfänglich und/oder teilweise zu verzichten;
unter o/e-Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerin.
b) In ihrer Vernehmlassung vom 3. Oktober 2017 beantragt die
Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde.
c) Der Beschwerdeführer reicht keine Replik ein.
III.
Innert Frist hat keine der Parteien die Durchführung einer
mündlichen Parteiverhandlung verlangt. Am 12. Februar 2018 wird die Sache von
der Kammer des Sozialversicherungsgerichts beraten.
Entscheidungsgründe
1.
1.1.
Gemäss Art. 56 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil
des Sozialversicherungsrechtes vom 6. Oktober 2000 (ATSG; SR 830.1) kann gegen
Einspracheentscheide der Versicherungsträger Beschwerde erhoben werden. Jeder
Kanton bestellt ein Versicherungsgericht als einzige Instanz zur Beurteilung
von Beschwerden aus dem Bereich der Sozialversicherung (Art. 57 ATSG). Gemäss §
82 Abs. 1 des Gesetzes vom 3. Juni 2015 betreffend die Organisation der
Gerichte und der Staatsanwaltschaft [Gerichtsorganisationsgesetz, GOG; SG
154.100] ist das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt als einzige
gerichtliche Instanz des Kantons zur Beurteilung von Beschwerden gegen Einspracheentscheide
der Versicherungsträger gemäss Art. 56 ATSG sachlich zuständig.
1.2.
Nach Art. 52 Abs. 5 des Bundesgesetz über die Alters- und
Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946 (AHVG; SR 831.10) ist in
Abweichung von Art. 58 Abs. 1 ATSG für Beschwerden betreffend
Schadenersatzansprüche der Ausgleichskassen das Versicherungsgericht desjenigen
Kantons zuständig, in dem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat. Nach der
Rechtsprechung ist bei Schadenersatzklagen gegen juristische Personen und deren
Organe die Beschwerde dort zu erheben, wo die juristische Person ihren Sitz hat
oder vor dem Konkurs hatte, und zwar ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der in
Anspruch genommenen Organe (vgl. Urteil des Bundesgerichts 9C_725/2009 vom 15.
März 2010 mit Hinweis auf die Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
[EVG, heute: Schweizerisches Bundesgericht, Sozialrechtliche Abteilungen] H
184/06 vom 25. April 2007 und H 130/06 vom 13. Februar 2007). Da die B____ GmbH
vor dem Konkurs ihren statutarischen Sitz in Basel hatte, ist die örtliche
Zuständigkeit des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt gegeben. Auf die im
Übrigen form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist einzutreten.
2.
2.1.
Mit der durch den Einspracheentscheid vom 30. Juni 2017 bestätigten
Verfügung vom 10. Januar 2017 fordert die Beschwerdegegnerin vom
Beschwerdeführer als Geschäftsführer der B____ GmbH Schadenersatz in der Höhe
von Fr. 23‘247.80 für unbezahlt gebliebene Sozialversicherungsbeiträge.
2.2.
Der Beschwerdeführer bestreitet im Wesentlichen den von der
Beschwerdegegnerin festgestellten Sachverhalt, insbesondere das Vorliegen eines
grobfahrlässigen Handelns. Seiner Ansicht nach habe die B____ GmbH zwar seit
längerem Schwierigkeiten mit der Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge
gehabt, jedoch habe er sich sehr darum bemüht, die Ausstände zu begleichen,
indem er versucht habe die Kosten zu senken und Aufträge hereinzuholen. Daher
könne weder ihm noch der B____ GmbH ein Verschulden angelastet werden.
2.3.
Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer für die
Beitragsausstände der Gesellschaft gegenüber der Ausgleichskasse haftbar
gemacht werden kann.
3.
3.1.
Nach Art. 52 Abs. 1 AHVG hat ein Arbeitgeber, welcher der
Versicherung durch absichtliche oder grobfahrlässige Missachtung von
Vorschriften einen Schaden zufügt, diesen zu ersetzen. Handelt es sich beim
Arbeitgeber um eine juristische Person, die zur Zeit der Geltendmachung der
Schadenersatzforderung nicht mehr besteht, so haften subsidiär die Mitglieder
der Verwaltung und alle mit der Geschäftsführung oder Liquidation befassten
Personen. Sind mehrere Personen für den gleichen Schaden verantwortlich, so
haften sie für den ganzen Schaden solidarisch (Art. 52 Abs. 2 AHVG). Die Haftung
nach Art. 52 AHVG sieht eine Verschuldenshaftung nach öffentlichem Recht vor.
Damit eine Schadenersatzpflicht entstehen kann, müssen alle
Haftungsvoraussetzungen gegeben sein, d.h. es muss ein Schaden eingetreten
sein, der auf widerrechtliches und schuldhaftes Verhalten der Arbeitgeberin und
– subsidiär – des verantwortlichen Organs zurückzuführen ist.
3.2.
3.2.1. Eine erste Haftungsvoraussetzung ist das Vorliegen eines
Schadens. Dieser besteht darin, dass der AHV ein ihr gesetzlich geschuldeter
Beitrag entgeht. Die Höhe des Schadens entspricht dabei dem Betrag, dessen die
Kasse verlustig geht. Verwaltungs- und Betreibungskosten, Veranlagungs- und
Mahngebühren sowie die Verzugszinsen bilden Bestandteil des Schadens, welcher
der Ausgleichskasse zu ersetzen ist (vgl. Bundesgerichtsentscheid [BGE] 121 III
382, 384 E. 3bb). Im Hinblick auf die in Art. 14 Abs. 1 AHVG normierte
Beitrags- und Abrechnungspflicht des Arbeitgebers gehören auch die
Arbeitgeberbeiträge zum massgeblichen Schaden (vgl. BGE 98 V 26, 28 f. E. 5). Der
Schaden gilt unter anderem dann als eingetreten, wenn die Entrichtung der
geschuldeten Beiträge wegen Zahlungsunfähigkeit des beitragspflichtigen
Arbeitgebers nicht mehr möglich ist (vgl. BGE 121 V 234, 240).
3.2.2. Die Beschwerdegegnerin macht in der Verfügung vom 10. Januar 2017
einen Schaden im Umfang von Fr. 23‘274.80 geltend. Dieser setzt sich zusammen
aus einer ungedeckt gebliebenen Forderung über Fr. 23‘540.00 abzüglich zweier Gutschriften
für die Rückerstattung der CO2-Abgabe von total Fr. 265.20. Belegt wird
dieser Betrag durch den Kontoauszug der B____ GmbH vom 24. April 2015 sowie die
beiden Schreiben vom 29. Mai 2015 und vom 20. Mai 2016 (vgl. AB 2 bis 4). Der Beschwerdeführer
bringt in der Beschwerde keine Einwände gegen Bestand und Umfang der
Schadenersatzforderung vor. Vielmehr ergibt sich aus seiner Beschwerde
implizit, dass auch er davon ausgeht, dass eine offene Schuld in dieser Höhe besteht.
Zudem hat auch die B____ GmbH nach den vorliegenden Akten weder die einzelnen
Beitragsforderungen, noch die auf ihr basierende Gesamtforderung über Fr. 23‘540.00
(vgl. Kontoauszug, AB 2, S. 4) je bestritten.
3.2.3. Der Verwaltungsprozess ist zwar vom Untersuchungsgrundsatz
beherrscht, dieser entbindet jedoch die rechtsuchende Partei nicht davon,
selber die Beanstandungen vorzubringen und ihrerseits zur Feststellung des
Sachverhaltes beizutragen (vgl. dazu Urteil des EVG H 313/95 E. 4 vom 19. Juli
1996). Mangels offenkundiger Anhaltspunkte für Berechnungsfehler ist die Schadensberechnung
der Beschwerdegegnerin zu bestätigen und von einem vorliegend relevanten
Schadensbetrag von Fr. 23‘274.80 auszugehen.
3.3.
3.3.1. Voraussetzung für eine Haftung nach Art. 52 AHVG ist zudem
ein widerrechtliches Verhalten. Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 34
ff. der Verordnung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 31.
Oktober 1947 (AHVV; SR 831.101) schreibt vor, dass der Arbeitgeber bei jeder
Lohnzahlung die Arbeitnehmerbeiträge in Abzug zu bringen und zusammen mit
seinen eigenen Beiträgen der Ausgleichskasse periodisch zu entrichten hat.
Diese werden von der Ausgleichskasse aufgrund der voraussichtlichen Lohnsumme
festgesetzt, wobei die Arbeitgeber wesentliche Änderungen der Lohnsumme während
des Jahres zu melden haben. Nach Ablauf einer Abrechnungsperiode, welche
jeweils das Kalenderjahr umfasst, nimmt die Ausgleichskasse aufgrund der
Abrechnung der Arbeitgeber den Ausgleich zwischen den geleisteten
Akontobeiträgen und den tatsächlich geschuldeten Beiträgen vor, wobei ausstehende
Beiträge innert 30 Tagen ab Rechnungsstellung zu bezahlen sind (Art. 36 Abs. 3
und 4 AHVV). Diese Beitragszahlungs- und Abrechnungspflicht des Arbeitgebers
ist eine gesetzlich vorgeschriebene öffentlich-rechtliche Aufgabe. Dazu
erklärte das Bundesgericht wiederholt, dass die Nichterfüllung dieser
öffentlich-rechtlichen Aufgabe eine Missachtung von Vorschriften im Sinne von
Art. 52 AHVG bedeute und die volle Schadensdeckung nach sich ziehe (statt
vieler: BGE 111 V 172, 173 E. 2).
3.3.2. Die B____ GmbH war seit 1. Januar 2010 Mitglied bei der
Beschwerdegegnerin. Im vorliegenden Fall muss der B____ GmbH insofern eine
Missachtung von Vorschriften vorgeworfen werden, als sie in den Jahren ab
2010/2011 bis zu ihrem Konkurs am 20. August 2014 den ihr obliegenden
Zahlungsverpflichtungen nur unvollständig nachkam, wie dem in den Akten
liegenden Kontoauszug vom 24. April 2015 entnommen werden kann. Aus den Akten,
insbesondere dem erwähnten Kontoauszug, ist ersichtlich, dass die Gesellschaft
bereits im März 2010 und im April 2010 erstmals gemahnt werden musste (vgl.
Kontoauszug der B____ GmbH, AB 2, S. 1). Auch in den Folgejahren 2011, 2012 und
2013 musste die Beschwerdegegnerin die B____ GmbH immer wieder mahnen (vgl. die
Einträge im Kontoauszug betreffend die Mahnungen vom 8. März 2010, 12. April
2010, 12. Juli 2010, 10. Januar 2011, 10. Februar 2011, 5. März 2012, 10. April
2012, 10. Mai 2012, 11. Juni 2012, 10. Juli 2012, 10. August 2012, 10. Januar
2013, 12. März 2013, 10. April 2013, 13. Mai 2013, 11. Juni 2013, 10. Juli
2013, 12. August 2013, 11. September 2013, 7. Oktober 2013, 10. Oktober 2013,
11. November 2013, 10. Januar 2014, 11. März 2014 und 12. Mai 2014). Auch wenn
die Beschwerdegegnerin die Mahngebühren von Fr. 30.00 nach Eingang der
betreffenden Zahlungen teilweise wieder stornierte, führte dies nicht zu einer
Verbesserung der Zahlungseingänge. Nach dem Kontoauszug waren letztmals am 10.
Januar 2012 sämtliche Beiträge bezahlt (vgl. AB 2). Sowohl die Anzahl als auch
die Reihenfolge der Mahnungen zeigen auf, dass die B____ GmbH in gewissen
Zeitabschnitten (z.B. März 2012 bis August 2012) praktisch fortlaufend gemahnt
werden musste. Schliesslich musste die Beschwerdegegnerin den Verzugszins mit
insgesamt 16 Verfügungen einfordern (vgl. Verfügung vom 9. September 2010,
Verfügung vom 6. Juni 2013, zwei Verfügungen vom 8. August 2013, zwei
Verfügungen vom 14. Oktober 2013, zwei Verfügungen vom 30. Oktober 2013, Verfügung
vom 8. Dezember 2013, Verfügung vom 20. März 2014, Verfügung vom 16. Mai 2014,
Verfügung vom 19. Mai 2014, zwei Verfügungen vom 25. Juni 2014 und zwei
Verfügungen vom 22. Juli 2014). Gesamthaft blieben Sozialversicherungsbeiträge
(inkl. Nebenkosten) in der Höhe von Fr. 23‘274.80 offen. Damit ist die B____
GmbH ihren Pflichten als Arbeitgeberin nicht nachgekommen und hat öffentlich-rechtliche
Vorschriften verletzt.
3.4.
Zwischen dem bei der Ausgleichskasse eingetretenen Schaden und dem
pflichtwidrigen Verhalten des Arbeitgebers bzw. seiner Organe muss sodann ein
adäquater Kausalzusammenhang bestehen (vgl. BGE 119 V 401, 406 E. 4a). Vorliegend
ist offensichtlich, dass die Nichterfüllung der Pflicht zur vollständigen Begleichung
der paritätischen Sozialversicherungsbeiträge durch die B____ GmbH für den bei
der Beschwerdegegnerin entstandenen Schaden kausal ist und dass ein derartiges
Verhalten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung
geeignet ist, den eingetretenen Erfolg zu bewirken. Der adäquate Kausalzusammenhang
ist somit gegeben.
3.5.
3.5.1. Die wesentliche Voraussetzung für die Schadenersatzpflicht
besteht nach dem Wortlaut des Art. 52 Abs. 1 AHVG schliesslich darin, dass die
Missachtung von Vorschriften in absichtlicher oder grobfahrlässiger Weise
erfolgt ist. Absicht beziehungsweise Vorsatz und Fahrlässigkeit sind verschiedene
Formen des Verschuldens. Sowohl die Arbeitgeberin als auch das allfällige
Arbeitgeberorgan muss ein Verschulden treffen. Verlangt wird demnach ein
doppeltes oder zweistufiges Verschulden.
3.5.2. Das Bundesgericht geht in seiner Praxis davon aus, dass bei
Verletzung der Beitragszahlungs- und Abrechnungspflicht ein Verschulden des
Arbeitgebers grundsätzlich gegeben ist. Lediglich wenn besondere Umstände die
Nichtbefolgung der einschlägigen Vorschriften als erlaubt oder nicht schuldhaft
erscheinen lassen, entfällt eine Haftung (BGE 108 V 183, 186 E. 1b). Die
Rechtsprechung für die Annahme entschuldbarer Umstände ist jedoch streng. Die
Ausgleichskasse, welche feststellt, dass sie einen durch Missachtung von
Vorschriften entstandenen Schaden erlitten hat, darf davon ausgehen, dass der
Arbeitgeber die Vorschriften absichtlich oder mindestens grobfahrlässig
verletzt hat, sofern keine Anhaltspunkte für die Rechtmässigkeit des Handelns
oder die Schuldlosigkeit des Arbeitgebers bestehen (BGE 108 V 183, 186 E. 1b). In
diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass fehlende finanzielle Mittel der
Gesellschaft für sich allein selbstverständlich keinen Rechtfertigungs- oder
Entschuldigungsgrund darstellen, da ansonsten die Haftungsvorschrift von Art.
52 Abs. 1 AHVG weitgehend ihres Gehaltes entleert würde. Weiter ist darauf
hinzuweisen, dass ein Unternehmen bei finanziellen Schwierigkeiten
grundsätzlich nur so viel Lohn ausbezahlen darf, als die darauf unmittelbar
entstehenden Beitragsforderungen gedeckt werden können (Urteil des
Bundesgerichts 9C_311/2015 vom 9. Juli 2015 E. 4.2.2).
3.6.
3.6.1. Wie in Erwägung 3.3.2. hiervor dargelegt, hat die B____ GmbH
die Beitragszahlungs- und Abrechnungspflicht verletzt, weshalb grundsätzlich
von ihrem Verschulden auszugehen ist. Da weiter keine Anhaltspunkte ersichtlich
sind, die das fehlerhafte Verhalten der B____ GmbH als gerechtfertigt
erscheinen lassen würden, ist von einem schuldhaften Verhalten auszugehen.
3.6.2. Nicht jedes einer Firma anzulastende Verschulden muss auch ein
solches ihrer Organe sein. Vielmehr hat man abzuwägen, ob und inwieweit eine
Handlung der Firma einem bestimmten Organ im Hinblick auf dessen rechtliche und
faktische Stellung innerhalb der Firma zuzurechnen ist. Zu prüfen bleibt damit,
ob und wieweit der entstandene Schaden auf ein Verschulden des
Beschwerdeführers zurückzuführen ist.
3.7.
3.7.1. Grobe Fahrlässigkeit liegt praxisgemäss vor, wenn ein
Arbeitgeber das ausser Acht lässt, was jedem verständigen Menschen in gleicher
Lage und unter gleichen Umständen als beachtlich hätte einleuchten müssen. Das
Mass der zu verlangenden Sorgfalt ist abzustufen entsprechend der Sorgfaltspflicht,
die in den kaufmännischen Belangen jener Arbeitgeberkategorie, welcher die
betreffende Person angehört, üblicherweise erwartet werden kann und muss (vgl. BGE
112 V 156,159 f. E. 4 mit Hinweisen). Ob ein Organ schuldhaft gehandelt hat,
hängt demnach entscheidend von der Verantwortung und den Kompetenzen ab, die
ihm von der juristischen Person übertragen wurden. Formell eingesetzte Geschäftsführer
einer GmbH wie auch Personen, die faktisch die Funktion eines Geschäftsführers
ausüben, haften für den der Ausgleichskasse zufolge nicht bezahlter
Bundessozialversicherungsbeiträge entstandenen Schaden nach den gleichen
Grundsätzen wie Organe einer Aktiengesellschaft (BGE 126 V 237, 238 ff. E. 4).
3.7.2. Gemäss Handelsregisterauszug war der Beschwerdeführer seit dem 30. Dezember
2013 alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der B____ GmbH. Der
Beschwerdeführer stellt seine formelle Organstellung sodann auch nicht in
Frage. Entsprechend darf von ihm der Überblick über alle Belange verlangt
werden und es sind an seine Sorgfaltspflicht grundsätzlich strengere
Anforderungen zu stellen (vgl. BGE 108 V 199, 202 E. 3a). In seiner Eigenschaft
als geschäftsführender Gesellschafter hatte der Beschwerdeführer deshalb darauf
zu achten, dass keine Beitragsausstände entstehen und massgebender Lohn nur in
dem Umfang ausgerichtet wird, als die darauf geschuldeten, unmittelbar mit der
Lohnauszahlung anfallenden Beitragsverbindlichkeiten bezahlt oder doch
wenigstens sichergestellt werden können (Urteil des Bundesgerichts 9C_311/2015 vom
9. Juli 2015 E. 4.2.2). Deshalb ist auch beim Beschwerdeführer im Grundsatz
davon auszugehen, dass ein Verschulden gegeben ist. Es stellt sich lediglich die
Frage, ob besondere Umstände vorliegen, die eine Haftung entfallen lassen.
3.7.3. Der Beschwerdeführer stellt sich diesbezüglich auf den Standpunkt,
es treffe zwar zu, dass die B____ GmbH im Laufe des Jahres 2013 zunehmend Probleme
gehabt habe, die Beiträge an die Ausgleichskasse zu bezahlen. Es sei aber nicht
so gewesen, dass die Firma einfach nicht bezahlt habe. Der Treuhänder sei stets
in Kontakt mit der Ausgleichskasse und die Ausgleichskasse sei genau im Bilde
gewesen, wie es um die B____ GmbH gestanden sei (vgl. Beschwerde, S. 1). Da der
Druck auf die Firma stetig gestiegen sei, bereits zwei Lohnanpassungen nach
unten vorgenommen worden seien und er das Verhältnis zur Ausgleichskasse nicht
mehr gespürt habe, habe er selbst den Part des Treuhänders übernommen und
direkt Kontakt mit der Ausgleichskasse aufgenommen. Es hätten mehrere Gespräche
stattgefunden, in denen die Firma der Ausgleichskasse dargestellt habe, dass
sie erpicht sei, die aufgelaufenen Schulden zu begleichen. Nachdem die Firma im
Oktober 2013 die Botschaft erhalten habe, dass der Auftrag von [...] gekündigt
worden sei, über die [...] aber erreicht werden konnte, dass die Firma auch im
Jahr 2014 weiterhin Aufträge, mit allerdings reduzierter Auftragsentschädigung,
erhalten werde, habe er weiter das Gespräch mit der Ausgleichskasse gesucht
(vgl. Beschwerde, S. 1). Aufgrund dessen habe er einen Zahlungsplan
erstellt, der unter anderem auch darauf basierte, dass der Beschwerdeführer die
B____ GmbH vollständig übernahm und die andere Gesellschafterin C____, bis
anhin Geschäftsinhaberin, die Firma verlies. Der auf diese Weise eingesparten
Lohn habe dazu genutzt werden sollen, die angelaufenen Schulden bis September
2014 zu begleichen. Die Ausgleichskasse sei stets über die finanzielle
Situation informiert gewesen und habe dem Zahlungsplan zugestimmt (vgl.
a.a.O.). Schliesslich hätten dann aber nicht vorhergesehene Unterhaltszahlungen
im Bereich Fuhrpark dazu geführt, das Unterfangen abzubrechen und Konkurs anzumelden
(vgl. a.a.O.).
3.7.4. Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer die
paritätischen Beiträge und Verwaltungskosten absichtlich nicht termingemäss bezahlt
hat. Der Beschwerdeführer begründet dieses fehlbare Verhalten sinngemäss damit,
dass er angesichts der Liquiditätsschwierigkeiten der Firma B____ GmbH alles
Mögliche bewerkstelligt habe, um das Überleben des Unternehmens zu sichern und
dass es für ihn nicht absehbar gewesen sei, dass die B____ GmbH es nicht schaffen
würde, die finanziell schwierige Lage zu meistern. Es trifft zu, dass nach
ständiger Rechtsprechung eine relativ kurze Dauer des Beitragsausstandes gegen
die Annahme eines schweren Verschuldens sprechen kann. Dabei ist aber die
verschuldensmässige Wertung der Beitragspflichtverletzung in Würdigung
sämtlicher Umstände des Einzelfalles, die zum Zahlungsrückstand geführt haben,
vorzunehmen (BGE 121 V 244 E. 4b mit Hinweis). Das absichtliche Zurückbehalten
von ausstehenden Sozialversicherungsbeiträgen bei einem sogenannten „Liquiditätsengpass“
ist zudem nach der Rechtsprechung nur dann nicht schuldhaft (bzw.
widerrechtlich), wenn der Arbeitgeber mit der Nichtbezahlung der Sozialversicherungsbeiträge
die Existenz des Unternehmens hätte retten können oder wenn er mindestens im
Zeitpunkt des Entscheides über die Nichtbezahlung aufgrund objektiver Umstände
und einer seriösen Beurteilung der Lage damit hätte rechnen dürfen, die
Forderung der Ausgleichskasse innert nützlicher Frist befriedigen zu können (vgl.
BGE 108 V 183, 188 f. E. 2).
3.8.
3.8.1. Zwar kann aufgrund der Aktenlage und der Darlegungen des Beschwerdeführers
geschlossen werden, dass er sich redlich für das Überleben des Unternehmens
einsetzte. Der Umstand allein, dass die Beschwerdegegnerin vom Beschwerdeführer
über die finanzielle Situation der B____ GmbH periodisch informiert wurde und
der Gesellschaft verschiedene Zahlungsaufschübe gewährte, genügt vorliegend
jedoch nicht für die Annahme eines fehlenden Verschuldens. Hierzu müsste sich
der Beschwerdeführer auf eine relativ kurze Dauer des Beitragsausstandes und
auf eine berechtigte Hoffnung auf eine Sanierung der Gesellschaft berufen
können. Aus dem in den Akten liegenden Kontoauszug der B____ GmbH vom 24. April
2015 lässt sich entnehmen, dass die Gesellschaft bereits kurz nach ihrem
Anschluss an die Beschwerdegegnerin im Jahre 2010 Mühe mit der regelmässigen
und rechtzeitigen Bezahlung der Akontobeiträge hatte. Abgesehen davon ist den Akten
zu entnehmen, dass die Zahlungsschwierigkeiten auch 2011 und 2012 bestanden hatten
und diese bis zur Konkurseröffnung fortdauerten. So mussten die Beiträge
bereits ab Abrechnungsperiode 2010 und 2011 vereinzelt und ab 2012 gar regelmässig
gemahnt werden. Wenn aber ein Unternehmen die Beiträge über einen erheblichen
Zeitraum nur noch schleppend bezahlt, kann weder von einem vorübergehenden
Liquiditätsengpass noch von einer berechtigten Hoffnung auf eine Sanierung gesprochen
werden.
3.8.2. Zudem ist zu beachten, dass es als Rechtfertigung oder
Entschuldigung für die Nichtbezahlung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht
genügt, dass Hoffnung auf die Sanierung des Unternehmens besteht. Vielmehr
bedingt die Voraussetzung, wonach die ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge
innert nützlicher Frist beglichen werden können, dass konkrete, objektive Anhaltspunkte
dafür bestehen, dass das Unternehmen in absehbarer Zeit saniert werden kann.
Dies setzt namentlich das Vorliegen eines konkreten Konzeptes voraus, das
detailliert aufzeigt, dass und in welchem Zeitraum die zurückgestellten
Gläubigerforderungen ─ insbesondere die geschuldeten
Sozialversicherungsbeiträge ─ bezahlt werden können. Zwar hat der
Beschwerdeführer in der Einsprache ein Sanierungskonzept eingereicht (vgl. AB
7, S. 2). Aus diesem geht aber nicht ausreichend detailliert hervor, in welchem
Zeitraum die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge hätten bezahlt werden
können. Zudem ist aus dem Sanierungsplan ersichtlich, dass neben den offenen
Sozialversicherungsbeiträgen im Umfang von Fr. 23‘000 zusätzliche offene
Mehrwertsteuer-Forderungen im Umfang von Fr. 20‘000 bestanden (vgl. AB 7, S.
2). Ferner kann der Beschwerdeführer auch aus dem Umstand, dass C____ das
Unternehmen verlassen hatte und er mit den eingesparten Lohnkosten die
angelaufenen Schulden bis September 2014 begleichen wollte, nichts zu seinen
Gunsten ableiten, reicht doch bei einem über mehrere Jahre in finanziellen
Schwierigkeiten steckenden Unternehmen die Einsparung eines Mitarbeiterlohnes
ohne weitere Massnahmen für eine langfristige Verbesserung der finanziellen
Situation eines Unternehmens nicht aus.
3.8.3. Schliesslich ergibt sich aus dem vorstehend Dargelegten,
dass unter den vorliegenden Umständen, insbesondere auch der offenen
erheblichen Mehrwertsteuerforderungen, keine begründete Aussicht auf Sanierung
der Gesellschaft und damit auf Begleichung der offenen Forderungen gegenüber
der Ausgleichskasse innert nützlicher Frist bestand, was indes Voraussetzung
für die Rechtfertigung eines vorübergehenden Beitragsausstandes bildet. Dessen
ungeachtet, sind auch aus den vorliegenden Akten keine konkreten, objektiven
Anhaltspunkte ersichtlich, aufgrund derer der Beschwerdeführer davon ausgehen
durfte, dass das Unternehmen in absehbarer Zeit saniert werden kann und wieder
zahlungsfähig wird.
3.9.
Ausser den vorstehend genannten Einwänden bringt der Beschwerdeführer
keine anderen Gründe vor, die geeignet wären, die Missachtung der Beitragszahlungspflicht
als gerechtfertigt oder zumindest als entschuldbar erscheinen zu lassen.
4.
4.1.
Zu prüfen bleibt, ob die Forderung der Beschwerdegegnerin verwirkt
oder allenfalls teilweise verjährt ist. Nach Art. 52 Abs. 3 AHVG verjährt der
Schadenersatzanspruch zwei Jahre, nachdem die zuständige Ausgleichskasse vom
Schaden Kenntnis erhalten hat, jedenfalls aber fünf Jahre nach Eintritt des
Schadens. Diese Fristen können unterbrochen werden. Der Arbeitgeber kann auf
die Einrede der Verjährung verzichten. Sieht das Strafrecht eine längere Frist
vor, so gilt diese. Im Falle eines Konkurses besteht praxisgemäss bereits dann
ausreichend Kenntnis des Schadens, wenn die Kollokation der Forderungen
eröffnet bzw. der Kollokationsplan (und das Inventar) zur Einsicht aufgelegt
wird (BGE 121 V 234, 237 f. E. 5 mit Hinweisen). Wird der Konkurs weder im ordentlichen
noch im summarischen Verfahren durchgeführt, fallen die zumutbare Kenntnis des
Schadens und der Eintritt desselben in der Regel mit der Einstellung des
Konkurses <mangels Aktiven> zusammen, wobei der Publikationszeitpunkt der Konkurseinstellung
im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) massgeblich ist (BGE 126 V 443, 445
E. 3c mit Hinweisen).
4.2.
Der Konkurs über die B____ GmbH wurde am 20. August 2014 eröffnet.
Am 13. Januar 2015 wurde das Verfahren <mangels Aktiven eingestellt. Die
Ausgleichskasse erliess am 10. Januar 2017 gegenüber dem Beschwerdeführer eine
Schadenersatzverfügung, womit sie die zweijährige Frist des hier anwendbaren
Art. 52 Abs. 3 AHVG gewahrt hat.
5.
5.1.
Gemäss diesen Ausführungen ist die Beschwerde abzuweisen.
5.2.
Das Verfahren ist kostenlos.
5.3.
Die ausserordentlichen Kosten sind wettzuschlagen.
Demgemäss erkennt das
Sozialversicherungsgericht:
://: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Das Verfahren ist kostenlos.
Die ausserordentlichen Kosten werden
wettgeschlagen.
Sozialversicherungsgericht
BASEL-STADT
Der Präsident Die
Gerichtsschreiberin
Dr. G. Thomi MLaw
K. Zimmermann
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid
kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim
Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes
vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG]). Die Beschwerdefrist
kann nicht erstreckt werden (Art. 47 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegründe sind in
Art. 95 ff. BGG geregelt.
Die Beschwerdeschrift ist
dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, in dreifacher Ausfertigung
zuzustellen. Die Beschwerdeschrift hat den Anforderungen gemäss Art. 42 BGG zu
genügen; zu beachten ist dabei insbesondere:
a) Die Beschwerdeschrift
ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit
Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten;
b) in der Begründung ist in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt;
c) die Urkunden, auf die
sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie
in Händen hat, ebenso der angefochtene Entscheid.
Geht an:
– Beschwerdeführer
– Beschwerdegegnerin
– Bundesamt für Sozialversicherungen
Versandt am:
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