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Appellationsgericht
Einzelgericht
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BES.2017.28
BES.2017.29
BES.2017.30
BES.2017.31
ENTSCHEID
vom 12.
September 2017
Mitwirkende
lic. iur. Liselotte Henz
und Gerichtsschreiber
Dr. Beat Jucker
Beteiligte
A____ Beschwerdeführerin
[...] vertreten durch lic. iur. [...],
Rechtsanwältin, [...]
und/oder MLaw [...], Rechtsanwalt,
[...]
B____ Beschwerdeführer
[...] vertreten durch lic. iur. [...],
Rechtsanwältin, [...]
und/oder MLaw [...], Rechtsanwalt,
[...]
gegen
Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Beschwerdegegnerin
Binningerstrasse 21, 4001 Basel
Dr. C____ Beschwerdegegner
1
[...] Beschuldigter
1
Dr. D____
Beschwerdegegner 2
[...] Beschuldigter
2
Gegenstand
Beschwerden gegen vier Verfügungen
der Staatsanwaltschaft vom 17. Februar 2017
betreffend Nichtanhandnahme
Sachverhalt
Die Geschwister B____
und E____ sowie F____ sind im Nachlass ihrer verstorbenen Mutter, G____,
untereinander in einen Erbteilungsstreit verwickelt. Dr. C____, Advokat und
Notar (Beschuldigter 1), wurde im Nachlass der Erblasserin testamentarisch als
Willensvollstrecker eingesetzt (zusammen mit H____). Am 31. Dezember 2015 hat B____
beim Zivilkreisgericht Basel-Landschaft West eine Klage auf Absetzung des Beschuldigten
1 als Willensvollstrecker eingereicht. Mit Eingabe vom 3. März 2016 hat der
Beschuldigte 1, der im Verfahren betreffend seine Absetzung als Willensvollstrecker
von seinem Bürokollegen Dr. D____, Advokat (Beschuldigter 2), vertreten wird, in
erwähntem Verfahren zwecks Entkräftung des Absetzungsbegehrens eine
Stellungnahme an das zuständige Gericht einreichen lassen.
Mit Schreiben
vom 20. Mai 2016 und Nachtrag vom 26. Mai 2016 hat die A____ (Beschwerdeführerin)
bei der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Strafanzeige und Strafantrag gegen beide
Beschuldigten wegen Berufsgeheimnisverletzung zu ihrem Nachteil eingereicht.
Sie macht im Wesentlichen geltend, die Beschuldigten hätten in erwähnter
Eingabe vom 3. März 2016 an das Zivilkreisgericht Basel-Landschaft West Berufsgeheimnisse
preisgegeben. Sie sollen in besagter Rechtsschrift ausgeführt haben, dass der Beschuldigte
1 den Kaufvertrag betreffend einen Miteigentumsanteil an der Liegenschaft [...]
in Basel zwischen der Beschwerdeführerin und E____ öffentlich beurkundet habe.
Dazu hätten sie dem Gericht sowohl den Kaufvertrag selbst als auch die
Honorarrechnung sowie eine E-Mail der Beschwerdeführerin mit deren
Bankverbindung eingereicht.
In derselben
Angelegenheit hat B____ (Beschwerdeführer) persönlich mit Schreiben vom 3. Juni
2016 Strafanzeige und Strafantrag gegen beide Beschuldigten wegen Verletzung
des Berufsgeheimnisses – zum Nachteil seiner Mutter G____ und zu seinem eigenen
Nachteil – eingereicht. Er macht im Wesentlichen geltend, die Beschuldigten
hätten in bereits erwähnter Stellungnahme vom 3. März 2016 auch diverse
Mandate, welche der Beschuldigte 1 als Rechtsanwalt und Notar für seine
verstorbene Mutter ausgeübt habe, gegenüber dem Gericht offengelegt und durch
Einreichung von rund 60 vom Berufsgeheimnis geschützten Dokumenten untermauert.
Mit vier
Nichtanhandnahmeverfügungen (je zwei pro Beschuldigtem), jeweils datierend vom
17. Februar 2017, ist die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt nicht auf die
Strafanzeigen eingetreten, da die fraglichen Straftatbestände eindeutig nicht
erfüllt seien. Gegen die beiden Nichtanhandnahmeverfügungen basierend auf der
Strafanzeige der A____ erhob die Beschwerdeführerin am 2. März 2017 Beschwerde
an das Appellationsgericht und beantragt, es seien die Dispositiv-Ziffern 1 der
beiden Nichtanhandnahmeverfügungen der Staatsanwaltschaft des Kantons
Basel-Stadt vom 17. Februar 2017 im Strafverfahren gegen den Beschuldigten 1 (Beschwerdeverfahren
BES.2017.28) und im Strafverfahren gegen den Beschuldigten 2 (Beschwerdeverfahren
BES.2017.29) kostenfällig aufzuheben und die Strafuntersuchung gegen die Beschuldigten
wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses im Sinne von Art. 321 des
Strafgesetzbuches (StGB, SR 311.0) fortzusetzen. Zudem seien die Akten der
Vorinstanz beizuziehen und es sei der Beschwerdeführerin vollumfängliche
Einsicht in die diesbezüglichen Akten zu gewähren. Darüber hinaus sei ihr
Gelegenheit zu geben, rechtzeitig eine Kostennote einzureichen und die ihr aus
der Straftat (insbesondere aufgrund des vorliegenden Verfahrens) entstandenen
und gegenüber den Beschuldigten geltend gemachten zivilrechtlichen Ansprüche im
Sinne von Art. 122 ff. der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO, SR
312.0; [Schadenersatz aus Persönlichkeitsverletzung durch die Verletzung des
Berufsgeheimnisses durch die Beschuldigten, Schadenersatz aufgrund einer Vermögenseinbusse
aufgrund der Berufsgeheimnisverletzung durch die Beschuldigten und Schadenersatz
aufgrund der durch die Berufsgeheimnisverletzung der Beschuldigten entstandenen
Anwaltskosten der Beschwerdeführerin etc.]) zu beziffern.
Gegen die beiden
Nichtanhandnahmeverfügungen basierend auf der Strafanzeige von B____ erhob der
Beschwerdeführer am 6. März 2017 Beschwerde an das Appellationsgericht und
beantragt, es seien die Dispositiv-Ziffern 1 der beiden
Nichtanhandnahmeverfügungen der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt vom
17. Februar 2017 im Strafverfahren gegen den Beschuldigten 1 (Beschwerdeverfahren
BES.2017.30) und im Strafverfahren gegen den Beschuldigten 2 (Beschwerdeverfahren
BES.2017.31) kostenfällig aufzuheben und die Strafuntersuchung gegen die
Beschuldigten wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses im Sinne von Art. 321
StGB fortzusetzen. Zudem seien die Akten der Vorinstanz beizuziehen und es sei
dem Beschwerdeführer vollumfängliche Einsicht in die diesbezüglichen Akten zu
gewähren. Darüber hinaus sei dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben,
rechtzeitig eine Kostennote einzureichen und die ihm aus der Straftat
(insbesondere aufgrund des vorliegenden Verfahrens) entstandenen und gegenüber
den Beschuldigten geltend gemachten zivilrechtlichen Ansprüche im Sinne von Art. 122
ff. StPO (Schadenersatz aus Persönlichkeitsverletzung durch die Verletzung des
Berufsgeheimnisses durch die Beschuldigten, Schadenersatz aufgrund einer Vermögenseinbusse
aufgrund der Berufsgeheimnisverletzung durch die Beschuldigten und Schadenersatz
aufgrund der durch die Berufsgeheimnisverletzung der Beschuldigten entstandenen
Anwaltskosten der Beschwerdeführerin etc.) zu beziffern.
Mit Verfügung
vom 10. März 2017 wurde die Beschwerdeführerin von der Verfahrensleiterin
aufgefordert, bis zum 10. April 2017 in beiden Beschwerdeverfahren
(BES.2017.28 und BES.2017.29) je einen Kostenvorschuss in Höhe von
CHF 500.– zu leisten, ansonsten auf die Beschwerden nicht eingetreten
werde. Die beiden Kostenvorschüsse wurden daraufhin am 14. bzw. 16. März
2017 bezahlt. Ebenfalls mit Verfügung vom 10. März 2017 wurde der Beschwerdeführer
von der Verfahrensleiterin aufgefordert, bis zum 10. April 2017 in beiden
Beschwerdeverfahren (BES.2017.30 und BES.2017.31) je einen Kostenvorschuss in
Höhe von CHF 500.– zu leisten, ansonsten auf die Beschwerden nicht
eingetreten werde. Die beiden Kostenvorschüsse wurden daraufhin am
14. bzw. 16. März 2017 bezahlt.
Die
Staatsanwaltschaft hat sich mit zwei Schreiben vom 7. April 2017 (je eines für
die Verfahren BES.2017.28 und 29 sowie BES.2017.30 und 31) mit dem Antrag auf
Abweisung aller vier Beschwerden vernehmen lassen. Die Beschuldigten haben mit
ihren Schreiben vom 29. Juni 2017 je einzeln Stellung bezogen und beantragen,
die Beschwerden kostenfällig abzuweisen und die Dispositiv-Ziffern 1 der
Nichtanhandnahmeverfügungen der Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt vom
17. Februar 2017 zu bestätigen. Eventualiter sei die Beschwerde abzuweisen und
festzuhalten, dass das polizeiliche Ermittlungsverfahren einzustellen bzw.
keine Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft zu eröffnen sei. Im Weiteren sei
auf die von der Beschwerdeführerin angekündigten angeblichen Zivilforderungen
nicht einzutreten, eventualiter seien diese abzuweisen. Die Tatsachen und die
Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich, soweit sie für den Entscheid
von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen.
Erwägungen
1.
1.1 Nichtanhandnahmeverfügungen
der Staatsanwaltschaft können innert zehn Tagen mittels Beschwerde bei der
Beschwerdeinstanz angefochten werden (Art. 393 Abs. 1 lit. a und Art. 310 Abs.
2 in Verbindung mit Art. 322 Abs. 2 StPO). Neben der beschuldigten Person, der
Staatsanwaltschaft und der Privatklägerschaft kann auch jede andere am
Verfahren beteiligte Person, wie namentlich die Anzeige erstattende, zur
Beschwerde legitimiert sein, sofern sich diese Person am vorangegangenen
Verfahren beteiligt hat bzw. von diesem berührt ist und ein rechtlich
geschütztes Interesse geltend machen kann (Lieber,
in: Donatsch et al. [Hrsg.], StPO-Kommentar, 2. Auflage, Zürich 2014,
Art. 382 N 2; Schmid,
StPO-Praxiskommentar, 2. Auflage, Zürich 2013, Art. 382 N 1 f.).
1.2 Sowohl
die Beschwerdeführerin als auch der Beschwerdeführer sind als Anzeigesteller
durch die Nichtanhandnahmeverfügungen der Staatsanwaltschaft vom 17. Februar
2017 selbst und unmittelbar in ihren Interessen tangiert, da die zur Anzeige
gelangten Delikte zu ihrem Nachteil (im Rahmen der Beschwerdeverfahren
BES.2017.30 und 31 auch zu Lasten der Mutter des Beschwerdeführers) begangen
worden sein sollen. Entsprechend haben sie ein Interesse an der Aufhebung der
Verfügungen und sind zur Beschwerde legitimiert. Die Beschwerdeschriften sind gemäss
Art. 396 StPO form- und fristgerecht eingereicht und begründet worden, so
dass darauf einzutreten ist.
1.3 Zuständige
Beschwerdeinstanz ist das Appellationsgericht als Einzelgericht (§ 88 Abs.
1 in Verbindung mit § 93 Abs. 1 Ziff. 1 des basel-städtischen
Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG 154.100]), welches nach Art. 393 Abs. 2
StPO mit freier Kognition urteilt.
2.
2.1 Gemäss
Art. 310 Abs. 1 lit. a StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die
Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige oder des Polizeirapports
feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen
eindeutig nicht erfüllt sind. Wie bei der Frage, ob ein Strafverfahren über
eine (definitive) Verfahrenseinstellung durch die Strafverfolgungsbehörde
erledigt werden kann, gilt auch bezüglich der Nichtanhandnahme der aus dem
Legalitätsprinzip fliessende Grundsatz „in dubio pro duriore“ (Art. 5 Abs. 1
der Schweizerischen Bundesverfassung, [BV, SR 101], und Art. 2 Abs. 1
StPO in Verbindung mit Art. 309 Abs. 1, Art. 319 Abs. 1 und Art. 324 Abs.
1 StPO; vgl. BGer 1B_235/2012 vom 19. Juli 2012 E. 2.1). Dieser gebietet, dass
eine Nichtanhandnahme oder Einstellung durch die Staatsanwaltschaft
grundsätzlich nur bei klarer Straflosigkeit bzw. offensichtlich fehlenden
Prozessvoraussetzungen angeordnet werden darf. Bei der Beurteilung dieser Frage
verfügt die Staatsanwaltschaft über einen gewissen Spielraum (BGer 1B_253/2012
vom 19. Juli 2012 E. 2.1; 6B_960/2014 vom 30. April 2015 E. 2.1).
2.2 Eine
Nichtanhandnahmeverfügung hat zu ergehen, wenn bereits aus den
Ermittlungsergebnissen oder aus der Strafanzeige selbst ersichtlich wird, dass
der zur Beurteilung vorliegende Sachverhalt mit Sicherheit unter keinen
Straftatbestand fällt oder gar nicht verfolgbar ist, so dass die Führung eines
Verfahrens geradezu aussichtslos erscheint. Sie kommt somit bei Fällen in
Frage, die allein aufgrund der Akten sowohl betreffend Sachverhalt als auch in
rechtlicher Hinsicht klar sind (Omlin,
in: Basler Kommentar, 2. Auflage 2014, Art. 310 StPO N 9; Landshut/Bosshard, in: Donatsch et al.
[Hrsg.], Kommentar zur StPO, 2. Auflage 2014, Art. 310 N 4). Die Vorschrift von
Art. 310 StPO hat ausserdem zwingenden Charakter; liegen deren Voraussetzungen
vor, darf die Staatsanwaltschaft kein Strafverfahren eröffnen, sondern hat
zwingend eine Nichtanhandnahmeverfügung zu erlassen (statt vieler: AGE
BES.2015.43 vom 24. April 2015 E. 2.1; Omlin,
a.a.O., Art. 310 StPO N 8).
3.
Nachfolgend wird
zuerst auf die Strafanzeigen der Beschwerdeführerin (Beschwerdeverfahren BES.2017.28;
vgl. E. 4 und 5) und des Beschwerdeführers (Beschwerdeverfahren BES.2017.30; vgl.
E. 6) gegen den Beschuldigten 1 eingegangen. Im Nachgang dazu werden anschliessend
die beiden Strafanzeigen gegen den Beschuldigten 2 (Beschwerdeverfahren BES.2017.29
und 31; vgl. E. 7) behandelt.
4.
4.1 Gemäss
Art. 321 Ziff. 1 Abs. 1 StGB werden Geistliche, Rechtsanwälte, Verteidiger,
Notare, Patentanwälte, nach Obligationenrecht zur Verschwiegenheit
verpflichtete Revisoren, Ärzte, Zahnärzte, Chiropraktoren, Apotheker, Hebammen,
Psychologen sowie ihre Hilfspersonen, die ein Geheimnis offenbaren, das ihnen
infolge ihres Berufes anvertraut worden ist oder welches sie in dessen Ausübung
wahrgenommen haben, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe
bestraft. Ein Geheimnis ist dabei eine Tatsache, die nur einem beschränkten
Personenkreis bekannt ist und bezüglich welcher der Wille eines Geheimnisherrn
weiterer Verbreitung entgegensteht, was auch einem legitimen Interesse
entspricht (BGE 114 IV 44 E. 2 S. 46; 116 IV 56 E. II.1.a S. 65; Flachsmann, in: Donatsch et. al.
[Hrsg.], Kommentar zum StGB, 19. Auflage, Zürich 2013, Art. 320 N 3; Trechsel/Vest, in: Trechsel/Pieth
[Hrsg.], Praxiskommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch, 2. Auflage, Zürich
2013, Art. 320 N 3).
4.2 Die
Beschwerdeführerin wirft dem Beschuldigten 1 (Beschwerdeverfahren BES.2017.28)
vor, das Berufsgeheimnis insofern verletzt zu haben, als dass er dem
Zivilkreisgericht Basel-Landschaft West den von ihm beurkundeten Kaufvertrag
betreffend einen Miteigentumsanteil an der Liegenschaft [...] in Basel zwischen
der Beschwerdeführerin und E____ sowie die diesbezügliche Honorarrechnung und
eine E-Mail der Beschwerdeführerin mit deren Bankverbindung eingereicht habe.
Diesbezüglich ist festzustellen, dass mit der Information, dass der
Beschuldigte 1 als Notar den Verkauf eines Miteigentumsanteils an der
Liegenschaft [...] an E____ verurkundet hat sowie mit der Einreichung einer
Kopie des diesbezüglichen Kaufvertrages vom 16. Oktober 2012 und der
Notariatsrechnung kein schützenswertes Berufsgeheimnis verletzt worden ist,
weil das Grundbuch grundsätzlich öffentlich ist und sich das Einsichtsrecht bei
glaubhaft gemachtem Interesse auf alle Bestandteile desselben einschliesslich
der Belege erstreckt (Schmid, in:
Basler Kommentar, 5. Auflage 2015, Art. 970 ZGB N 10). Dass für die notarielle
Verurkundung eines Kaufvertrags über eine Liegenschaft gemäss dem
Notariatstarif Rechnung gestellt wird, ist kein Geheimnis, was in der angefochtenen
Verfügung der Staatsanwaltschaft zutreffend festgestellt wird. Dazu kommt, dass
der Kaufvertrag vom 16. Oktober 2012 auch vom Käufer E____ eingereicht werden
könnte, ohne dass dafür die Zustimmung der Beschwerdeführerin erforderlich
wäre.
4.3 Darüber
hinaus ergibt sich aus der Eingabe vom 3. März 2016, dass sich der Beschuldigte
1 seiner Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses durchaus bewusst war, lässt
er darin doch anführen, der Beschwerdeführer habe ihn im Februar 2014
angefragt, ob er für eine Drittperson ein Mandat übernehmen könne, wobei er für
die Initialkosten aufkommen würde. Nähere Angaben wurden in erwähnter Eingabe
jedoch nicht gemacht, vielmehr stellte der Beschuldigte 1 sein Berufsgeheimnis
ins Zentrum und erläuterte, dass weitere Ausführungen „an dieser Stelle
aufgrund des Anwaltsgeheimnisses gegenüber dem formellen Auftraggeber
unterbleiben. Im Bestreitungsfalle wird der Beklagte [Beschuldigter 1] für die
Entbindung vom Anwaltsgeheimnis besorgt sein". Achtete indes der
Beschuldigte 1 bewusst darauf, sein Berufsgeheimnis nicht zu verletzen, so kann
nicht ernsthaft angenommen werden, er habe in der selben Eingabe an anderer
Stelle beabsichtigt bzw. für zumindest möglich gehalten und billigend in Kauf
genommen, eine ebensolche Berufsgeheimnisverletzung zu begehen.
4.4 Bezüglich
der Verletzung des Berufsgeheimnisses der Anwälte und Notare gelten die allgemeinen
geschriebenen und ungeschriebenen Rechtfertigungsgründe, insbesondere
diejenigen der mutmasslichen Einwilligung und der Wahrung berechtigter
Interessen (Fellmann, Anwaltsrecht,
2. Auflage, Bern 2017, N 607). Indem B____, der gemäss aktuellem
Handelsregisterauszug der Verwaltungsratspräsident der Beschwerdeführerin ist
und diese deshalb massgeblich beeinflusst, in der Klage vom 31. Dezember 2015
die Behauptung aufstellte, der Beschuldigte 1 habe für die Erblasserin, das
Familienunternehmen und ihn selber keine Berufstätigkeit ausgeübt, sondern sei
in der Vergangenheit vielmehr der Interessenvertreter von E____ und F____
gewesen, ist darin, wie die Beschuldigten zu Recht ausführen (Stellungnahme vom
29. Juni 2017, Ziff. 42 ff.), eine konkludente Einwilligung zu sehen, im betreffenden
Verfahren das Gegenteil beweisen zu dürfen. Darüber hinaus ist zu beachten,
dass der Willensvollstrecker Rechte und Pflichten zu vertreten hat, welche
aufgrund der Universalsukzession beim Erbgang vom Erblasser auf den Nachlass
übertragen wurden (vgl. Karrer/Vogt/Leu,
in: Basler Kommentar, 5. Auflage 2015, Vor Art. 517-518 ZGB N 2). In diesem
Zusammenhang ist der Willensvollstrecker auch gehalten, seine Rechtsposition
gegenüber Angriffen, wie sie die Klage vom 31. Dezember 2015 zweifellos
darstellt, zu verteidigen. Demgemäss erfolgte die Nennung früherer, zur
Beschwerdeführerin bestehender Mandatsbeziehungen unter dem Titel der Wahrung
berechtigter Interessen, womit ein zusätzlicher Rechtfertigungsgrund gegeben
ist.
4.5 Der
Beschwerdeführer handelt darüber hinaus auch rechtsmissbräuchlich, wenn er dem Beschuldigten
1 vorwirft, sein Berufsgeheimnis verletzt zu haben. Mit der Behauptung, dass
dieser als Anwalt und Notar für seinen Bruder E____ und seine Schwester F____
tätig gewesen sei, weshalb er nicht als unparteiischer Willensvollstrecker
akzeptiert werden könne, hat er den Beschuldigten 1 dazu provoziert, zur
Widerlegung dieser Behauptung darzutun und zu belegen, dass er auch für die vom
Beschwerdeführer beherrschte A____ tätig gewesen ist. Der Beschwerdeführer hat
den Beschuldigten 1 geradezu in eine Falle gelockt. Das ist ein klassischer
Fall eines venire contra factum proprium bzw. eines rechtsmissbräuchlichen
Geltendmachens einer Verletzung des Berufsgeheimnisses.
4.6 Insgesamt
durfte die Staatsanwaltschaft aufgrund der Strafanzeige und den damaligen Ermittlungsergebnissen
davon ausgehen, dass der zur Beurteilung vorliegende Sachverhalt mit Sicherheit
unter keinen Straftatbestand fällt. Demgemäss hat sie bezüglich der
Strafanzeige der Beschwerdeführerin gegen den Beschuldigten 1 zu Recht die
Nichtanhandnahme des Strafverfahrens verfügt.
5.
Hinsichtlich des
Vorbringens der Beschwerdeführerin, wonach der Beschuldigte 1 sein Berufsgeheimnis
erneut verletzt habe, indem er die angefochtenen Nichtanhandnahmeverfügungen
vom 17. Februar 2017 an I____, J____ sowie an H____ übermittelt habe, ist
festzuhalten, dass die in der angefochtenen Nichtanhandnahmeverfügungen
enthaltenen Informationen im Wesentlichen den Sachverhaltsdarstellungen der
Anzeigesteller entsprechen und dass der Beschuldigte 1 die ergangene Verfügung
(und damit auch sämtliche darin enthaltenen Informationen) als Beschuldigter in
einem Strafverfahren und somit nicht in seiner beruflichen Eigenschaft als
Anwalt bzw. Notar erhalten hat, weshalb ihre Weitergabe den Tatbestand der
Berufsgeheimnisverletzung von vornherein nicht zu erfüllen vermag.
6.
6.1 Der
Beschwerdeführer begründet die Klage betreffend die Absetzung des Beschuldigten
1 als Willensvollstrecker damit, dass dieser als Anwalt und Notar für seinen
Bruder E____ und seine Schwester F____ tätig gewesen sei, weshalb er nicht als
unparteiischer Willensvollstrecker akzeptiert werden könne. Um diese Behauptung
zu widerlegen, hat der Beschuldigte 1 mit seiner Stellungnahme vom 3. März 2016
unter anderem geltend machen lassen, dass er nicht nur für den Bruder und die
Schwester des Beschwerdeführers, sondern auch für dessen Mutter als Anwalt und
Notar tätig gewesen sei und dass er durch Vermittlung des Beschwerdeführers
auch für dessen Firma, die A____, als Notar gearbeitet habe. Die Angaben hat er
durch Einreichung diverser Akten als Beweismittel belegt.
6.2 In
Bezug auf die behauptete Verletzung des Berufsgeheimnisses aus Aufträgen, die der
Beschuldigte 1 für die Erblasserin bzw. die Mutter des Beschwerdeführers ausgeführt
hat (Beschwerdeverfahren BES.2017.30), stellt sich die Frage, ob der
Beschwerdeführer als Sohn der Erblasserin überhaupt berechtigt ist,
diesbezüglich Strafantrag zu stellen.
6.3
6.3.1 Die
Verletzung des Berufsgeheimnisses wird nur auf Antrag verfolgt. Antragsberechtigt
ist bloss die betroffene Geheimnisherrin. Ist sie nach dem Verrat, aber vor
Antragstellung verstorben, so sind die Angehörigen nur dann zur Antragstellung legitimiert,
wenn die Erblasserin nicht verzichtet hatte (Art. 30 Abs. 4 StGB). Die Antragstellung
bei Verletzung eines Geheimnisses einer Toten ist hingegen nicht möglich (Donatsch/Wohlers, Strafrecht IV, Delikte
gegen die Allgemeinheit, 4. Auflage, Zürich 2011, S. 569; Fellmann, a.a.O., N 565; Trechsel/Vest, a.a.O., Art. 321 N 27 f.).
6.3.2 Die
Mutter des Beschwerdeführers, G____, ist am 9. Juni 2014 verstorben. Die den
Beschuldigten vorgeworfene Geheimnisverletzung soll anhand einer Eingabe an das
Zivilkreisgericht Basel-Landschaft vom 3. März 2016 geschehen sein. Es liegt
demgemäss kein Fall von Art. 30 Abs. 4 StGB vor bzw. es geht um die
(angebliche) Verletzung eines Geheimnisses einer Toten. In diesem Fall ist
gemäss den zitierten Lehrmeinungen eine Antragstellung nicht möglich.
6.3.3 Ist
die Geheimnisherrin wie hier verstorben, vertritt der Beschwerdeführer die
Ansicht, es solle in analoger Anwendung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
zu Art. 179quater und Art. 186 StGB (vgl. BGE 87 IV 105 E. 2b S. 109;
118 IV 319 E. 2 S. 322 f.) eine Strafantragsberechtigung der Erben angenommen
werden können (Hinweise bei Stratenwerth/Wohlers,
Handkommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch, 3. Auflage, Bern 2013, Art.
321 N 7).
6.3.4 Für
das Appellationsgericht besteht indes keinerlei Anlass, die Möglichkeit der
Antragstellung entgegen den übereinstimmenden Literaturstellen (Donatsch/Wohlers, S. 569; Trechsel/Vest, a.a.O., Art. 321 N 27 f.) über
besagte bundesgerichtliche Rechtsprechung hinaus auch auf den Tatbestand von
Art. 321 StGB auszudehnen. Vor diesem Hintergrund ist die Staatsanwaltschaft
mangels Antragsrecht auf die Strafanzeigen des Beschwerdeführers zu Recht nicht
eingetreten.
6.4
6.4.1 Selbst
wenn – entgegen der Ansicht des Appellationsgerichts – ein Antragsrecht des
Beschwerdeführers angenommen würde, müsste die Beschwerde gegen die
Nichtanhandnahmeverfügung abgewiesen werden: eine Bestrafung wegen Verletzung
des Berufsgeheimnisses auf Antrag des Beschwerdeführers wäre nur möglich, wenn
mindestens mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden müsste, dass die
Berechtigte (d.h. die Erblasserin G____) sich durch die Offenbarung der
entsprechenden Tatsachen benachteiligt bzw. verletzt gefühlt und deshalb
Strafantrag gestellt hätte.
6.4.2 Die
Erblasserin hat den Beschuldigten 1 testamentarisch als Willensvollstrecker
bestimmt und ihn damit auch beauftragt, sein Amt auszuüben und sich gegen eine
Absetzung ohne schützenswerte Gründe zu wehren. Dass G____ damit einverstanden
wäre, dass der Beschuldigte 1 sein Amt ausübt und sich gegen eine unbegründete
Absetzung zur Wehr setzt, indem er dartut und belegt, dass er auch für die
Erblasserin als Anwalt und Notar tätig gewesen ist, kann dabei mit Fug
angenommen werden.
6.5 Neben
der Tatsache, dass der Beschuldigte 1 nicht (eventual)vorsätzlich gehandelt haben
kann (vgl. dazu bereits E. 4.3), ist mit den Erläuterungen in Erwägung 6.4 auch
der Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen (vgl. dazu schon
E. 4.6) offensichtlich gegeben, wenn auch eingeräumt werden muss, dass es
besser gewesen wäre, wenn der Beschuldigte 1 vorsichtshalber die Aufsichtsbehörde
um Entbindung vom Berufsgeheimnis ersucht hätte. Dass die Aufsichtsbehörde
einem solchen Ersuchen entsprochen hätte, kann aber nicht zweifelhaft sein.
Indem B____ in der Klage vom 31. Dezember 2015 die Behauptung aufstellte, der
Beschuldigte 1 habe für die Erblasserin, das Familienunternehmen und ihn selber
keine Berufstätigkeit ausgeübt, sondern sei in der Vergangenheit vielmehr der
Interessenvertreter von E____ und F____ gewesen, ist darin, wie bereits in
Erwägung 4.4 ausgeführt, auch eine konkludente Einwilligung zu sehen, im
betreffenden Verfahren das Gegenteil beweisen zu dürfen. Damit ist ein
zusätzlicher Rechtfertigungsgrund gegeben. Im Übrigen handelt der
Beschwerdeführer auch rechtsmissbräuchlich (vgl. dazu schon E. 4.5).
6.6 In
Bezug auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach der Beschuldigte 1 durch
die Offenlegung der diversen von G____ erhaltenen Mandate auch seine eigenen
schützenswerten Interessen verletzt habe, ist festzuhalten, dass einzig an das Auftragsverhältnis,
in welchem der Beschuldigte 1 zur Geheimnisherrin stand, anzuknüpfen ist. Der
Beschuldigte 1 wurde indes, wie der Beschwerdeführer selbst einräumt (Strafantrag
vom 3. Juni 2016, Rz. 26), durch G____ mandatiert. Daraus folgt, dass nur sie selbst
Geheimnisherrin ist und nicht etwa auch der Beschwerdeführer selbst.
6.7 Insgesamt
durfte die Staatsanwaltschaft auch bezüglich der Strafanzeige des Beschwerdeführers
davon ausgehen, dass der zur Beurteilung vorliegende Sachverhalt mit Sicherheit
unter keinen Straftatbestand fällt. Demgemäss hat sie zu Recht die
Nichtanhandnahme des Strafverfahrens verfügt.
7.
7.1 Das
Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Klient, welches durch den Tatbestand
von Art. 321 StGB geschützt werden soll, ist im vorliegend zu beurteilenden
Fall das Verhältnis zwischen dem Beschuldigten 1 sowie der Beschwerdeführerin
einerseits und G____ andererseits. Dass der Beschuldigte 1 das Anwaltsgeheimnis
weder gegenüber der Beschwerdeführerin (vgl. E. 4 und 5), noch gegenüber seiner
Klientin G____ (vgl. E. 6) verletzt hat, ist bereits dargetan worden.
7.2 Da
das Anwaltsgeheimnis durch den Beschuldigten 1 weder gegenüber der Beschwerdeführerin
noch gegenüber G____ verletzt wurde, ist eine Beteiligung des Beschuldigten 2
als Gehilfe oder Mittäter daran nicht denkbar, zumal die Teilnahme nach dem
Grundsatz der limitierten Akzessorietät von einer tatbestandsmässigen und
rechtswidrigen Haupttat abhängig wäre (vgl. Trechsel/Jean-Richard,
in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Praxiskommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch, 2.
Auflage, Zürich 2013, Vor Art. 24 N 24) und eine Mittäterschaft des
Beschuldigten 2 aufgrund der ihm vorgeworfenen identischen Tathandlung aus
denselben Gründen wie beim Beschuldigten 1 ausgeschlossen ist. Ob die Eingabe
vom 3. März 2016 vom Beschuldigten 1 persönlich oder von seinem
bevollmächtigten Vertreter, dem Beschuldigten 2, unterschrieben und eingereicht
worden ist, ändert daran nichts. Eine selbständige Verletzung des
Anwaltsgeheimnisses durch den Beschuldigten 2 aus einem Mandat, das diesem von G____
und/oder der Beschwerdeführerin erteilt worden wäre, wird im Übrigen nicht
behauptet.
8.
Zusammenfassend
ergibt sich, dass die Staatsanwaltschaft zu Recht nicht auf die Strafanzeigen eingetreten
ist. Alle vier Beschwerden erweisen sich demgemäss als unbegründet und sind
deshalb abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Beschwerdeverfahrens haben die Beschwerdeführenden
gemäss Art. 428 Abs. 1 StPO die Verfahrenskosten mit einer Gebühr von CHF 800.–
pro Beschwerde zu tragen. Die Gebühren werden mit den bereits geleisteten Kostenvorschüssen
von je CHF 500.– verrechnet.
Demgemäss
erkennt das Appellationsgericht (Einzelgericht):
://: Die Beschwerden in den Verfahren
BES.2017.28, 29, 30 und 31 werden abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten zweier
Beschwerdeverfahren (BES.2017.28 und 29) mit einer Gebühr von je CHF 800.–.
Diese werden mit den bereits geleisteten Kostenvorschüssen in Höhe von je CHF 500.–
verrechnet.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten zweier
Beschwerdeverfahren (BES.2017.30 und 31) mit einer Gebühr von je CHF 800.–.
Diese werden mit den bereits geleisteten Kostenvorschüssen in Höhe von je CHF 500.–
verrechnet.
Mitteilung an:
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Beschwerdeführerin
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Beschwerdeführer
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Staatsanwaltschaft Basel-Stadt
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Beschuldigter 1
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Beschuldigter 2
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Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Die Präsidentin Der
Gerichtsschreiber
lic. iur. Liselotte Henz Dr.
Beat Jucker
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen
Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des
Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde
in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am
letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht oder zu
dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer diplomatischen oder konsularischen
Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für
die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG
verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das
Bundesgericht.