Geschäftsnummer: AZ.2010.30 (AG.2013.376)
Instanz: Appellationsgericht
Entscheiddatum: 27.06.2012 
Erstpublikationsdatum: 21.01.2014
Aktualisierungsdatum: 11.12.2018
Titel: Festlegung eines Willensvollstreckerhonorars sowie Forderung
 
 

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

 

 

AZ.2010.30

 

ENTSCHEID

 

vom 27. Juni 2012

 

 

Mitwirkende

 

Dr. Stephan Wullschleger (Vorsitz), lic. iur. Lucienne Renaud,

MLaw Jacqueline Frossard , Prof. Dr. Fritz Rapp   

und Gerichtsschreiberin Dr. Caroline Meyer Honegger

 

 

 

Parteien

 

X._____                                                                                            Appellantin 1

                                                                                                               Klägerin 1

 

Y._____                                                                                            Appellantin 2

                                                                                                               Klägerin 2

 

beide vertreten durch lic. iur. Eduard Schoch,

Fürsprecher und Notar, Neuarlesheimerstrasse 15,

Postfach 28, 4143 Dornach   

 

gegen

 

A._____                                                                                                    Appellat

                                                                                                                Beklagter

vertreten durch Dr. Judith Natterer Gartmann, Advokatin, Aeschenvorstadt 71, Postfach 326, 4010 Basel   

 

 

Gegenstand

 

Appellation gegen ein Urteil des Zivilgerichts

vom 9. Juni 2010

 

betreffend Festlegung eines Willensvollstreckerhonorars sowie

Forderung / Nichteintreten


Sachverhalt

 

A._____  (Beklagter) war als Willensvollstrecker im Nachlass von B._____ , wohnhaft in Basel und gestorben 2003, eingesetzt. Der Verstorbene hinterliess seine Ehefrau und fünf Nachkommen (ein Sohn und vier Töchter). Laut Ehe- und Erbvertrag vom 6. Januar 1971 kamen der Witwe und Vermögensteilhaberin im Rahmen der Gütergemeinschaft drei Viertel des ehelichen Gesamtguts zu, während der verbleibende Viertel an die fünf Nachkommen und Erben zu je gleichen Teilen ging. Das Gesamtvermögen belief sich auf ca. CHF 100 Millionen. Davon fielen gemäss Teilungsvertrag der Witwe rund CHF 65 Millionen zu. Die restlichen CHF 35 Millionen wurden unter die fünf Nachkommen aufgeteilt, denen somit je CHF 7 Millionen zukamen (unter Anrechnung ihrer Vorempfänge von je CHF 2 bis 3 Millionen). Der Beklagte stellte für seine Bemühungen Rechnung in Höhe von CHF 333'918.40. Dieser Betrag war aus dem Dokument „Teilung im Nachlass“ vom 29. Oktober 2004 ersichtlich, wo er im Abschnitt über die „Veränderung der Passiven“ (ohne Spezifizierung) aufgeführt war. Der Beklagte liess die Erben eine Erklärung unterzeichnen, die wie folgt lautete: „Nachlass B._____ . Der/die Unterzeichnete erklärt das Einverständnis mit der vom Willensvollstrecker A._____  vorgelegten Teilungsrechnung vom 29. Oktober 2004 und erteilt dem Willensvollstrecker die Entlastung.“ Die Erbinnen  X._____ (Klägerin 1) und Y._____ (Klägerin 2) störten sich an der Höhe des Honorars und erkundigten sich vor der Unterzeichnung bei zwei von ihnen konsultierten Anwälten. Diese sollen ihnen mitgeteilt haben, es sei in Basel üblich, das Honorar aufgrund eines Prozentsatzes der Nachlassaktiven zu berechnen. In der Folge unterschrieben die Klägerinnen die Erklärung (Beilagen 7 und 8 zur Klagbegründung) und die verbleibenden Nachlasswerte wurden Ende 2004 ausbezahlt.

 

Die Klägerin 1 bemerkte im Jahre 2006 bei der Nachlassabwicklung ihres Schwiegervaters, dass der dortige Willensvollstrecker eine detaillierte Rechnung vorlegte. Sie gelangte daraufhin schriftlich an den Beklagten und verlangte von ihm entsprechende Details betreffend den Erbgang B._____. Nach Erhalt einer Rechnungskopie verlangte sie zudem eine detaillierte Aufstellung des Stundenaufwandes und die Rückerstattung des Interessewert-Zuschlags, der einen Hauptteil des Rechnungsbetrags ausmachte. In der Folge wurde umfangreiche Korrespondenz geführt und es wurden diverse Verfahren (Strafverfahren, Aufsichtsverfahren) gegen den Beklagten eingeleitet. Im Rahmen eines dieser Verfahren wurde ein Auszug aus den Stundenabrechnungen des Advokaturbüros des Beklagten eingereicht, aus dem die Klägerin 1 entnahm, dass die dort aufgeführte Stundenzahl nicht derjenigen entsprach, die ihr vom Beklagten bekannt gegeben worden war.

 

Am 24. März 2009 reichten die Klägerinnen 1 und 2 Klage gegen den Beklagten ein. Sie verlangten die Feststellung des korrekten Willensvollstrecker-Honorars und die Zahlung eines Betrags von je CHF 24'747.55 (im Sinne einer Teilklage). Die Vorinstanz ist in ihrem Urteil vom 9. Juni 2010 auf das Feststellungsbegehren nicht eingetreten, mit der Begründung, es liege kein erhebliches schutzwürdiges Interesse an einer solchen Klage vor. Das Leistungsbegehren wurde vom Gericht abgewiesen, weil die beiden Klägerinnen nicht aktivlegitimiert seien, da es um einen Anspruch gehe, welcher der Erbengemeinschaft zustehe. Dieser müsse von allen Erben – und vorliegend daher auch von der Witwe des Erblassers – gerichtlich geltend gemacht werden. Eine Verantwortlichkeitsklage liege nicht vor.

 

Gegen diesen Entscheid haben die beiden Klägerinnen am 27. Juli 2010 appelliert. Sie beantragten, das Urteil des Zivilgerichts sei aufzuheben und es sei das Willensvollstreckerhonorar des Beklagten „nach Massgabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, höchstens aber mit einem Betrag von CHF 44'168.50, inklusive Auslagen, Spesen und MWST, gerichtlich festzulegen“ und dieser sei zu verurteilen, den Klägerinnen je einen Betrag von CHF 24'747.55, jeweils nebst Zins zu 5 % seit dem 1. April 2009, zu bezahlen, Mehrforderung vorbehalten. Eventualiter sei die Angelegenheit zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen, unter o/e Kostenfolge beider Instanzen zu Lasten des Beklagten, wobei die ordentlichen Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens angemessen zu reduzieren und die ordentlichen Kosten beider Instanzen nach Massgabe des Streitwerts der Leistungsklage festzusetzen seien. Am 13. Oktober 2010 begründeten sie die Appellation. Mit Appellationsantwort vom 9. Dezember 2010 beantragte der Beklagte, die Appellation sei abzuweisen und die o/e Kosten beider Instanzen seien zulasten der Klägerinnen in solidarischer Verbindung zu verlegen, wobei die ausserordentlichen Kosten beider Instanzen nach Massgabe des Streitwerts des Leistungsbegehrens gemäss Klage beziehungsweise Appellationsbegründung festzusetzen seien.

 

Am 1. Juni 2012 stellten die Klägerinnen ein Ausstandsbegehren gegen Präsident Dr. Heiner Wohlfart und Appellationsrichter Dr. Paul Rüst (vgl. das separate Verfahren DG.2012.9). Die Hauptverhandlung vor Appellationsgericht hat am 27. Juni 2012 stattgefunden. Aufgrund des genannten Ausstandsbegehrens tagte die Kammer ohne die beiden genannten Mitglieder des Appellationsgerichts in Viererbesetzung, wobei Präsident Dr. Stephan Wullschleger neu den Vorsitz übernahm. Mit Verfügung vom gleichen Tag wurde das Ausstandsverfahren DG.2012.9 vom Referenten als gegenstandlos erklärt und ohne Kosten abgeschrieben.

 

An der Hauptverhandlung sind beide Parteivertreter zu Wort gelangt. Für sämtliche Ausführungen wird auf das Protokoll verwiesen. Die einzelnen Standpunkte der Parteien ergeben sich, soweit sie für den Entscheid von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen.

 

 


Erwägungen

 

1.

Der angefochtene Entscheid ist den Parteien vor Inkrafttreten der neuen Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) eröffnet worden, womit auf das appellationsgerichtliche Verfahren noch die frühere basel-städtische ZPO zur Anwendung gelangt (ZPO BS; aSG 221.100; vgl. Art. 405 Abs. 1 ZPO). Auf die zulässige und rechtzeitig erhobene sowie begründete Appellation ist einzutreten.

 

2.

Die Klägerinnen machen zusammengefasst geltend, es sei gemäss alter bundesgerichtlicher Rechtsprechung (begründet in BGE 78 II 123) unzulässig, dass der Willensvollstrecker sein Honorar nach dem Wert des Nachlasses ausrichte. Korrekt sei die Honorierung nach Stundenaufwand. Gemäss dem vom Advokaturbüro des Beklagten erfassten Stundenaufwand seien 88,7 Anwalts-Stunden und 67 Sachbearbeiter-Stunden zu berücksichtigen (vgl. Appellationsbegründung S. 8 ff., 11 ff.). Der Ansatz für die Anwalts-Stunden sei vom Beklagten auf je CHF 300.– und derjenige für die Sachbearbeiterstunden auf je CHF 175.– festgelegt worden. Die CHF 300.– pro Stunde würden akzeptiert und die CHF 175.– pro Stunde würden vorläufig akzeptiert; dies sei auch der Grund für die Teilklage mit dem Vorbehalt der Mehrforderung (Appellationsbegründung S. 23). Es resultierten damit Honorare von CHF 26'610.– sowie von CHF 11'725.–. Dazu kämen die Kosten und Spesen von CHF 2'902.05 und die Mehrwertsteuer. Geschuldet sei damit lediglich ein Honorar von CHF 44'168.50. Die Differenz zum Rechnungsbetrag von CHF 333'918.40 sei zuviel bezogen worden; sie beträgt CHF 289'749.90. Dazu seien Verzugszinsen von CHF 62'779.15 zu rechnen. Vom Gesamtbetrag von CHF 352'529.05 machten die beiden Klägerinnen je einen Anteil von 7,02 % für sich geltend, weshalb ihre Klagforderungen je 24'747.55 betragen (Appellationsbegründung S. 23 ff.). Die erteilte Décharge habe sich nur auf die Tätigkeit des Beklagten als Willensvollstrecker, nicht auf seine Honorierung bezogen; im Übrigen seien diese Erklärungen mit Willensmängeln behaftet. Die Klägerinnen machen geltend, ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Honorars zu haben. Die Klägerinnen hätten verschiedene Verfahren eingeleitet und in diesen Verfahren sei immer wieder betont worden, dass ohne Festsetzung des Honorars durch den Zivilrichter nichts unternommen werden könne. Die Feststellungsklage werde vom Bundesrecht beherrscht. Auch der Honoraranspruch basiere auf Bundesrecht. Wenn das Gericht den Anspruch der Klägerinnen auf die richterliche Festlegung des Honorars verneine, verletze es Bundesrecht. Zur Aktivlegitimation bringen sie vor, es sei zwar zutreffend, dass ein selbständiges Vorgehen einzelner Erben nur in Ausnahmefällen zugelassen werde. Vorliegend sei jedoch ein solcher Ausnahmefall anzunehmen. Die Erbteilung sei längst abgeschlossen und die Grundidee der Pflicht zu gemeinsamem Vorgehen – ein Schutz gegen schädliche Sonderaktionen – könne nicht als Begründung herangezogen werden. Es ergebe sich auch aus BGE 109 II 400, dass die Lage vor und nach Ausscheidung der Erbanteile eine andere sei. Jedem Erbe sei es unbenommen, ebenfalls zu klagen oder nicht. Es seien im Übrigen alle Erben eingeladen worden, sich an der vorliegenden Klage zu beteiligen. Wenn die übrigen Erben auf die Teilnahme verzichtet hätten, könne das kein Grund dafür sein, die beiden Klägerinnen an ihrem Vorgehen zu hindern. Die Witwe sei mit dem Honorar einverstanden. Damit sei sie nicht daran interessiert, wie das Urteil ausfalle und es sei nicht einzusehen, weshalb sie sich am Prozess beteiligen müsse. Die Klägerinnen seien befugt, einen Anspruch aus unerlaubter Handlung geltend zu machen. Sie seien absichtlich vom Beklagten getäuscht worden; es handle sich um eine Verantwortlichkeitsklage. Legitimiert zu einer solchen Klage seien die einzelnen Erben, was sich aus der zitierten Literaturstelle (Karrer, Basler Kommentar ZGB II, [damals] 3. Auflage, Art. 518 ZGB N 113 f.) klar ergebe. Die Meinung der Vorinstanz, den Klägerinnen sei kein Schaden entstanden, sei schleierhaft. Die vom Beklagten geltend gemachte Verjährung liege nicht vor. Es gehe um einen Anspruch, der in zehn Jahren verjähre (Appellationsbegründung S. 15 ff.).

 

3.

3.1      Zunächst ist zu prüfen, ob auf das Feststellungsbegehren der Klägerinnen (Ziff. 1 der Rechtsbegehren) eingetreten werden kann. Nach herrschender Lehre und Praxis ist die Feststellungsklage zur Leistungsklage (vgl. Ziff. 2 der Rechtsbegehren) subsidiär (vgl. BGE 135 III 378 E. 2.2 S. 380; Staehelin/Sutter, Zivilprozessrecht, Zürich 1992, § 13 N 21 mit Hinweisen; Leuenberger, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Zivilprozessrecht im Jahre 2009, ZBJV 2011 S. 513, 522 f.; Sutter-Somm, Die Bedeutung der neuen schweizerischen Zivilprozessordnung für erbrechtliche Prozesse – eine verfahrensrechtliche Übersicht, successio 2010 S. 165, 171). Dieser Grundsatz wird allerdings in der Doktrin teilweise kritisiert. So führen etwa Bessenich/Bopp (in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich 2010, Art. 88 ZPO N 12) aus: „Wann immer die Ungewissheit, die Unsicherheit oder die Gefährdung der Rechtsstellung so stark ist, dass die Fortdauer dieser Rechtsungewissheit als unzumutbar erkannt wird, weil die Klagpartei dadurch in ihrem Handeln und/oder ihren Entscheidungen behindert wird, sollte auf eine Feststellungsklage eingetreten werden, auch wenn diese Klage die Vorfrage zu einer Leistungsklage betrifft, die angehoben wurde oder noch anzuheben ist“. Nach beiden Auffassungen ist aber von entscheidender Bedeutung, dass die Klägerschaft ein spezielles Interesse an der Fällung eines Feststellungsurteils nachzuweisen vermag. Es muss sich dabei um ein Interesse handeln, das mit der Gutheissung einer  Leistungsklage nicht gewahrt ist.

 

3.2      Die Klägerinnen verweisen namentlich darauf, dass ein Feststellungsurteil wegen anderer Verfahren, die gegen den Beklagten angehoben wurden oder noch angehoben werden könnten, notwendig sei. Was die gegen den Beklagten eingereichten Strafanzeigen anbelangt, ist davon auszugehen, dass diese Verfahren endgültig abgeschlossen sind. Dass die Annahme eines Betrugs mangels Arglist ausscheidet, dass die Annahme des Wuchers wegen fehlender Unerfahrenheit der Opfer nicht möglich ist und dass weder eine Veruntreuung noch eine ungetreue Geschäftsbesorgung vorliegen kann, haben die zuständigen Behörden – wie der Appellationsantwort (S. 28) zu entnehmen ist – mit überzeugenden Argumenten festgehalten. Dies würde auch mit einem zivilrechtlichen Urteil, mit dem das streitige Willensvollstreckerhonorar festgestellt würde, nicht zu einer neuen Beurteilung führen. Beim Verfahren vor der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte ist die
Situation anders: Hier wurde im Entscheid vom 27. August 2007 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kommission „erst aufgrund eines rechtskräftigen Entscheids des zuständigen Zivilgerichts über die Höhe des angemessenen Honorars … über die allfällige anwaltsrechtliche Disziplinierung entscheiden“ könne (vgl. Eingabe der Klägerinnen vom 5. August 2009 an die Vorinstanz, act. 8). Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass ein allfälliges neues Aufrollen des Verfahrens vor der Aufsichtskommission davon abhängig ist, ob im vorliegenden Fall nur über die Leistungsklage, sondern auch über die Feststellungsklage entschieden wird. Sollte im vorliegenden Fall die Aktivlegitimation der Klägerinnen bejaht und über ihr Leistungsbegehren entschieden werden und sollte der Entscheid den Klägerinnen ganz oder teilweise Recht geben, so wäre dies zwangsläufig damit verbunden, dass in seiner Begründung Ausführungen zum zulässigen Honorar zu finden wären. Es wäre ohne weiteres möglich, der Aufsichtskommission unter Berufung auf solche Entscheidungsgründe die Frage einer allfälligen Anwaltspflichtverletzung nochmals vorzulegen und es kann praktisch ausgeschlossen werden, dass die Aufsichtsbehörde eine solche erneute Überprüfung mit dem Argument verweigern würde, dass sich nur die Urteilsgründe und nicht auch das Urteilsdispositiv zur Höhe des zulässigen Gesamthonorars äusserten. Es liegen somit keine erkennbaren Gründe vor, weshalb ein spezielles Interesse der Klägerinnen an einem Feststellungsurteil gegeben sein soll. Dies führt dazu, jedenfalls im vorliegenden Fall den Regeln zu folgen, wie sie von der Bundesgerichtspraxis entwickelt worden sind (vgl. BGE 135 III 378 E. 2.2 S. 380, ein Entscheid, dem bis in die jüngste Zeit gefolgt worden ist, vgl. z.B. BGer 4A_589/2011 vom 5. April 2012 E. 4.1). Nach dieser Rechtsprechung gilt wie dargelegt nach wie vor die Regel, dass die Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage subsidiär ist, es sei denn ausnahmsweise in aussergewöhnlichen Fällen (etwa bei offensichtlichen und wichtigen Interessen an einem Feststellungsurteil). Vorliegend liegt ein solcher Ausnahmefall jedoch gerade nicht vor. Damit ist auf die Feststellungsklage nicht einzutreten.

 

3.3      Ausserdem ist auch darauf zu verweisen, dass die Gerichte sich allgemein bemühen müssen, Urteile zu formulieren, die so wenig wie möglich zu Missverständnissen führen. Bei Feststellungsurteilen besteht die Gefahr von Missverständnissen darin, dass unbefangene Leserinnen und Leser die Grenzen der Rechtskrafts-Wirkung nicht kennen. Auch Feststellungsurteile entfalten keine Rechtskraft gegenüber Personen, die am Verfahren nicht mitgewirkt haben (Staehelin/Staehelin/
Grolimund
, Zivilprozessrecht, Zürich 2008, § 14 N 24; Staehelin/Sutter, a.a.O., § 13 N 20). Würde somit die vorliegende Klage gutgeheissen, hiesse das nicht, dass das entsprechende Urteil gegenüber der Mutter und den Geschwistern der beiden Klägerinnen rechtskräftig würde. Es stünde in diesem Falle dem Beklagten frei, seinerseits ein Feststellungsbegehren gegenüber den drei Geschwistern einzureichen und darin die Feststellung zu verlangen, dass sein Honorar richtig bemessen worden sei. In diesem Falle könnte niemand die dortigen Beklagten daran hindern, einer solchen Klage nur den Einwand der mangelnden Passivlegitimation entgegenzustellen. Dies hätte zur Folge, dass – unter der Voraussetzung der Bejahung der Aktivlegitimation im vorliegenden und der Passivlegitimation im beispielhaft genannten Fall – die Basler Gerichte zwei sich widersprechende Feststellungsurteile erlassen müssten. Solche Konstellationen sind zu vermeiden und können vermieden werden, wenn der Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage beachtet wird.

 

4.

4.1      Umstritten ist sodann die Aktivlegitimation der Klägerinnen als einzelner Erbinnen zur vorliegenden Klage. Die Vorinstanz hat diese verneint (Entscheid S. 8 f.). Grundsätzlich kann ein Willensvollstrecker sein Honorar selber festsetzen und sich auszahlen lassen. Dass er in derartigem Masse (zunächst) freie Hand hat, wird zwar bisweilen als stossend empfunden (vgl. Künzle, Der Willensvollstrecker, Habil. Zürich 2000, S. 443), die Situation ist aber rechtlich nicht zu beanstanden. Falls die Erben die Höhe des Honorars als übersetzt und gesetzeswidrig ansehen, müssen sie
– wie vorliegend – mit Klage gegen den Willensvollstrecker vorgehen.

 

4.2      Grundsätzlich können die Mitglieder einer Erbengemeinschaft ihre Rechte nur gemeinsam geltend machen; sie bilden eine notwendige Streitgenossenschaft. Einzelnen Erben steht die Prozessführung nur in Ausnahmefällen zu (Künzle, Berner Kommentar, Bern 2011, Art. 517 – 518 ZGB N 459 und 462 f.; vgl. auch Ruggle, Basler Kommentar ZPO, Basel 2010, Art. 70 ZPO N 6; E. Staehelin/Schweizer, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen
Zivilprozessordnung, Zürich 2010, Art. 70 ZPO N 41; Pichler, Die Stellung des Willensvollstreckers in nichterbrechtlichen Zivilprozessen – unter besonderer Berücksichtigung der Stellung der Erben, Zürich 2011, S. 155). Dementsprechend haben in den publizierten Fällen zur Rückerstattung überhöhter Willensvollstreckerhonorare sämtliche Erben respektive ihre Vertreter geklagt (BGE 129 I 330 ff. [vgl. insbes. die nicht in der amtlichen Sammlung publizierte Erwägung 1.2 des Urteils 5P.94/2003 vom 30. Juni 2003]; vgl. AGE 28/2006 vom 7. September 2007; vgl. auch für den umgekehrten Fall Künzle, Berner Kommentar, a.a.O., Art. 517 – 518 ZGB N 413).

 

Die Klägerinnen bemängeln, dass sich die Vorinstanz auf diese Regel abgestützt hat. Sie machen zunächst geltend, die von der Vorinstanz zitierten Präjudizien seien nicht aussagekräftig. Die Vorinstanz hat auf das Urteil ZR 103 (2004) Nr. 34, S. 129 ff. verwiesen. Nach Auffassung der Klägerinnen beziehe sich dieses Urteil auf einen Rückforderungsanspruch „bei bestehender Erbengemeinschaft“. Tatsächlich hat das Zürcher Obergericht im zitierten Urteil (das im Rahmen einer Teilungsklage zu fällen war) ausgeführt, dass überhöhte Honorare des Willensvollstreckers zu einem „Rückerstattungsanspruch der Erbengemeinschaft“ führen, der „im Rahmen der Teilung zuzuweisen“ sei (ZR 103 [2004] Nr. 34 S. 129, 133). Den Klägerinnen ist darin Recht zu geben, dass im zitierten Fall noch keine Erbteilung vorgenommen worden war; wesentlich ist allerdings die Bemerkung des Zürcher Obergerichts, dass ein solcher Anspruch bei der Erbteilung „zuzuweisen“ sei. Nach einer erfolgten Zuweisung dieses Anspruchs ist es selbstverständlich, dass derjenige Erbe, an welchen die Zuweisung erfolgte, allein aktivlegitimiert ist. Vor einer solchen Zuweisung müsste allerdings – so ist auch der Entscheid klar zu verstehen – die Aktivlegitimation bei der Erbengemeinschaft verbleiben. Im hier zu entscheidenden Fall ist die (strittige) Forderung gegenüber dem Beklagten nie Gegenstand einer vertraglichen Teilungsabrede zwischen der Witwe und den (übrigen) Erben von B._____  gewesen. Diese Forderung ist namentlich nie den beiden Klägerinnen (ganz oder zum Teil) zugewiesen worden.

 

 

Die Vorinstanz hat sich im Weiteren auf BGE 121 III 118 bezogen. Es handelt sich hier um den Fall, in welchem die Witwe des Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt Ansprüche aus Verträgen über Urheberrechte des Verstorbenen mit dem Diogenes-Verlag geltend machen wollte. Sie hatte mit der Klage keinen Erfolg, weil sie nicht Alleinerbin war und die übrigen Erben sich nicht am Prozess beteiligten. Die Klägerinnen machen geltend, dieses Präjudiz sei nicht aussagekräftig, weil es sich auf die „Durchsetzung von Ansprüchen aus vertraglicher Rechtsgemeinschaft, mithin auf ein Recht, welches nicht teilbar ist“, beziehe. Zudem sei auch in diesem Fall die Erbteilung „noch nicht vollständig abgeschlossen“ gewesen (Appellationsbegründung S. 17). Der Hinweis der Klägerinnen auf die „vertragliche Rechtsgemeinschaft“ geht fehl. Das Bundesgericht hat im zitierten Fall betont, dass eine Miterbin nicht dazu legitimiert sei, einen „ausservertraglichen Unterlassungsanspruch“ alleine geltend zu machen. Wenn das so sei, so müsse es „in noch stärkerem Masse für die Durchsetzung von Ansprüchen aus vertraglicher Rechtsgemeinschaft“ gelten (BGE 121 III 118 E. 3 S. 122). Wenn man diese Überlegung auf den vorliegenden Rechtsstreit überträgt, muss zunächst festgehalten werden, dass das Rechtsverhältnis zwischen den Erben und dem Willensvollstrecker ein vertragliches Rechtsverhältnis ist, respektive einem solchen in erheblichem Ausmass entspricht (vgl. Künzle, Berner Kommentar, a.a.O., Vorbem. zu Art. 517 – 518 ZGB N 25 – 62). Daher kann die Legitimation einzelner Erben erst recht nicht in Frage kommen. Was die zweite Behauptung angeht, ergibt sich aus dem publizierten Bundesgerichtsentscheid, dass die Auslegung eines Erbteilungsvertrags umstritten war. Strittig war die Frage, ob bestimmte Urheberrechte der Witwe im Erbteilungsvertrag zugewiesen worden waren oder nicht – eine Frage, die das Bundesgericht zum Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen hat. Klar war allerdings auch in diesem Fall, dass ein Erbe nur dann allein klageberechtigt ist, wenn es um Ansprüche geht, die ihm in der Erbteilung zugewiesen worden sind.

 

4.3      Die Klägerinnen finden es zwar grundsätzlich richtig, dass die Erben als notwendige Streitgenossenschaft auftreten. Sie meinen jedoch, dass diese Regel auf die Fälle zu beschränken sei, in welchen die Erbschaft noch nicht geteilt ist. Sie machen darauf aufmerksam, dass der Nachlass B._____ bereits vor langer Zeit geteilt worden sei. Sie verstehen nicht, weshalb eine notwendige Streitgenossenschaft aller Erben auch dann verlangt wird, wenn der Abschluss des Teilungsvertrags bereits vier Jahre zurückliegt.

 

Was die Überlegung angeht, die Notwendigkeit des gemeinsamen Vorgehens bestehe nur bis zur Teilung und nicht darüber hinaus, so ist dieser Gedanke zwar grundsätzlich richtig. Falsch ist jedoch die Annahme, dass der Abschluss eines Teilungsvertrags zwangsläufig zur (vollständigen) Aufhebung der Erbengemeinschaft führe. Ein Teilungsvertrag hat nur Wirkungen in Bezug auf die Nachlassobjekte, die vertraglich geteilt werden. Wird ein solcher Vertrag unter Ausserachtlassung einzelner Objekte des Nachlasses abgeschlossen, so besteht die Gemeinschaft vermutungsweise weiter, bis auch diese Objekte in eine Teilung einbezogen worden sind. Es mag auf das illustrative Beispiel verwiesen werden, das zu dem in AJP 1996 S. 1283 ff. veröffentlichten Urteil des Zürcher Obergerichts führte. Im Nachlass eines Kunstsammlers befand sich eine Plastik des französischen Bildhauers Aristide Maillol. Diese Plastik wurde auf dem Grab des verstorbenen Kunstsammlers aufgestellt. In der Folge verstarb auch die Witwe und Erbin des Kunstsammlers; auch sie wurde im Grab mit der Maillol-Plastik beigesetzt. Ihre Erbinnen – die beiden Töchter – dachten nicht daran, den Grabschmuck im Erbteilungsvertrag, den sie in den 60-er Jahren abschlossen, zu erwähnen. 30 Jahre später stellte sich die Frage, wer als Eigentümer der Maillol-Plastik, die noch immer auf dem Grab stand, anzusehen sei. Das Zürcher Obergericht entschied mit Recht, dass trotz der seit langem erfolgten Erbteilung in Bezug auf diese Plastik die Erbengemeinschaft weitergedauert habe, da der Nachweis für eine anders lautende Vereinbarung der Erbinnen nicht erbracht werden konnte.

 

Analoge Überlegungen sind im vorliegenden Fall für den – bestrittenen – Anspruch des Nachlasses gegen den Willensvollstrecker anzustellen. In der Erbteilung war dieser Anspruch nicht enthalten. Er steht daher – falls überhaupt – allen Erben gemeinsam zu, die in dieser Beziehung nach wie vor den Regeln der Erbengemeinschaft unterstellt sind (vgl. auch BGE 52 II 195 S. 197 ff.). Dies hat die Vorinstanz in der Erwägung 3c ihres Urteils richtig betont (vgl. in diesem Sinne auch ZR 75 [1976] Nr. 14, S. 31). Richtig ist auch, dass die Zeitdauer seit dem Datum der Erbteilung keine wesentliche Rolle spielt. Das mit der Erbengemeinschaft verbundene Einstimmigkeits-Prinzip und die daraus abgeleitete Pflicht zur Klage im gemeinsamen Namen können zwar als problematisches Prinzip betrachtet werden. Es wurde jedoch vom Gesetzgeber so gewählt. Der Entscheid des Gesetzgebers ist zu respektieren und kann nicht durch eine Befristung der Geltungsdauer ausgehebelt werden.

 

4.4      Die Klägerinnen bringen sodann vor, mit dem Verweis auf BGE 109 II 400 eine Begründung dafür gefunden zu haben, dass „die Lage vor und nach Ausscheidung der Erbanteile eine andere“ sei. Dieser Entscheid betrifft die Sicherstellung der Miterben durch einen nutzniessungsberechtigten Erben. Das Bundesgericht entschied darin, dass zwar jeder Miterbe auf eine solche Sicherstellung klagen könne, dass jedoch bis zur Ausscheidung der einzelnen Nachlassobjekte aufgrund der Teilung sämtliche Miterben in den Prozess einzubeziehen seien (als Kläger oder – sofern sie sich nicht dem Urteil von vorneherein unterziehen wollen – als Beklagte; BGE 109 II 400 E. 2 S. 403). Auch in diesem Fall hat das Bundesgericht zu Recht nicht darauf abgestellt, ob (irgend) ein Teilungsvertrag vorlag, sondern ob die für den Entscheid wesentlichen Objekte des Nachlasses einzelnen Erben zugeteilt worden sind oder nicht. Da im vorliegenden Fall eine „Ausscheidung“ der gegen den Willensvollstrecker allenfalls bestehenden Rückerstattungsansprüche nie erfolgt ist, lässt sich aus dem erwähnten Bundesgerichtsurteil nichts für die Klägerinnen ableiten.

 

4.5      Die Klägerinnen wollen weiter mit dem Zweck des „erbrechtlichen Gesamthandsprinzips“ operieren: So sollen „schädliche Sonderaktionen“ einzelner Gemeinschafter unterbunden werden. Im vorliegenden Fall sei nicht ersichtlich, inwiefern irgendwelche Interessen der Geschwister und der Mutter der Klägerinnen hätten beeinträchtigt werden können. Die Erbteile würden nicht tangiert und es sei allen Beteiligten freigestellt, entweder selber Rückforderungen zu stellen oder darauf zu verzichten.

 

Die Überlegung, wonach das Gesamthandprinzip lediglich den Schutz bezwecke, schädliches Handeln der einzelnen Beteiligten zu verhüten, wird tatsächlich in der Literatur angestellt. In BGE 121 III 118 E. 3 S. 121 ist diese Überlegung aufgenommen worden und es wurde in diesem Entscheid als Belegstelle auf den sachenrechtlichen Kommentar von Meier-Hayoz verwiesen, der in Note 11 zu Art. 653 ZGB (nicht in Note 6, wie dort erwähnt) ausführt, dass die Massnahmen „eines Einzelnen, die sich als Fürsorge für die gemeinschaftliche Sache darstellen“, von Gesetzes wegen zulässig sein sollten. Meier-Hayoz stellt diese Überlegung im Zusammenhang mit der Frage von Klagebefugnissen eines einzelnen Gemeinschafters an. Mit ähnlichen Überlegungen lässt sich auch die These begründen, dass jedenfalls im Fall von Verantwortlichkeitsklagen gegen einen Willensvollstrecker jeder einzelne Erbe die Legitimation zur Klage haben soll. Diese These, welche die Klägerinnen auch erwähnen, wird in neuerer Zeit von Künzle vertreten (Der Willensvollstrecker, a.a.O., S. 335, Anm. 527; ders., Berner Kommentar, a.a.O., Art. 517 – 518 N 422; die Autoren Karrer/Vogt/Leu haben sich dieser Meinung in der 4. Auflage des Basler Kommentars zum ZGB angeschlossen, vgl. Art. 518 ZGB N 113). Künzle verweist auf die aktienrechtliche Bestimmung des Art. 706 OR und auf die actio pro socio im Gesellschaftsrecht. Diese Hinweise sind allerdings wenig überzeugend: Erbengemeinschaften und Aktiengesellschaften sind sehr unterschiedliche Gebilde und es lassen sich nicht Gesetzesbestimmungen aus dem einen Gebiet ohne weiteres in das andere Gebiet übertragen. Die actio pro socio ist nach üblicher Auffassung eine Klage einzelner Gesellschafter gegen andere Gesellschafter, nicht aber gegen Dritte (vgl. Hartmann, Zur actio pro socio im Recht der Personengesellschaften, ZSR 124 [2005] I S. 397 ff., insbesondere S. 399; Fellmann/Müller, Berner Kommentar, Bern 2006, Art. 530 N 635 ff.).

 

Die Vorinstanz hat sich mit dem Hinweis der Klägerinnen auf den Vorschlag von Künzle nicht näher auseinandergesetzt. Sie hat lediglich betont, dass sich dieser Vorschlag auf eine Schadenersatzklage beziehe und dass es vorliegend nicht um Schadenersatz gehe. Formell trifft die Überlegung der Vorinstanz zu. Indessen ist nicht zu übersehen, dass die Interessenlage bei Ansprüchen aus Verantwortlichkeit eines Willensvollstreckers und bei Ansprüchen aus zuviel bezogenem Honorar des Willensvollsteckers dieselbe ist. Wenn im einen Fall die Klagelegitimation eines einzelnen Erben bejaht wird, ist (an sich) denkbar, dies auch im anderen Fall zu tun. Es stellt sich daher die grundsätzliche Frage, ob es richtig ist, an der bisherigen strengen Praxis der Notwendigkeit gemeinschaftlicher Klage im Erbrecht festzuhalten oder ob Lockerungen vorzunehmen sind, wie sie von Künzle vorgeschlagen worden sind. Entsprechende Anregungen wurden schon in früheren Jahren immer wieder gemacht. Es sei etwa auf den Aufsatz von Jost, Die Aktivlegitimation des Miterben zu erbrechtlichen Klagen, SJZ 46 (1950) S. 149 ff. verwiesen. Solche Auffassungen konnten namentlich damit begründet werden, dass das deutsche Recht eine Klagbefugnis einzelner Erben akzeptiert. § 2039 Satz 1 BGB lautet: „Gehört ein Anspruch zum Nachlass, so kann der Verpflichtete nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten und jeder Miterbe nur die Leistung an alle Erben fordern“. Das Bundesgericht hat es allerdings in einer schon sehr alten Praxis abgelehnt, den einzelnen Erben die Klagelegitimation zuzusprechen. Es sei auf die Urteile BGE 50 II 216 E. 1 S. 221, 52 II 195 S. 199 f. und 54 II 197 E. 1 S. 200 f. hingewiesen. Auch in neuerer Zeit hat das Bundesgericht diese Auffassung bekräftigt (BGE 121 III 118 E. 3 S. 121 f.).

 

Es geht bei den genannten Vorschlägen im Grund um eine Lockerung des Einstimmigkeitsprinzips, das im Rahmen des schweizerischen Erbrechts für die Erbengemeinschaft normiert worden ist (vgl. E. Staehelin/Schweizer, in: Sutter-Somm/
Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich 2010, Art. 70 ZPO N 44). Es handelt sich dabei um eine „schwerfällige Gestaltung“, die immer wieder auf Kritik stösst. Der Grund für diese Gestaltung wird zu Recht darin gesehen, dass die Erbengemeinschaft ein Zwangsverband ist. Es soll daher keinem Erben „der Wille des anderen aufgezwungen werden“. Dem Einzelnen steht es allerdings frei, die Teilung dieses Zwangsverbandes zu verlangen und daher nicht mehr dem schwerfälligen Regime zu unterstehen (Druey, Grundriss des Erbrechtes, 5. Auflage, Bern 2002, § 14 N 25). Folgt man dieser Überlegung, so lässt sich als Grund für die Einstimmigkeit nicht mehr nur das (finanzielle) Interesse, schädliches Handeln von Einzelnen zu verhindern, angeben. Der Grund erweitert sich vielmehr auf die gesamten Interessen jedes Einzelnen. Dieser soll auch Prozesse eines einzelnen Miterben verhindern können, ohne hierfür finanzielle Interessen angeben zu müssen. Als Konsequenz ergibt sich, dass das Erfordernis des gemeinschaftlichen prozessualen Vorgehens als berechtigt anzusehen ist und Ausnahmen davon nur zu befürworten sind, wenn Dringlichkeit herrscht, wenn alle Erben unmittelbar oder mittelbar in das Verfahren einbezogen sind oder wenn Informationsansprüche geltend gemacht werden (BGE 121 III 118 E. 3 S. 121 f.). Weitere Ausnahmen – wie eben etwa die von Künzle postulierte Klaglegitimation zur Verfolgung von Schadenersatzansprüchen gegen den Willensvollstrecker – sind abzulehnen. Ihre Berechtigung ist selbstverständlich nicht grundsätzlich zu leugnen. Sie wären jedoch nicht durch ein Gericht zu realisieren, sondern müssten vom Gesetzgeber angeordnet werden.

 

Es ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass die Klaglegitimation einzelner Miterben zur Verfolgung von Verantwortlichkeitsansprüchen in der Literatur nur unter der Voraussetzung bejaht wird, dass die Klage auf Leistung an die Erbengemeinschaft gerichtet ist. Dies gilt selbstverständlich auch dann, wenn sich ein Verantwortlichkeitsanspruch nicht auf eine Vertragsverletzung, sondern auf eine unerlaubte Handlung abstützt, wie die Klägerinnen dies vorliegend geltend machen (Appellationsbegründung S. 18). Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Die Klägerinnen verlangen die Zahlung der Klagsumme an sich selber. Die Klage wäre demzufolge selbst dann abzuweisen, wenn die Aktivlegitimation gemäss dem Vorschlag von Künzle bejaht werden sollte (vgl. in diesem Sinne schon: BGE 41 II 21 E. 2 S. 28 f.).

 

4.6      Es ist im Übrigen auch die Frage aufzuwerfen, ob sich die Verpflichtung zu gemeinsamem Vorgehen nicht auch aus den Rechtsregeln über die einfache Gesellschaft ergibt. Die testamentarische Anordnung der Willensvollstreckung durch den verstorbenen B._____  konnte sich nur auf den Nachlass beziehen. Diesem Nachlass gehörten die Rechte seiner Ehefrau am Gemeinschaftsgut nicht an. Ein Willensvollstrecker ist zwar befugt und verpflichtet, sich bei einer durch den Tod erforderlichen güterrechtlichen Auseinandersetzung zu beteiligen. Er tut dies dann als Vertreter der Erben. Der Nachlass, den er zu verwalten und dessen Teilung er zu vollziehen hat, bezieht sich nur auf den güterrechtlichen Anteil, der diesem Nachlass aufgrund der güterrechtlichen Auseinandersetzung zugeteilt worden ist (Künzle, Berner Kommentar, a.a.O., Art. 517 – 518 ZGB N 282 ff.).

 

Im vorliegenden Fall hat der Willensvollstrecker seinen Auftrag offensichtlich nicht nur auf den Nachlass, sondern auch auf den der Witwe am Gesamtgut zustehenden Anteil bezogen. Dementsprechend hat er auch in seiner Rechnung einen Interessewertzuschlag erhoben, der sich auf die Aktiven des ehelichen Vermögens, nicht nur auf die Aktiven des Nachlasses bezog. Diese Abrechnungsart entsprach offensichtlich auch der Vorstellung aller Beteiligten. Die Witwe des Erblassers war die hauptsächliche Ansprechpartnerin des Beklagten, obwohl sie nicht Erbin war, sondern vom Beklagten richtigerweise als „Vermögensteilhaberin“ bezeichnet wurde (vgl. Klagbeilage 1, Seite 2). Der Willensvollstrecker rechnete in einem gemeinsamen Dokument über die „güterrechtliche und erbrechtliche Teilung“ ab, sah sich also als beauftragt an, bei der Verwaltung und Teilung des ehelichen Vermögens in einem stärkeren Ausmass mitzuwirken, als dies seinem Auftrag als Willensvollstrecker im Nachlass des B._____  entsprach. Die rechtliche Grundlage solchen Wirkens musste in einem Auftrag liegen, der dem Beklagten durch die Witwe erteilt worden war (vgl. Künzle, Berner Kommentar, a.a.O., Art. 517 – 518 ZGB N 283). Die Erben – also die fünf Nachkommen – waren mit dieser Auftragserteilung einverstanden, womit ein gemeinsamer Auftrag angenommen werden kann. Bei solcher gemeinsamer Auftragserteilung ist es zwar nicht notwendig, dass die verschiedenen Auftraggeber eine einfache Gesellschaft bilden; es ist aber als die übliche rechtliche Konstruktion anzusehen (Fellmann, Berner Kommentar, Bern 1992, Art. 403 OR N 21 ff.). Haben somit die Erben und die Witwe im Sinne einer einfachen Gesellschaft zusammengewirkt, sind sie auch in diesem gemeinschaftlichen Verhältnis dem Grundsatz der Einstimmigkeit unterworfen, mit der Folge, dass ein rechtliches Vorgehen gegen den Beauftragten nur gemeinsam, d. h. mit einer von ihnen allen erhobenen gemeinsamen Klage möglich und zulässig ist (Fellmann/Müller, Berner Kommentar, Art. 530 OR N 627; Ruggle, Basler Kommentar ZPO, a.a.O., Art. 70 ZPO N 9; E. Staehelin/Schweizer, a.a.O., Art. 70 ZPO N 41; vgl. im Übrigen auch die prozessrechtlichen Probleme bei Klagen mehrerer Mieter in MRA 2011 S. 48, 51 betreffend BGE 136 III 431 ff. mit Bemerkungen von Giavarini). Solange die Witwe bei einer solchen Klage nicht als Mitklägerin mitwirkt, fehlt den übrigen Gesellschaftern die erforderliche Aktivlegitimation, womit die Klage auch unter diesem Gesichtspunkt abzuweisen ist (E. Staehelin/Schweizer, a.a.O., Art. 70 ZPO N 56).

 

4.7      Zusammenfassend kann damit auf das Feststellungsbegehren nicht eingetreten werden und ist das Leistungsbegehren mangels Aktivlegitimation abzuweisen. Dies führt zur Abweisung der Appellation und zur Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

 

5.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Klägerinnen die Kosten des zweit-instanzlichen Verfahrens. Die Vorinstanz hat bezüglich der Streitwertberechnung zu Recht auf das Feststellungsbegehren abgestellt (vgl. Entscheid S. 9). Es ist daher von einem Streitwert von CHF 290'000.– auszugehen. Die erstinstanzliche Gebühr konnte damit zwischen CHF 8'000.– und CHF 17'000.– liegen; die Vorinstanz hat diese Kosten mit CHF 11'300.– beziffert. Das Appellationsgericht darf das Eineinhalbfache dieses Betrags in Rechnung stellen (§ 11 Ziff. 1 der Verordnung über die Gerichtsgebühren, GebVO; SG 154.810); es resultiert somit eine leicht gerundete, dem Kostenvorschuss entsprechende Gebühr von CHF 17’000.–, inklusive Auslagen.

 

Die Klägerinnen haben im Weiteren die ausserordentlichen Kosten beider Parteien zu tragen. Da die Vertreterin des Beklagten keine Honorarnote eingelegt hat, kann vorliegend auf die Festsetzung einer bezifferten Parteientschädigung verzichtet werden.

 

 

Demgemäss erkennt das Appellationsgericht:

 

://:        Das erstinstanzliche Urteil wird bestätigt.

 

            Die Appellantinnen tragen die Gerichtskosten des zweitinstanzlichen Verfahrens von CHF 17'000.– sowie die ausserordentlichen Kosten.

 

 

APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT

 

Die Gerichtsschreiberin

 

 

Dr. Caroline Meyer Honegger

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes [BGG] innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Zivilsachen erhoben werden. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten gilt dies nur dann, wenn der Streitwert die Beschwerdesumme gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. a oder b BGG erreicht (CHF 15'000.– bei Streitigkeiten aus Miete oder Arbeitsverhältnis bzw. CHF 30'000.– in allen übrigen Fällen) oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.

 

Ob an Stelle der Beschwerde in Zivilsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in Zivilsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.