Geschäftsnummer: IV.2021.178 (SVG.2022.123)
Instanz: Sozialversicherungsgericht
Entscheiddatum: 30.03.2022 
Erstpublikationsdatum: 18.10.2022
Aktualisierungsdatum: 11.05.2023
Titel: Valideneinkommen bei selbstständiger Erwerbstätigkeit; leidensbedingter Abzug (Bundesgerichtsurteil 8C_396/2022 vom 21.04.23)
 
 

Sozialversicherungsgericht

des Kantons Basel-Stadt

 

 

 

URTEIL

 

vom 30. März 2022

 

 

Mitwirkende

 

lic. iur. R. Schnyder (Vorsitz), C. Müller, Dr. med. F. W. Eymann     

und Gerichtsschreiberin MLaw L. Marti

 

 

 

 

Parteien

 

A____

  

vertreten durch B____   

                                                                                                 Beschwerdeführer

 

 

 

IV-Stelle Basel-Stadt

Rechtsdienst, Aeschengraben 9, Postfach, 4002 Basel   

                                                                                            Beschwerdegegnerin

 

 

Gegenstand

 

IV.2021.178

Verfügung vom 5. Oktober 2021

Valideneinkommen bei selbstständiger Erwerbstätigkeit; leidensbedingter Abzug

 


Tatsachen

I.        

a)           Der 1982 geborene Beschwerdeführer war, nachdem er sein Studium abgebrochen hatte, ab 2010 als Betreiber des C____ selbständig erwerbend (vgl. Anmeldung für Erwachsene vom 7. März 2019, Akte 2 der Eigenössischen Invalidenversicherung). Im September 2016 wurde beim Beschwerdeführer Multiple Sklerose diagnostiziert (vgl. Bericht des D____spitals [...] vom 29. September 2016, IV-Akte 21, S. 6 ff.). Seit diesem Zeitpunkt gilt der Beschwerdeführer aus neurologischer Sicht in der angestammten Tätigkeit als 100 % arbeitsunfähig (vgl. Urteil des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt IV.2019.116 vom 18. Dezember 2019 E. 3.3., IV-Akte 67, S. 9).

b)           Am 7. März 2017 meldete sich der Beschwerdeführer bei der Beschwerdegegnerin zum Leistungsbezug an (IV-Akte 2). Die Beschwerdegegnerin leitete daraufhin Abklärungen ein. Mit Mitteilung vom 2. Mai 2017 informierte sie den Beschwerdeführer, dass zurzeit keine Eingliederungsmassnahmen angezeigt seien und eine Rente geprüft werde (IV-Akte 12).

c)            Im Rahmen ihrer Abklärungen veranlasste die Beschwerdegegnerin zunächst eine neurologische und anschliessend eine psychiatrische Begutachtung (vgl. Mitteilungen vom 25. Juni 2016 und vom 23. Oktober 2016, IV-Akten 39 und 46). Basierend auf einer bidisziplinären Begutachtung (neurologisches Gutachten von Dr. med. E____, Facharzt FMH Neurologie, vom 19. Oktober 2018, IV-Akte 42, und psychiatrisches Gutachten von Dr. med. F____, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 2. Januar 2019, IV-Akte 48) teilte die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer mit Vorbescheid vom 25. März 2019 mit, dass sie ihm keine Invalidenrente zuzusprechen gedenke (IV-Akte 53). Dies bestätigte sie mit Verfügung vom 28. Mai 2019 (IV-Akte 55). Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt hiess die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde (Akte 59) mit Urteil IV.2019.116 vom 18. Dezember 2019 gut und wies die Sache zur Einholung eines neuen psychiatrischen Gutachtens und zum Erlass einer neuen Verfügung an die Beschwerdegegnerin zurück (IV-Akte 67). Diese veranlasste in der Folge eine erneute psychiatrische Begutachtung bei Dr. med. univ. G____, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie (vgl. Gutachten vom 10. Mai 2021, IV-Akte 93). Unter anderem gestützt auf das neue Gutachten verneinte die Beschwerdegegnerin mit Vorbescheid vom 15. Juli 2021 und Verfügung vom 5. Oktober 2021 einen Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Invalidenrente der IV (IV-Akten 105 und 109).

II.       

a)           Mit Beschwerde vom 8. November 2021 beim Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt lässt der Beschwerdeführer folgende Rechtsbegehren stellen:

1.    Die Verfügung vom 5. Oktober 2021 sei aufzuheben und es sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, dem Beschwerdeführer ab 1. September 2017 basierend auf einem Invaliditätsgrad von mindestens 50 % mindestens eine halbe Invalidenrente und ab 1. Januar 2019 basierend auf einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 % mindestens eine Viertelsrente zuzusprechen und auszurichten.

2.    Es seien dem Beschwerdeführer der Kostenerlass und die unentgeltliche Rechtsvertretung durch B____ zu gewähren.

3.    Unter o/e-Kostenfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

b)           Die Beschwerdegegnerin schliesst mit Beschwerdeantwort vom 25. November 2021 auf Abweisung der Beschwerde.

c)            Mit Replik vom 23. Dezember 2021 und Duplik vom 25. Januar 2022 halten die Parteien an ihren im ersten Schriftenwechsel gestellten Rechtsbegehren fest.

III.     

Mit Verfügung vom 6. Dezember 2021 bewilligt die Instruktionsrichterin dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Prozessführung und die unentgeltliche Vertretung durch B____.

IV.     

Nachdem keine der Parteien die Durchführung einer Parteiverhandlung verlangt hat, findet am 30. März 2022 die Urteilsberatung durch die Kammer des Sozialversicherungsgerichts statt.

Entscheidungsgründe

1.                

1.1.          Das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt ist gemäss Art. 57 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) in Verbindung mit § 82 Abs. 1 des basel-städtischen Gerichtsorganisationsgesetzes vom 3. Juni 2015 (GOG; SG 154.100) und § 1 Abs. 1 des kantonalen Sozialversicherungsgerichtsgesetzes vom 9. Mai 2001 (SVGG; SG 154.200) in sachlicher Hinsicht als einzige kantonale Instanz zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 69 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20).

1.2.          Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben (Art. 60 ATSG) und auch die übrigen formellen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Infolgedessen ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.                

2.1.          Die Beschwerdegegnerin stellte in medizinischer Hinsicht im Wesentlichen auf die Gutachten von Dr. med. E____ und Dr. med. univ. G____ ab. Beim Einkommensvergleich berechnete sie das Valideneinkommen basierend auf dem in den Jahren 2012 bis 2014 vom Beschwerdeführer tatsächlich erzielten Einkommen. Das Invalideneinkommen berechnete sie basierend auf der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2016 bzw. 2018, Tabelle TA1, Total Männer, Kompetenzniveau 1. Einen Abzug vom Tabellenlohn erachtete sie nicht als gerechtfertigt. Basierend darauf schloss die Beschwerdegegnerin auf einen Invaliditätsgrad von 11 % ab September 2018 und ab Januar 2019 auf einen solchen von 0 %. Demzufolge verneint sie einen Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Invalidenrente.

2.2.          Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdegegnerin habe sein Valideneinkommen nicht korrekt berechnet. Es dürfe nicht auf den tatsächlichen Lohn abgestellt werden, sondern es müsste auch für das Valideneinkommen der Tabellenlohn gemäss LSE 2016, Tabelle TA1, Total Männer, Kompetenzniveau 1 beigezogen werden. Zudem sei ein leidensbedingter Abzug von mindestens 10 % gerechtfertigt. Somit habe er ab September 2017 einen Anspruch auf eine halbe Invalidenrente, bzw. unter Berücksichtigung eines Abzugs von 10 % auf eine Dreiviertelsrente, und ab Januar 2019 einen Anspruch auf eine Viertelsrente, bzw. unter Berücksichtigung eines Abzugs von 10 % auf eine halbe Rente.

2.3.          Streitig ist, ob der Beschwerdeführer einen Anspruch auf eine Invalidenrente hat. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob die Beschwerdegegnerin das Valideneinkommen des Beschwerdeführers korrekt festgesetzt hat.

3.                

3.1.          Nach den allgemeinen intertemporalrechtlichen Grundsätzen sind der Beurteilung einer Sache jene Rechtsnormen zugrunde zu legen, die in Geltung standen, als sich der zu den materiellen Rechtsfolgen führende und somit rechtserhebliche Sachverhalt verwirklichte (vgl. BGE 140 V 41, 44, E. 6.3.1 mit Hinweisen). Demnach sind vorliegend die Bestimmungen des ATSG, des IVG, der Verordnung vom 17. Januar 1961 (IVV; SR 831.201) in der bis Ende 2021 geltenden Fassung anwendbar. Sie werden im Folgenden jeweils in dieser Version wiedergegeben, zitiert und angewendet.

3.2.          Eine versicherte Person hat nach Art. 28 Abs. 1 IVG Anspruch auf eine Invalidenrente der Invalidenversicherung, wenn sie ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wiederherstellen, erhalten oder verbessern kann (lit. a), während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 % arbeitsunfähig im Sinne von Art. 6 ATSG war (lit. b) und auch nach Ablauf dieses Jahres noch zu mindestens 40 % invalid (Art. 8 ATSG) ist (lit. c). Sie hat Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn sie zu mindestens 70 % invalid ist, auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie zu mindestens 60 %, auf eine halbe Rente, wenn sie zu mindestens 50 % und auf eine Viertelsrente, wenn sie zu mindestens 40 % invalid ist (Art. 28 Abs. 2 IVG). Der Anspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs gemäss Artikel 29 Abs. 1 ATSG (Art. 29 Abs. 1 IVG).

Eine Verbesserung der Erwerbsfähigkeit ist von dem Zeitpunkt an zu berücksichtigen, in dem angenommen werden kann, dass sie voraussichtlich längere Zeit dauern wird. Sie ist in jedem Fall zu berücksichtigen, nachdem sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate angedauert hat und voraussichtlich weiterhin andauern wird (Art. 88a Abs. 1 IVV).

3.3.          Für die Bemessung des Invaliditätsgrads von erwerbstätigen Versicherten ist Art. 16 ATSG, also die allgemeine Methode des Einkommensvergleichs, anwendbar (Art. 28a Abs. 1 IVG). Demnach wird das Erwerbseinkommen, welches die Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung sowie allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt verdienen könnte (Invalideneinkommen), zu dem Erwerbseinkommen in Beziehung gesetzt, das sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erzielen würde, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen).

3.4.          Ein leidensbedingter Abzug vom statistischen Lohn kann gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in einer Höhe von maximal 25% gewährt werden, wenn bei einer versicherten Person Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie ihre (Rest-)Arbeitsfähigkeit aufgrund bestimmter Merkmale auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem Erfolg verwerten kann. Also wenn sie im Vergleich mit voll leistungsfähigen und entsprechend einsetzbaren Arbeitnehmern lohnmässig benachteiligt ist. Merkmale die – einzeln oder in Kombination – zu einem derartigen Abzug führen können, sind das Alter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Nationalität oder die Aufenthaltskategorie oder der Beschäftigungsgrad (BGE 135 V 297, 301 E. 5.2, BGE 129 V 472, 481 E. 4.2.3 und BGE 126 V 75, 78 ff. E. 5a und 5b).

Die Frage, ob ein leidensbedingter Abzug gemacht werden muss, ist rechtlicher Natur, während die Frage nach dessen Höhe eine Ermessensfrage ist (BGE 132 V 393, 399 E. 3.3). Dabei darf das Sozialversicherungsgericht sein Ermessen nicht ohne triftigen Grund an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen. Weicht das Gericht in seinem Ermessen von der Verwaltung ab, muss es sich auf Gegebenheiten abstützen können, welche seine Ermessensausübung als naheliegender erscheinen lassen (BGE 123 V 150,152 E. 2 mit Hinweisen).

4.                

4.1.          Die Beurteilung sozialversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche, namentlich des Anspruchs auf eine Invalidenrente, bedarf verlässlicher medizinischer Entscheidungsgrundlagen (BGE 134 V 231, 232 E. 5.1). Daher ist auch im Folgenden – auch wenn diese nicht umstritten sind und im Sinne der gerichtlichen Untersuchungspflicht – darauf einzugehen.

4.2.          Was zunächst die psychiatrischen Aspekte betrifft, so stellte Dr. med. univ. G____ in seinem psychiatrischen Gutachten vom 10. Mai 2021 folgende Diagnosen (IV-Akte 93, S. 14):

Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit:

-    Leicht ausgeprägtes ängstlich-depressives Zustandsbild, a.e. im Sinne einer prolongierten Anpassungsstörung (ICD-10: F43.22) bei

-    Multiple Sklerose

Diagnose ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit:

-    Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak: schädlicher Gebrauch oder Abhängigkeitssyndrom (ICD-10 F17.1 bzw. F17.2).

Hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit erklärte Dr. med. univ. G____, beim Beschwerdeführer könne aus rein psychiatrischer Sicht eine Arbeitsunfähigkeit von 20 %, bezogen auf ein Vollzeitpensum, begründet werden.

Zum zeitlichen Verlauf führte er aus, die damals behandelnde Psychologin (gemeint sein muss lic. phil. H____) sei in ihrem Bericht vom Mai 2018 von «einer etwa 50%igen Arbeitsunfähigkeit in einer (körperlich?) angepassten Tätigkeit» ausgegangen. Im Übrigen sei die Arbeitsunfähigkeit in den Akten neurologisch begründet. Bei der Anpassungsstörung sei eine zunächst höhere Arbeitsunfähigkeit von maximal 50 % (bezogen auf ein Vollzeitpensum) nachvollziehbar. In den Monaten nach dem Bericht der Psychologin von Mai 2018 habe sich der Zustand des Beschwerdeführers offenbar gebessert, sodass Anfang 2019 keine Anschlussbehandlung mehr aufgegleist worden sei. Demzufolge könne angenommen werden, dass im Verlauf des Jahres 2018 die (psychiatrisch begründete) Arbeitsunfähigkeit auf die aktuellen 20 % habe reduziert werden können.

Die im neurologischen Gutachten von Dr. med. E____ attestierte 40%ige Arbeitsunfähigkeit sei wesentlich durch die Fatigue, aber auch durch die psychische Belastung begründet. Eine darüberhinausgehende Arbeitsunfähigkeit (von mehr als 40 %) ergebe sich aufgrund der psychiatrischen Situation nicht.

Die bisherige Tätigkeit als Betreiber eines Handyshops (ohne Ausbildung) könne als recht gut leidensangepasst betrachtet werden. Die Selbständigkeit biete die Möglichkeit, Arbeitszeiten/Pausen etc. wesentlich mitzubestimmen. Dem stehe ein erhöhter Budgetdruck oder Druck zur Kundenakquise gegenüber. Eine grundlegend abweichende Arbeitsunfähigkeit in einer anderweitig angepassten Tätigkeit sei nicht anzunehmen (IV-Akte 93, S. 17).

Dr. med. I____, Facharzt FMH für Allgemeinmedizin, zertifizierter medizinischer Gutachter SIM, des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD) kam in seinem Bericht vom 17. Mai 2021 zum Schluss, dass auf das GA [Gutachten] von Dr. med. G____ abgestellt werden könne. Zur Arbeitsfähigkeit in einer Verweistätigkeit erklärte er, vom 15. September 2017 bis zum 31. Dezember 2018 sei (aus psychiatrischer Sicht) von einer Arbeitsfähigkeit von 50 % auszugehen. Ab 1. Januar 2019 sei (aus konsensualer Sicht) von einer solchen von 60 % auszugehen (IV-Akte 95, S. 2).

Nach Eingang eines Berichts der Psychologin J____, eidg. dipl. Psychotherapeutin, vom 5. Juli 2021 (IV-Akte 102), hielt Dr. med. I____ fest, der psychische Gesundheitszustand sei unverändert. Die versicherungsmedizinisch relevante zumutbare Leistungsfähigkeit werde von der nichtärztlichen Psychotherapeutin einfach anders beurteilt als vom Facharzt und Gutachter Dr. med. univ. G____ (RAD-Bericht vom 14. Juli 2021, IV-Akte 104, S. 2).

4.3.          Die Beweistauglichkeit dieses Gutachtens ist zu Recht nicht umstritten. Es ist für die streitigen Belange umfassend und beruht auf allseitigen Untersuchungen. Es wurde in Kenntnis der Vorakten erstellt und auch die geklagten Beschwerden werden im Gutachten berücksichtigt. Die Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge ist einleuchtend und die Schlussfolgerungen sind begründet und nachvollziehbar. Auch die von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei allen psychischen Diagnosen verlangte Prüfung der Standardindikatoren gemäss BGE 141 V 281, 297 f. E. 4.1.3 (vgl. auch BGE 143 V 409 und BGE 143 V 418) wurde durchgeführt. In formaler Hinsicht entspricht das Gutachten somit den Anforderungen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gemäss BGE 125 V 351, 352 E. 3a. Auch die Stellungnahmen des RAD-Arztes Dr. med. I____ vom 17. Mai 2021 und vom 17. Juni 2021 sind nachvollziehbar und werden zu Recht nicht beanstandet.

4.4.          In Bezug auf die neurologische Beurteilung hat das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt bereits in seinem Urteil IV.2019.116 vom 18. Dezember 2019 festgehalten, gesamthaft betrachtet könne auf das Gutachten von Dr. med. E____ vom 19. Oktober 2018 (IV-Akte 42) abgestellt werden. Der Beginn der Arbeitsfähigkeit sei indes auf September 2016 festzusetzen. (vgl. E. 3.5. des Urteils). Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer (aufgrund der Multiplen Sklerose) aus neurologischer Sicht ab dem genannten Zeitpunkt in seiner angestammten Tätigkeit zu 100 % arbeitsunfähig und in einer leidensangepassten Tätigkeit zu 60 % arbeitsfähig sei (vgl. E. 3.3. des Urteils). Das Urteil des Sozialversicherungsgerichts ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen, weshalb darauf abzustellen ist.

Im RAD-Bericht vom 17. Juni 2021 erklärte Dr. med. I____ sodann, der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers habe sich seit der neurologischen Begutachtung durch Dr. med. E____ nicht relevant verändert. In den Verlaufsberichten der Neurologie des D____spitals [...] und v.a. auch im letzten Arztbericht vom 28. März 2021 werde ein unveränderter neurologischer Gesundheitszustand angegeben (IV-Akte 101).

Dies bedeutet, es ist davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer aus neurologischer Sicht seit September 2016 nicht mehr zumutbar ist, als selbständig erwerbender Geschäftsführer eines kleinen Unternehmens in der Mobiltelefonbrache zu arbeiten (vgl. dazu neurologisches Gutachten vom 19. Oktober 2018, IV-Akte 42, S. 16). Für eine angepasste Tätigkeit erstellte Dr. med. E____ folgendes Profil: Die Tätigkeit sollte keine hohe Anforderungen an Entscheidungskompetenzen und Verantwortungsübernahme für die administrativen Aufgaben eines Geschäftsführers stellen. Es sollte sich um eine Tätigkeit in angestellter Funktion handeln, ohne Zeitdruck und mit geeignetem Pausenmanagement. Sie sollte nicht mit überdurchschnittlichen kognitiven und emotionalen Belastungen einhergehen und Tätigkeiten mit überdurchschnittlicher/schwerpunktmässiger visueller Belastung der Gleichgewichtsfunktionen sollten vermieden werden (vgl. neurologisches Gutachten, IV-Akte 42, S. 17).

4.5.          Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Multiplen Sklerose seit September 2016 in seiner angestammten Tätigkeit als Geschäftsführer zu 100 % arbeitsunfähig, in einer adaptierten Tätigkeit zu 60 % arbeitsfähig ist. Vom 15. September 2017 bis zum 31. Dezember 2018 ist von einer psychisch bedingten Arbeitsunfähigkeit in jeglicher Tätigkeit von 50 % auszugehen. Ab dem 1. Januar 2019 ist die psychiatrisch attestierte Arbeitsunfähigkeit von 20 % tiefer als die neurologisch attestierte Arbeitsunfähigkeit von 40 %, weshalb auf eine Arbeitsfähigkeit in einer adaptierten Tätigkeit von 60 % abzustellen ist.

5.                

5.1.          5.1.1.  Bei den vom Beschwerdeführer kritisierten Einkommensvergleichen ab 2017 und ab 2019 berechnete die Beschwerdegegnerin das Valideneinkommen – wie erwähnt – anhand des tatsächlichen Einkommens des Beschwerdeführers in den Jahren 2012 bis 2014. Basierend auf dem Auszug aus dem individuellen Konto (IK-Auszug; vgl. IV-Akte 5) ging sie für die Berechnung per September 2017 (Ablauf des Wartejahres) von folgenden Beträgen aus (vgl. dazu auch Abklärungsbericht Selbständigerwerbende vom 21. November 2017, IV-Akte 22).

für das Jahr 2012 Fr. 32'300.00 zuzüglich 2.05 % Teuerung, total Fr. 33'253.00;

für das Jahr 2013 Fr. 32'700.00 zuzüglich 2.21 % Teuerung, total Fr. 33'423.00;

für das Jahr 2014 Fr. 46'200.00 zuzüglich 0.98 % Teuerung, total Fr. 46'653.00.

Daraus schloss sie (bei einem Total von Fr. 113'329.00 in diesen drei Jahren) auf einen durchschnittlichen Jahresverdienst und damit auf ein Invalideneinkommen [recte: Valideneinkommen] im Jahr 2017 von Fr. 37'776.00.

Für die Berechnung ab Januar 2019 stellte sie auf folgende Beträge ab:

für das Jahr 2012 Fr. 32'300.00 zuzüglich 4.91 % Teuerung, total Fr. 33'886.00;

für das Jahr 2013 Fr. 32'700.00 zuzüglich 4.15 % Teuerung, total Fr. 34'057.00;

für das Jahr 2014 Fr. 46'200.00 zuzüglich 2.9 % Teuerung, total Fr. 47'540.00.

Bei einem Total von Fr. 115'483.00 über diese drei Jahre stellte sie auf ein jährliches Einkommen von Fr. 38'494.00 ab.

5.1.2.  Dem Invalideneinkommen legte die Beschwerdeführerin – wie ebenfalls erwähnt – den Zentralwert der LSE zugrunde. Für die Berechnung des Invaliditätsgrades ab September 2017 stellte sie auf LSE 2016, Tabelle TA1, Total Männer, Kompetenzniveau 1 (Fr. 5'340.00), mit Umrechnung von 40 auf 41.7 Wochenstunden, zuzüglich Nominallohnentwicklung bis 2017 von 0.45 % ab und schloss auf eine Invalideneinkommen bei einem Pensum von 50 % von Fr. 33'551.00.

Für die Berechnung ab Januar 2019 stellte die Beschwerdegegnerin auf denselben Tabellenlohn der LSE 2018 (Fr. 5'417.00) ab und schloss unter Umrechnung von 40 auf 41.7 Wochenstunden, zuzüglich Nominallohnentwicklung bis 2019 von 0.9 %, bei einem Pensum von 60 %, auf ein Invalideneinkommen von Fr. 41'026.00.

Ein Vergleich der von der Beschwerdegegnerin berechneten Einkommen ergab einen Invaliditätsgrad von 11 % ab September 2017 und einen solchen von 0 % ab Januar 2019 (vgl. zum Ganzen Verfügung vom 5. Oktober 2017, IV-Akte 109).

5.2.          Der Beschwerdeführer kritisiert, zunächst, die Beschwerdegegnerin verstosse gegen die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die ersten Jahre nach Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit für die Höhe der erreichbaren Einkünfte nicht repräsentativ seien. Es sei keinesfalls davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer freiwillig mit dem tiefen Einkommen als Selbständigerwerbender zufriedengegeben hätte. Er hätte den C____ auch ohne Gesundheitsbeeinträchtigung nicht weitergeführt, da diese Tätigkeit nicht rentiert habe. Sodann sei es verfehlt, für die Berechnung des Valideneinkommens auf Einkünfte abzustellen, die in einer Phase erzielt worden seien, in welcher bereits gesundheitliche Beeinträchtigung bestanden hätten. Der Beschwerdeführer habe bereits im Jahr 2014 unter körperlicher Unsicherheit, Zittrigkeit, Schwindelgefühlen, Sichtstörungen und plötzlicher Müdigkeit gelitten. Rückblickend seien somit bereits zu diesem Zeitpunkt erste Symptome der Multiplen Sklerose aufgetreten. Da aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse das ohne Gesundheitsschaden realisierbare Einkommen nicht hinreichend bestimmt werden könne, sei vorliegend auf den gleichen Tabellenlohn abzustellen wie für das Invalideneinkommen.

5.3.          Die Beschwerdegegnerin geht davon aus, dass sich der Beschwerdeführer freiwillig mit dem relativ tiefen Einkommen aus seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit zufriedengegeben hat. Sie weist darauf hin, dass nicht aktenkundig sei, dass er sich um den Wechsel in eine unselbständige Erwerbstätigkeit bemüht habe. Es erscheine zudem nicht als ausgewiesen, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahr 2014 beeinträchtigt gewesen wäre, zumal er in diesem Jahr die höchsten Einkünfte erzielt habe. Indem sie im Übrigen die Jahre 2010 und 2011 bei der Ermittlung des Valideneinkommens nicht einbezogen habe, habe sie berücksichtigt, dass Einkommen aus der Phase des Geschäftsaufbaus nicht repräsentativ seien (vgl. Beschwerdeantwort, Ziff. 11 bis 14). Zusammenfassend hält sie damit an ihrem in der Verfügung festgelegten Valideneinkommen fest.

5.4.          Für die Festsetzung des Valideneinkommens ist gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entscheidend, was die versicherte Person im Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Gesundheitsfall tatsächlich verdient hätte (BGE 135 V 297, 300 E. 5.1 und BGE 134 V 322, 325 E. 4.1). Im Regelfall wird dabei am zuletzt tatsächlich verdienten Einkommen angeknüpft, welches nötigenfalls an die Teuerung und die reale Einkommensentwicklung angepasst wird, da es empirischer Erfahrung entspricht, dass die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein. Dabei ist entscheidend, was die versicherte Person im Zeitpunkt des frühestmöglichen Rentenbeginns im Gesundheitsfall mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit verdient hätte (BGE 139 V 28, 30 E. 3.3.2, BGE 135 V 297, 300 E. 5.1, BGE 135 V 58, 59 E. 3.1 und BGE 134 V 322, 325 E. 4.1). Bei Selbständigerwerbenden kann das Valideneinkommen grundsätzlich auf der Basis der Einträge im IK-Auszug bestimmt werden. Wenn das bis zum Eintritt der Invalidität erzielte Einkommen starke und verhältnismässig kurzfristig in Erscheinung getretene Schwankungen aufweist, ist dabei auf den während einer längeren Zeitspanne erzielten Durchschnittsverdienst abzustellen (Urteil des Bundesgerichts 9C_413/2017 vom 19. September 2017 E. 3.2.2 und 8C_567/2013 vom 30. Dezember 2013 E. 2.2.2 mit Hinweisen).

Es wird jedoch von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht ausgeschlossen, dass auch bei Erwerbstätigen unter Umständen nicht auf das zuletzt erzielte Einkommen abgestellt wird. Bei selbstständig Erwerbstätigen trifft dies dann zu, wenn aufgrund der Umstände mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die versicherte Person im Gesundheitsfall ihre nicht einträgliche Tätigkeit aufgegeben und eine besser entlöhnte Tätigkeit angenommen hätte, oder dann, wenn die vor der Gesundheitsbeeinträchtigung ausgeübte selbstständige Tätigkeit wegen ihrer kurzen Dauer keine genügende Grundlage für die Bestimmung des Valideneinkommen darstellt, zumal in den ersten Jahren nach Aufnahme oder selbstständigen Tätigkeit die Betriebsgewinne üblicherweise aus verschiedenen Gründen gering sind (BGE 135 V 58, 64 E. 3.4.6 mit Hinweisen sowie Urteile des Bundesgerichts 8C_53/2019 vom 9. Mai 2019 E. 6.2.1, 9C_413/2017 vom 19. September 2017 E. 3.2.2 und 8C_567/2013 vom 30. Dezember 2013 E. 2.2.2 mit Hinweisen).

5.5.          Es trifft zu, dass die Beschwerdegegnerin die im IK-Auszug des Beschwerdeführers (IV-Akte 5) in den Jahren 2010 (Fr. 29'400.00) und 2011 (Fr. 9'094.00) eingetragenen Einkommen nicht berücksichtigt hat. Da sie damit berücksichtigt hat, dass sich das Geschäft jedenfalls in diesen Jahren noch im Aufbau befand, erscheint dies soweit richtig. Grundsätzlich entspricht es auch der unter E. 5.4. zitierten Rechtsprechung, dass die Beschwerdegegnerin infolge des (im Verhältnis) grossen Einkommensunterschieds von Fr. 32'300.00 im Jahr 2012 und Fr. 32'700.00 im Jahr 2013 einerseits und Fr. 46'200.00 im Jahr 2014 andererseits, den Durchschnittsverdienst berechnete. Allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass das Einkommen des Beschwerdeführers gemäss seinem IK-Auszug im Jahr 2015 auf Fr. 9'333.00 einbrach (vgl. IV-Akte 5). Dass die Nichtberücksichtigung dieses Einkommens bei der Berechnung des Durchschnittseinkommens zu Gunsten des Beschwerdeführers ist, wenn die Festlegung des Valideneinkommens anhand dessen bestimmt werden soll, ist offensichtlich. Vorliegend stellt sich aber die Frage, ob der Beschwerdeführer angesichts dieses massiven Einbruchs, relativ wenige Jahre nach dem Aufbau des Geschäfts, welches stets nur ein relativ geringes Einkommen abwarf, auch im Gesundheitsfall an dieser Tätigkeit festgehalten hätte.

Wie die Beschwerdegegnerin zu Recht vorbringt, ergeben sich aus den Akten keine eindeutigen Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahr 2014 aufgrund erster Symptome der Multiplen Sklerose eingeschränkt gewesen wäre.

Im Bericht des D____spitals [...] vom 29. September 2016 wurden wechselnde Beschwerden «seit etwa Januar» 2016 erwähnt (IV-Akte 21, S. 6). Auch im Bericht der [...] des K____-Spitals vom 1. März 2018 wurde von Erstsymptomen im Januar 2016 ausgegangen (vgl. IV-Akte 34, S. 1). Diese Angabe übernahm auch der neurologische Gutachter Dr. med. E____ in seinem Gutachten vom 19. Oktober 2018 (IV-Akte 42, S. 12). Echtzeitliche Belege für die Jahre 2014 und 2015 liegen keine vor. Sodann hat das Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt den Beginn der Arbeitsunfähigkeit auf September 2016 festgelegt (vgl. E. 4.4.). Es kann somit nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass der Einbruch des Einkommens im Jahr 2015 (allein) auf gesundheitliche Beschwerden zurückzuführen gewesen wäre. Insbesondere kann nicht angenommen werden, der Beschwerdeführer sei schon im Jahr 2014, als er das höchste Einkommen seiner selbstständigen Tätigkeit überhaupt erzielte, gesundheitlich beeinträchtigt gewesen. Dies bedeutet, dass die deutliche Reduktion des Einkommens bei der Frage, ob sich der Beschwerdeführer im Gesundheitsfall weiterhin mit dem verhältnismässig tiefen Einkommen aus seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit abgefunden hätte, zu berücksichtigen ist. Es fällt auf, dass der Beschwerdeführer in den fünf Jahren seit der Eröffnung des C____ im Jahr 2010 bis zum Symptombeginn etwa im Januar 2016 (also in den Jahren 2010 bis 2015), gemäss den Angaben im IK-Auszug, stets nur ein relativ tiefes Einkommen erzielte. Die in den Jahren 2012 und 2013 gemeldeten Einkommen sind lediglich um die Fr. 3'000.00 höher als jenes im Jahr 2010. Es ist denkbar, dass der Beschwerdeführer aufgrund des Aufwärtstrends ab dem Jahr 2012 auf eine deutliche Verbesserung hoffte, auf welche das Einkommen im Jahr 2014 hinwies; jedoch erscheint es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er seine selbstständige Tätigkeit nach dem erneuten massiven Rückgang des Einkommens im Jahr 2015 auch als Gesunder weiterhin ausgeübt hätte. Zumal dieses Jahreseinkommen nicht einmal Fr. 10'000.00 bzw. weniger als Fr. 800.00 monatlich betrug.

Es kann nicht einfach angenommen werden, dass sich das Geschäft erholt hätte. Dafür bestehen keine Hinweise. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die selbstständige Erwerbstätigkeit aufgegeben hätte, da ein so tiefes Einkommen auf Dauer kein Auskommen gewesen wäre. Der Beschwerdeführer gab denn auch die unrentable selbstständige Erwerbstätigkeit per September 2017 auf (vgl. IK-Auszug, IV-Akte 52, S. 3). Demzufolge kann nicht auf das tatsächliche Einkommen der Jahre 2012 bis 2014 gemäss IK-Auszug abgestellt werden. Vielmehr ist, wie gesagt, von einer Aufgabe der Selbständigkeit auszugehen und damit ein Tabellenlohn beizuziehen.

5.6.          Der Beschwerdeführer hat entsprechend seiner eigenen Angaben keine abgeschlossene Ausbildung (vgl. Anmeldung für Erwachsene vom 7. März 2017, IV-Akte 2, S. 5). Es rechtfertigt sich daher, beim Valideneinkommen auf den Zentralwert der LSE abzustellen, wie dies die Beschwerdegegnerin bereits beim Invalideneinkommen getan hat. Letzteres ist zu Recht unumstritten, da dem Beschwerdeführer in verschiedenen Bereichen eine angepasste Tätigkeit möglich ist (vgl. dazu in BGE 133 V 545 nicht publizierte E. 5.1 und 5.2 des Urteils 9C_237/2007 vom 24. August 2007, vgl. auch Urteil 9C_811/2013 vom 6. Februar 2014 E. 5).

Bestimmen sich beide Vergleichseinkommen ausgehend vom selben Tabellenlohn (sog. Prozentvergleich), erübrigt sich deren genaue Ermittlung. Der Invaliditätsgrad entspricht dem Grad der Arbeitsunfähigkeit (gegebenenfalls unter Berücksichtigung eines leidensbedingten Abzugs; vgl. Urteile des Bundesgerichts 8C_148/2017 vom 19. Juni 2017 E. 4, 9C_532/2016 vom 25. November 2016 E. 3.1., 8C_39/2016 vom 6. April 2016 E. 3.2. und 8C_304/2014 vom 20. April 2015 E. 6.).

5.7.          Zum vom Beschwerdeführer beantragten leidensbedingten Abzug sei festgehalten, dass schwer kalkulierbare Absenzen und Krankheitsschübe grundsätzlich zu einem entsprechenden Abzug vom Tabellenlohn führen können (vgl. Urteile des Bundesgerichts 9C_439/2020 vom 18. August 2020 E. 4.5.2, 9C_414/2017 vom 21. September 2017 E. 4.3 und 9C_728/2009 vom 21. September 2020 E. 4.3.1). Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede Erkrankung, die in Schüben verläuft, zu einem solchen Abzug führt. So hat das Bundesgericht in seinem Urteil 9C_444/2018 vom 17. Oktober 2018 einen leidensbedingten Abzug beim damaligen Beschwerdeführer, der ebenfalls an Multipler Sklerose litt, verneint. Es wies darauf hin, dass den Akten über den bisherigen Verlauf der Multiplen Sklerose keine unvorhersehbaren und unberechenbaren Absenzen vom Arbeitsplatz zu entnehmen seien. Die abstrakte Möglichkeit künftiger schwer kalkulierbarer Abwesenheiten bei Ausübung einer leidensangepassten Erwerbstätigkeit rechtfertige keinen Abzug (vgl. E. 3.2. des Urteils; zum Umstand, dass das Risiko für vermehrte krankheitsbedingte Absenzen praxisgemäss nicht als eigenes Abzugskriterium gilt, vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 8C_91/2018 vom 14. Juni 2018 E. 6.2. mit Hinweisen). Dasselbe gilt auch im vorliegenden Fall: Aus den Akten ergeben sich keine Hinweise auf weitere Schübe seit der Begutachtung, vielmehr ist darauf zu schliessen, dass der Zustand des Beschwerdeführers aus neurologischer Sicht relativ stabil ist (vgl. E. 4.4.). Aufgrund der Tatsache, dass er an Multipler Sklerose und damit an einer Schuberkrankung leidet allein, ist daher kein Abzug vom Tabellenlohn möglich. Die weiteren Auswirkungen der Multiplen Sklerose (der Beschwerdeführer verweist auf Doppelbilder, eine Gangunsicherheit, Schwindel, Brechgefühle, Zittrigkeit und erhöhter Pausenbedarf) wurden bereits bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit berücksichtigt (vgl. neurologisches Gutachten von Dr. med. E____ vom 19. Oktober 2018, IV-Akte 42, S. 17). Auch diese rechtfertigen somit keinen leidensbedingten Abzug, da gesundheitliche Einschränkungen, welche bereits bei der Beurteilung des medizinischen Zumutbarkeitsprofils enthalten sind, nicht zusätzlich in die Bemessung des leidensbedingten Abzuges einfliessen und so zu einer doppelten Anrechnung desselben Gesichtspunktes führen können (Urteile des Bundesgerichts 8C_586/2019 vom 24. Januar 2020 E. 5.3.2., 9C_833/2017 vom 20. April 2018 E. 2.2 und 8C_536/2014 vom 20. Januar 2015 E. 4.3 mit Hinweisen).

5.8.          Zusammenfassend ist der Invaliditätsgrad des Beschwerdeführers anhand eines Prozentvergleichs festzulegen (vgl. E. 5.6.). Dementsprechend besteht beim Beschwerdeführer nach Ablauf des Wartejahres bzw. sechs Monate nach seiner Anmeldung ab September 2017, bei einer Arbeitsunfähigkeit von 50 % in einer adaptierten Tätigkeit, ein Invaliditätsgrad von 50 %. Dies führt zu einem Anspruch auf eine halbe Invalidenrente. Bei einer Arbeitsunfähigkeit von 40 % ab Januar 2019 besteht ein Invaliditätsgrad von ebenfalls 40 %. Unter Berücksichtigung der dreimonatigen Frist von Art. 88a Abs. 1 IVV hat der Beschwerdeführer ab April 2019 einen Anspruch auf eine Viertelsrente (vgl. zum Ganzen E. 3.2.).

6.                

6.1.       Infolge der obigen Ausführungen ist die Verfügung vom 5. Oktober 2021 aufzuheben und die Beschwerde gutzuheissen. Die Beschwerdegegnerin ist zu verpflichten, dem Beschwerdeführer ab dem 1. September 2017 eine halbe Invalidenrente und ab dem 1. April 2021 eine Viertelsrente auszurichten.

6.2.       Entsprechend dem Verfahrensausgang hat die Beschwerdegegnerin die ordentlichen Kosten, bestehend aus einer Gebühr von Fr. 800.00 zu tragen (Art. 61 lit. fbis ATSG und Art. 69 Abs.1bis IVG).

6.3.       Der obsiegende Beschwerdeführer hat gegenüber der Beschwerdegegnerin einen Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden durch das Gericht festgesetzt (Art. 61 lit. g ATSG). Das Sozialversicherungsgericht geht bei der Bemessung der Parteientschädigung für anwaltlich vertretene Beschwerdeführende in durchschnittlichen IV-Verfahren mit doppeltem Schriftenwechsel im Sinne einer Faustregel von einem Honorar in Höhe von Fr. 3'750.00 (inklusive Auslagen) zuzüglich 7.7% Mehrwertsteuer (Fr. 288.75) aus. Bei einfacheren oder komplizierteren Verfahren kann dieser Ansatz entsprechend erhöht oder reduziert werden. Der vorliegende Fall ist durchschnittlicher Natur, weshalb ein Honorar und somit eine Parteientschädigung in Höhe von Fr. 3'750.00 zuzüglich Mehrwertsteuer als angemessen erscheint.

 

Demgemäss erkennt das Sozialversicherungsgericht:

://:        In Gutheissung der Beschwerde wir die Verfügung vom 5. Oktober 2021 aufgehoben und die Beschwerdegegnerin verpflichtet, dem Beschwerdeführer ab dem 1. September 2017 eine halbe Invalidenrente und ab dem 1. April 2021 eine Viertelsrente auszurichten

            Die ordentlichen Kosten, bestehend aus einer Gebühr von Fr. 800.00, gehen zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

            Die Beschwerdegegnerin bezahlt dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr. 3'750.00 (inkl. Auslagen) zuzüglich Mehrwertsteuer von Fr. 288.75.

 

Sozialversicherungsgericht BASEL-STADT

 

Die Präsidentin                                                         Die Gerichtsschreiberin

 

 

 

lic. iur. R. Schnyder                                                  MLaw L. Marti

 

 

 

 

 


Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde eingereicht werden (Art. 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht [Bundesgerichtsgesetz, BGG]). Die Beschwerdefrist kann nicht erstreckt werden (Art. 47 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegründe sind in Art. 95 ff. BGG geregelt.

Die Beschwerdeschrift ist dem Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, in dreifacher Ausfertigung zuzustellen. Die Beschwerdeschrift hat den Anforderungen gemäss Art. 42 BGG zu genügen; zu beachten ist dabei insbesondere:

a)            Die Beschwerdeschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten;

b)            in der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt;

c)             die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat, ebenso der angefochtene Entscheid.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Geht an:

–          Beschwerdeführer
–         
Beschwerdegegnerin

–          Bundesamt für Sozialversicherungen

 

Versandt am: