Geschäftsnummer: VG.2021.1 (AG.2021.596)
Instanz: Appellationsgericht
Entscheiddatum: 09.11.2021 
Erstpublikationsdatum: 11.12.2021
Aktualisierungsdatum: 11.12.2021
Titel: Änderung der Verordnung über zusätzliche Massnahmen des Kantons Basel-Stadt zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Verordnung zusätzliche Massnahmen)
 
 

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

als Verfassungsgericht

Kammer

 

 

VG.2021.1

 

URTEIL

 

vom 9. November 2021

 

 

Mitwirkende

 

Dr. Stephan Wullschleger, lic. iur. André Equey, Dr. Christoph A. Spenlé, lic. iur. Lucienne Renaud, Prof. Dr. Daniela Thurnherr Keller und Gerichtsschreiberin MLaw Anja Fankhauser

 

 

 

Beteiligte

 

A____                                                                       Beschwerdeführerin 1

[...]  

 

B____                                                                       Beschwerdeführerin 2

[...]  

 

C____                                                                       Beschwerdeführerin 3

[...]  

 

D____                                                                       Beschwerdeführerin 4

[...]  

 

E____                                                                       Beschwerdeführerin 5

[...]  

 

F____                                                                        Beschwerdeführerin 6

[...]  

 

G____                                                                       Beschwerdeführerin 7

[...]  

 

H____                                                                       Beschwerdeführerin 8

[...]  

 

I____                                                                         Beschwerdeführerin 9

[...]

 

J____                                                                      Beschwerdeführerin 10

[...]  

 

K____                                                                      Beschwerdeführerin 11

[...]  

 

L____                                                                      Beschwerdeführerin 12

[...]  

 

M____                                                                     Beschwerdeführerin 13

[...]  

 

N____                                                                     Beschwerdeführerin 14

[...]  

 

O____                                                                        Beschwerdeführer 15

[...]  

 

P____                                                                     Beschwerdeführerin 16

[...]  

 

Q____                                                                     Beschwerdeführerin 17

[...]  

 

R____                                                                     Beschwerdeführerin 18

[...]  

 

alle vertreten durch [...], Fürsprecher,

[...]

 

gegen

 

Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt

Marktplatz 9, 4001 Basel

vertreten durch das Gesundheitsdepartement Basel-Stadt,

Generalsekretariat, Malzgasse 30, 4001 Basel

 

 

Gegenstand

 

Verfasungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Regierungsrats

vom 24. Februar 2021

 

betreffend Änderung der Covid-19-Verordnung zusätzliche Massnahmen

 


Sachverhalt

 

Mit Beschluss P200998 vom 24. Februar 2021 nahm der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt eine Änderung der Verordnung über zusätzliche Massnahmen des Kantons Basel-Stadt zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie (Covid-19-Verordnung zusätzliche Massnahmen, SG 321.331) vor. Damit beschloss er folgende neue Regelungen:

§ 3a Abs. 1 (aufgehoben), Abs. 2 (geändert), Abs. 2bis (aufgehoben), Abs. 3 (geändert) Einrichtungen im Sportbereich (Überschrift geändert)

1 Aufgehoben.

2 Die Nutzung von Turnhallen ist für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe im Rahmen des Schulsports nur für alternativen Unterricht zulässig.

2bis Aufgehoben.

3 Die Nutzung von Turnhallen und Hallenbädern sowie Innenräumen von sonstigen Sportanlagen und Sportstadien ist für Prüfungen zur Erlangung eines Studien- oder Lehrabschlusses bei Bildungsgängen im Bereich Sport, Tanz, Bewegung und Gesundheit zulässig.

§ 3b Abs. 1

1 Folgende öffentlich zugängliche Einrichtungen und Betriebe sind für das Publikum geschlossen:

b)    (geändert) Innenräume von Freizeit- und Unterhaltungseinrichtungen (namentlich Bowling- und Billiardcenter) mit Ausnahme von Jugendtreffpunkten;

§ 4 Abs. 2, Abs. 3 (neu)

2 Davon ausgenommen sind:

a)    (geändert) Schülerinnen und Schüler der Primarstufe bis und mit 4. Primarschulklasse, ausser sie besuchen eine Mehrjahrgangsklasse mit Schülerinnen und Schülern der 5. bzw. 6. Primarschulklasse;

b)    (geändert) Personen, die nachweisen können, dass sie aus besonderen Gründen, insbesondere aus medizinischen, keine Gesichtsmaske tragen können, wobei andere, geeignete Massnahmen zum Schutz vor Ansteckung zu treffen sind.

3 Weitere Ausnahmen können im kantonalen Schutzkonzept für die Volksschulen geregelt werden.

 

Die Änderung trat am 1. März 2021 mit befristeter Wirkung bis zum 31. März 2021 in Kraft. Mit Beschlüssen P200998 vom 30. März, 27. April und 25. Mai 2021 wurde die Befristung jeweils verlängert, letztmals bis zum 3. Juli 2021.

 

Gegen diese Verordnungsänderung meldeten A____ und 17 weitere Personen am 9. März 2021 Verfassungsbeschwerde beim Appellationsgericht an. Darin begehren die Beschwerdeführenden die kosten- und entschädigungsfällige Aufhebung der «Verordnungsänderung bzgl. Verschärfung Maskentragspflicht für Schulkinder ab 5. Primarstufe (d.h.: § 4 Abs. 2 lit a Covid-19 VO BS neue Fassung)». Eventualiter beantragen sie, es sei die genannte Bestimmung für rechtswidrig zu erklären und es sei anzuordnen, «dass die Vorinstanz innerhalb von 10 Tagen eine ausreichende Begründung der Covid-19 VO BS im Sinne nachstehender Ausführungen zu publizieren» habe. Mit ihrer Beschwerdebegründung vom 29. März 2021 ersuchen die Beschwerdeführenden zusätzlich darum, das Verfahren sei «aufgrund des sich vergrössernden Schadens für die betroffenen Kinder und Familien beschleunigt durchzuführen». Mit Eingabe vom 13. April 2021 liessen sie weitere Beilagen zu ihrer Beschwerde nachreichen. Der Regierungsrat liess mit Vernehmlassung des Gesundheitsdepartements vom 7. Mai 2021 die vollumfängliche und kostenfällige Abweisung der Anträge der Beschwerdeführenden beantragen, soweit auf diese eingetreten werden könne. Die Beschwerdeführenden nahmen dazu mit Eingabe vom 14. Juni 2021 replicando Stellung.

 

Die weiteren Tatsachen und die Einzelheiten der Parteistandpunkte ergeben sich, soweit sie für das vorliegende Urteil von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen. Das Urteil erging auf dem Zirkulationsweg.

 

 

Erwägungen

 

1.

1.1     Gemäss § 30a Abs. 1 lit. b und § 30e Abs. 1 lit. a des Verwaltungsrechtspflegegesetzes (VRPG, SG 270.100) kann beim Appellationsgericht als Verfassungsgericht Beschwerde gegen kantonale Verordnungen geführt werden (abstrakte Normenkontrolle; vgl. Stamm, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: Buser [Hrsg.], Neues Handbuch des Staats- und Verwaltungsrechts des Kantons Basel-Stadt, Basel 2008, S. 519). Daraus folgt die sachliche und funktionelle Zuständigkeit des Verfassungsgerichts als Kammer (§ 91 Abs. 1 Ziff. 5 des Gerichtsorganisationsgesetz [GOG], SG 154.100]) für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde.

 

1.2     Angefochten ist der mit Beschluss P200998 des Regierungsrats vom 24. Februar 2021 geänderte § 4 Abs. 2 lit. a der Covid-19-Verordnung zusätzliche Massnahmen, mit welchem die Maskentragpflicht für alle Personen auf Arealen und in Innenräumen von Bildungseinrichtungen sowie von Einrichtungen der Tagesstrukturen auf Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Primarschulklassen ausgeweitet wird.

 

1.3

1.3.1  Die Beschwerdebefugnis kommt nach § 30f lit. a VRPG jeder Person zu, auf die der angefochtene Erlass künftig einmal angewendet werden könnte (siehe auch Stamm, a.a.O., S. 519). Vorausgesetzt wird somit eine virtuelle Betroffenheit, wie sie auch zur Anfechtung von Erlassen mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht verlangt wird (Art. 89 Abs. 1 lit. b und c des Bundesgerichtsgesetzes [BGG, SR 173.110]). Virtuelles Berührtsein verlangt, dass der Beschwerdeführer von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (vgl. VGE VG.2018.2 vom 16. April 2018 E. 1.2; für das Bundesrecht BGE 138 I 435 E. 1.6 S. 445, 137 I 77 E. 1.4 S. 81, 136 I 17 E. 2.1 S. 21). Die Beschwerdeführenden müssen aber persönliche Interessen vertreten; eine Rechtsmittelerhebung zur Vertretung von Interessen der Allgemeinheit oder von Dritten ist nicht zulässig (BGE 136 I 49 S. 54 E. 2.1; VGE VG.2020.5 vom 18. November 2020 E. 1.2.2). Zulässig ist dabei auch die Vertretung der Interessen eigener minderjähriger Kinder (Art. 304 des Zivilgesetzbuches [ZGB, SR 210]). Mit der Anmeldung ihrer Verfassungsbeschwerde haben die Beschwerdeführenden eine «Liste der Beschwerdeführer» eingereicht (Beschwerde vom 9. März 2021 Beilage 1). Darauf bestätigt jeder einzelne Beschwerdeführende, für sein eigenes Kind zu handeln. Es kann diesbezüglich von einer Prozessstandschaft für die in ihrer elterlichen Sorge stehenden Kinder ausgegangen werden (dazu auch VGE VG.2020.7 vom 31. März 2021 E. 1.3.1). Die in der genannten Liste aufgeführten Kinder besuchten im Schuljahr 2020/2021 nach den Angaben der Beschwerdeführenden jeweils die 4., 5. oder 6. Klasse der Primarschule.

 

1.3.2  Die Erleichterung der Legitimationsvoraussetzungen für Rechtsmittel, welche auf eine abstrakte Normenkontrolle abzielen, bezieht sich lediglich auf die Betroffenheit durch den Inhalt des angefochtenen Erlasses. Ein aktuelles Interesse ist dagegen insoweit erforderlich, als ein geeignetes Anfechtungsobjekt vorzuliegen hat, dessen Aufhebung der Beschwerde führenden Person den angestrebten Nutzen bringen muss. Dies bedeutet auch, dass der Erlass im Zeitpunkt des Entscheids noch bestehen muss (VGE VG.2020.7 vom 31. März 2021 E. 1.3.3, VG.2020.5 vom 18. November 2020 E. 1.2.2; VGE ZH AN.2015.00007 vom 28. Januar 2016 E. 2.2 sowie Bertschi, in: Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3. Aufl., Zürich 2014, § 21 N. 33). Das Gericht hat bei einer abstrakten Normenkontrolle auch einer nachträglichen Änderung der Rechtslage Rechnung zu tragen und insbesondere neu in Kraft getretenes, übergeordnetes Recht mit zu berücksichtigen (BGE 136 I 49 E. 3.3 S. 56, 120 Ia 286 E. 2c/bb S. 291, 119 Ia 460 E. 4d S. 473). Das kann aber nicht unbeschränkt gelten, sondern setzt einen engen Zusammenhang vor allem in sachlicher und zeitlicher Hinsicht voraus (VGE VG.2020.7 vom 31. März 2021 E. 1.3.3, VG.2020.5 vom 18. November 2020 E. 1.2.2).

 

1.3.3  Vorliegend fechten die Beschwerdeführenden die Maskentragpflicht in Bildungseinrichtungen gemäss § 4 Abs. 2 lit. a der Covid-19-Verordnung zusätzliche Massnahmen an. Diese wurde mit Regierungsratsbeschluss vom 25. Mai 2021 letztmals auf das Ende des Schuljahres 2020/2021, mithin den 3. Juli 2021 befristet. Aktuell besteht keine solche Tragpflicht an Schulen mehr. Insoweit ist das aktuelle Rechtsschutzinteresse für die Anfechtung der strittigen Bestimmung weggefallen (VGE VG.2020.5 vom 18. November 2020 E. 1.2.3). Vom Erfordernis der Aktualität des Interesses kann aber abgesehen werden, wenn sich die mit der Beschwerde aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen jeweils unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnten, ohne dass im Einzelfall rechtzeitig eine richterliche Prüfung stattfinden könnte (BGE 138 II 42 E. 1.3 S. 45, 136 II 101 E. 1.1 S. 103; BGer 6B_729/2018 vom 26. September 2018 E. 1.2; vgl. auch Stamm, a.a.O., S. 477, 500). Angesichts der nach wie vor dynamischen Entwicklung der Covid-19-Pandemie und der angespannten Situation des Gesundheitswesens kann auch die Wiedereinführung der Maskenpflicht an Bildungseinrichtungen wieder im Raum stehen. Dies gilt gerade auch für Schulstufen wie die 5. und 6. Primarklasse, da den betreffenden Schülerinnen und Schülern aufgrund ihres Alters (noch) keine Covid-19-Schutzimpfung zur Verfügung steht.

 

1.3.4  Auf die rechtzeitig angemeldete und begründete Beschwerde ist daher zumindest insoweit einzutreten, als sie von Eltern erhoben worden ist, deren Kinder auch im Schuljahr 2021/2022 die Primarschule besuchen. Betreffend die Schülerinnen und Schüler, welche im Schuljahr 2020/2021 bereits die 6. Primarklasse besucht haben, ist mit dem Übertritt in die Sekundarschule jedoch das Interesse an der Überprüfung der angefochtenen Massnahme dahingefallen. Da nach dem auch auf Verfassungsbeschwerden anwendbaren kantonalen Verwaltungsprozessrecht (vgl. § 30b VRPG) bei einer Mehrheit von Beschwerdeführenden für das Eintreten auf eine Beschwerde praxisgemäss die Legitimation mindestens einer Beschwerde führenden Person genügt, kann deren Beschwerdebefugnis offengelassen werden (dazu VGE VD.2016.218 vom 25. September 2017 E. 1.3.2.5 mit Hinweis auf VGE VD.2015.224 vom 7. September 2016 E. 2.2, VD.2015.109 vom 18. März 2016 E. 1.3, VD.2013.22 vom 12. August 2013 E. 1.4.2; Wullschleger/Schröder, Praktische Fragen des Verwaltungsprozesses im Kanton Basel-Stadt, BJM 2005, S. 291; vgl. BGer 1A.246/2005 vom 31. März 2006 E. 1.1).

 

2.

2.1     Mit ihrer Beschwerde machen die Beschwerdeführenden geltend, die Maskenpflicht in den 5. und 6. Klassen der Primarschule verletze das Recht der Kinder auf persönliche Freiheit und insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit (Art. 10 Abs. 2 der Bundesverfassung [BV, SR 101]). Darüber hinaus sei das Recht der Kinder auf besonderen Schutz gemäss Art. 11 Abs. 1 BV und Art. 3 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention [KRK], SR 0.107) verletzt (Beschwerdebegründung Ziff. 276–278).

 

2.2     Die Pflicht zum Tragen von Gesichtsmasken stellt nach jüngster Rechtsprechung des Bundesgerichts eine leichte Einschränkung des Grundrechts der persönlichen Freiheit gemäss Art. 10 Abs. 2 BV dar (BGer 2C_793/2020 vom 8. Juli 2021 E. 4, bestätigt in 2C_111/2021 vom 26. Juli 2021 E. 1.6; so auch VGE ZH AN.2020.00016 vom 3. Dezember 2020 E. 6.2; VGE VG.2020.7 vom 31. März 2021 E. 2.2; Genf, Cour de justice, ACST/5/2021 vom 2. März 2021 E. 6d). Dieses Grundrecht schützt das Recht auf Selbstbestimmung sowie auf individuelle Lebensgestaltung und umfasst den Schutz der elementaren Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung, ohne aber eine allgemeine Handlungsfreiheit zu vermitteln (BGE 138 IV 13 E. 7.1 S. 25). Art. 10 Abs. 2 BV bietet einen subsidiären Schutz, soweit eine Entfaltung der Persönlichkeit nicht bereits durch ein spezifisches Freiheitsrecht geschützt ist (BGE 123 I 296 E. 2b/bb S. 301). Nicht geschützt sind dagegen nebensächliche Wahl- und Betätigungsmöglichkeiten des Menschen (BGE 101 Ia 336 S. 346 ff., 97 I 45 S. 49; Rhinow/Schefer/Uebersax, Schweizerisches Verfassungsrecht, 3. Aufl., Basel 2016, N 1246 f.). Der Schutzbereich dieses weiten Grundrechts ist nach der kasuistischen Rechtsprechung des Bundesgerichts von Fall zu Fall zu konkretisieren (BGE 134 I 214 E. 5.1 S. 216). In den Schutzbereich fallen auch Bekleidungsvorschriften (vgl. VGE VG.2013.1 vom 3. Januar 2014 E. 4.2 mit Hinweis auf BGE 2 S. 178 sowie auf Kley, Kutten, Kopftücher, Kreuze und Minarette – religiöse Symbole im öffentlichen Raum, in: Pahud de Mortanges [Hrsg.], Religion und Integration aus der Sicht des Rechts, Freiburger Veröffentlichungen zum Religionsrecht, Band 24, Zürich 2010, S. 229, 236 f.). Das Recht auf individuelle Lebensgestaltung beinhaltet dabei auch die Freiheit in der Auswahl der Bekleidung etwa nach den Gesichtspunkten der Ästhetik und der Praktikabilität. Das Bundesgericht hat es aber offengelassen, ob darunter auch das Recht fällt, auf das Tragen von Kleidern zu verzichten, jedenfalls soweit auf eine Bekleidung gänzlich verzichtet werden soll (BGE 138 IV 13 E. 7.2 S. 26). Mit dem Gebot, den Bereich von Mund und Nase zu bedecken, wird aber eine wesentliche Möglichkeit beschränkt, sich gegenüber Dritten nonverbal zu artikulieren und sich in seiner eigenen Persönlichkeit zu präsentieren. Auch wenn das Tragen von Masken mittlerweile vom weit überwiegenden Teil der Bevölkerung im Alltag als «normal» empfunden wird (vgl. dazu Vernehmlassung Beilage 2: sotomo/DemoScope, Covid-19-Präventionsmassnahmen: Informationsstand, Einstellungen und Verhalten, Bericht zur Wirkungsmessung von Ende Oktober 2020 im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit [BAG], Kurzbericht vom 27. November 2020, S. 19), liegt darin dennoch eine Einschränkung des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf individuelle Lebensgestaltung (Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 10. Aufl., Zürich 2020, N 364).

 

Wie im Rahmen der Prüfung der Verhältnismässigkeit der angefochtenen Massnahme aufzuzeigen sein wird, tangiert die Maskentragpflicht demgegenüber die körperliche Integrität und die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler nicht (vgl. dazu unten E. 5 ff.), weshalb insoweit auch kein Eingriff in die persönliche Freiheit nach Art. 10 Abs. 2 BV vorliegt. Die Maskentragpflicht bezieht sich auf Minderjährige in der Primarschule, wodurch der Anspruch von Kindern und Jugendlichen auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung nach Art. 11 Abs. 1 BV tangiert wird. Gemäss Art. 3 KRK ist bei allen Massnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist. Die Vertragsstaaten haben dabei sicher zu stellen, dass bei den für die Fürsorge und den Schutz von Kindern verantwortlichen Institutionen den behördlichen Normen insbesondere im Bereich der Sicherheit und der Gesundheit entsprochen wird. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit diese Bestimmung einen weiterreichenden und über den in den Art. 10 Abs. 2 und 11 Abs. 1 BV gewährleisteten Schutzbereich hinaus eröffnen könnte.

 

2.3     Zu prüfen ist daher gemäss Art. 36 BV im Folgenden, ob die Beschränkung der persönlichen Freiheit durch die Pflicht zum Tragen von Gesichtsmasken im Präsenzunterricht in den 5. und 6. Klassen der Primarschule auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruht, durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt wird und verhältnismässig ist.

 

3.

3.1     Mit ihrer Beschwerde rügen die Beschwerdeführenden zunächst, dass die angefochtene Massnahme Bundesrecht widerspreche. Die Maskentragpflicht verletze Art. 40 Abs. 2 und 3 sowie 4 Abs. 2 lit. b und c des Epidemiengesetz (EpG; SR 818.101). Sie machen diesbezüglich unter anderem geltend, der Regierungsrat habe die Maskentragpflicht erlassen, obwohl alle für die Beurteilung einer solchen Massnahme massgebenden Parameter «nach unten» gezeigt hätten (Beschwerdebegründung Ziff. 265). Er habe es unterlassen, die Schädlichkeit der Masken bei Primarschulkindern sowie die gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen des flächendeckenden Maskentragens in Primarschulen zu untersuchen. Die Massnahme fusse auf einer Feststellung und Zählweise von PCR-Testergebnissen, welche gegen fundamentale Grundprinzipien der Wissenschaftlichkeit und Statistik verstosse. Der Regierungsrat habe es zudem «unterlassen, die tatsächlichen Verhältnisse regelmässig adäquat zu analysieren, für geeignete Erhebungsmethoden zu sorgen und einer realistischen Einschätzung zu unterziehen» (vgl. dazu Beschwerdebegründung Ziff. 263–275).

 

3.2     Soweit die Beschwerdeführenden mit diesen Ausführungen monieren, es fehle hinsichtlich der angefochtenen Massnahme eine gesetzliche Grundlage nach Art. 36 Abs. 1 BV, kann ihnen nicht gefolgt werden. Gemäss Art. 40 Abs. 1 EpG ordnen die zuständigen kantonalen Behörden Massnahmen an, um die Verbreitung übertragbarer Krankheiten in der Bevölkerung oder in bestimmten Personengruppen zu verhindern. Sie können dabei insbesondere Schulen, andere öffentliche Institutionen und private Betriebe schliessen oder Vorschriften zum Betrieb verfügen (Art. 40 Abs. 2 lit. b EpG). Die Massnahmen dürfen nur so lange dauern, wie es notwendig ist, um die Verbreitung einer übertragbaren Krankheit zu verhindern. Sie sind regelmässig zu überprüfen (Art. 40 Abs. 3 EpG). Der Bundesrat legt unter Einbezug der Kantone die Ziele und Strategien der Erkennung, Überwachung, Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten fest (Art. 4 Abs. 1 EpG). Bei der Festlegung der Ziele und Strategien sind insbesondere auch internationale Empfehlungen und Richtlinien sowie der aktuelle Stand der Wissenschaft zu berücksichtigen (Art. 4 Abs. 2 lit. b und c EpG). Damit regelt das Epidemiengesetz die Zielsetzung (die Verbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhindern) und die Rechtsfolge (Verbote und Beschränkungen), jedoch nicht die Voraussetzungen für die Anordnung von entsprechenden Massnahmen. Wie die Rekurrierenden selber zutreffend ausführen (Beschwerdebegründung Ziff. 273), zielen diese Leitlinien für den Erlass von Massnahmen der Kantone zur Epidemiebekämpfung auf deren inhaltliche Ausgestaltung. Inhaltliche Verstösse gegen diese Grundsätze beim Erlass von Massnahmen sind im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung zu untersuchen (vgl. dazu auch BGer 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 3.2.3).

 

3.3     Replicando bestreiten die Beschwerdeführenden eine genügende Bestimmtheit von Art. 40 EpG als Grundlage für die angefochtene Massnahme (Replik Ziff. 118, 149–188). Auch darin kann ihnen nicht gefolgt werden. Wie das Bundesgericht in seinem Urteil 2C_8/2021 vom 25. Juni 2021 ausführlich dargelegt hat, ist Art. 40 Abs. 1 EpG zwar sehr unbestimmt formuliert und werden in Art. 40 Abs. 2 EpG die möglichen Massnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten nicht abschliessend aufgezählt. Angesichts der Natur der drohenden Gefahren und der fehlenden Vorhersehbarkeit der geeigneten Massnahmen bei neu auftretenden Infektionskrankheiten ist aber ein gewisser Ermessensspielraum der vollziehenden Behörden im Bereich der Epidemienbekämpfung und damit bei der Beurteilung der Ursachen, Folgen und der Wahl geeigneter Bekämpfungsmassnahmen unvermeidlich und verfassungsrechtlich zulässig. Die zu treffenden Massnahmen können daher nicht im Voraus mit Bestimmtheit gesetzlich festgelegt werden, sondern müssen aufgrund des jeweils aktuellen, in der Regel unvollständigen Kenntnisstandes getroffen werden, was einen gewissen Spielraum der zuständigen Behörden voraussetzt (BGer 2C_8/2021 vom 25. Juni 2021 E. 3.7.2 mit Hinweis auf Märkli, Notrecht in der Anwendungsprobe - Grundlegendes am Beispiel der COVID-19-Verordnungen, in: Sicherheit & Recht 2020, S. 59 ff., 63; Zünd/Errass, Pandemie-Justiz-Menschenrechte, in: Pandemie und Recht, Sondernummer ZSR, 2020, S. 85 f sowie auch BGE 131 II 670 E. 2.3 S. 675 und E. 3 S. 676). Dies gilt umso mehr, als kein schwerer Eingriff in die tangierten Grundrechte vorliegt (Genf, Cour de justice, ACST/5/2021 vom 2. März 2021 E. 14).

 

3.4     Im Übrigen ist die vom Regierungsrat ausgeübte Kompetenz zum Erlass der angefochtenen Massnahme bundesrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. dazu VG.2020.7 vom 31. März 2021 E. 3.2.2). Auf die ausführlichen Erwägungen im genannten Entscheid kann verwiesen werden, soweit die Beschwerdeführenden replicando (Replik Ziff. 182 ff.) die kantonale Kompetenz zum Erlass von Massnahmen im Rahmen von epidemiologischen Lagen überhaupt bestreiten.

 

4.

Zu Recht wird von den Beschwerdeführenden nicht konkret bestritten, dass die Maskentragpflicht als Massnahme zur Pandemiebekämpfung und damit zum Schutz der öffentlichen Gesundheit erlassen worden ist. Sie verfolgt damit offensichtlich ein hinreichendes öffentliches Interesse (vgl. auch Genf, Cour de justice, ACST/5/2021 vom 2. März 2021 E. 15). Soweit die Beschwerdeführenden replicando (Replik Ziff. 194–196) vorbringen, es fehle ein öffentliches Interesse an einer Maskentragpflicht für «gesunde» Kinder, zielen sie damit nicht auf das mit der Massnahme verfolgte öffentliche Interesse an der Eindämmung der Ausbreitung von Covid-19, sondern auf die Verhältnismässigkeit dieser Massnahme. Diese ist nachfolgend zu prüfen.

 

5.

5.1

5.1.1  Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit erfordert, dass Verwaltungsmassnahmen zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Ziels geeignet und notwendig sind und der angestrebte Zweck in einem vernünftigen Verhältnis zur damit verbundenen Belastung für die Betroffenen steht (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl., Zürich 2020, N 521 ff.). Dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz kommt dabei bei der harmonisierenden Konkretisierung konfligierender Verfassungsprinzipien (BGE 142 I 195 E. 5.6 S. 210, E. 5.7 S. 211 und E. 5.8 S. 2012, 140 I 201 E. 6.7 S. 212), wie z.B. dem Schutz von Leben und Gesundheit einerseits und den zu diesem Zweck verhängten Grundrechtseinschränkungen andererseits, eine besondere Bedeutung zu. Auch bei der Abwehr von Gesundheitsgefährdungen ist gemäss dem Verhältnismässigkeitsprinzip nach dem akzeptablen Risiko zu fragen und eine Abwägung zwischen den involvierten Interessen vorzunehmen (BGer 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 3.2.3 mit Hinweisen auf BGE 146 II 17 E. 8.4 S. 28 und E. 9.3.2 S. 30, 143 II 518 E. 5.7 S. 532).

 

5.1.2  Im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung der in der Covid-19-Pandemie verhängten Massnahmen sind einerseits die drohenden Risiken nach Massgabe der möglichen Gefährdungen und der Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts zu quantifizieren. Andererseits sind auch deren negative gesellschaftliche und wirtschaftliche Konsequenzen zu klären (BGer 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 3.2.4 mit Hinweisen auf BGE 127 II 18 E. 5d S. 23 sowie 132 II 305 E. 4.4 S. 321 und E. 5.1 S. 324). Dabei muss geprüft werden, wie hoch Schwere und Eintretenswahrscheinlichkeit der drohenden Krankheiten sind, ob die angeordneten Massnahmen geeignet sind, um die Verbreitung zu verhindern, und wie die Relation der negativen Konsequenzen der Krankheiten zu denjenigen der angeordneten Massnahmen ist; dabei ist der aktuelle Stand der Wissenschaft zu berücksichtigen (BGer 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 3.2.4 mit Hinweis auf Gerber, Wissenschaftliche Evidenz und Corona-Massnahmen des Bundes, in: Jusletter vom 14. April 2020, N 22). Bei dieser Verhältnismässigkeitsprüfung der von den politisch verantwortlichen Behörden verhängten Massnahmen und insbesondere bei der relativen Gewichtung, die den einzelnen involvierten Rechtsgütern und Interessen beizumessen ist, haben sich die Gerichte in Nachachtung des Beurteilungsspielraums dieser politischen Behörden eine gewisse Zurückhaltung aufzuerlegen (BGer 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 3.2.5 mit Hinweis auf BGE 146 II 17 E. 6.4 S. 22). Wird die Grenzziehung zwischen zulässigen und unzulässigen Risiken nicht vom Gesetzgeber selber vorgenommen, ist die Bestimmung des akzeptablen Risikos primär Sache des Verordnungsgebers oder der zuständigen Fachbehörden, und nicht der Gerichte (BGer 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 3.2.5 mit Hinweis auf BGE 139 II 185 E. 9.3 S. 199; vgl. dazu auch Wullschleger, Die Rolle der Verwaltungsgerichte bei umweltrechtlichen Interessenabwägungen, in: URP 2018, S. 140 f.).

 

5.1.3  Wie das Bundesgericht weiter erwogen hat, besteht naturgemäss eine gewisse Unsicherheit bezüglich der zukünftigen Wirkung einer bestimmten Massnahme, so beispielsweise hinsichtlich der Ursachen, Folgen und der geeigneten Bekämpfungsmassnahmen bei neu auftretenden Infektionskrankheiten (BGer 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 3.2.6 mit weiteren Hinweisen). Die zu treffenden Massnahmen können daher nicht im Voraus mit Bestimmtheit gesetzlich festgelegt werden, sondern müssen aufgrund des jeweils aktuellen, in der Regel unvollständigen Kenntnisstands getroffen werden (Märkli, a.a.O., S. 63; Zünd/Errass, a.a.O., S. 85 f.; Zumsteg, in: Helbing Lichtenhahn Verlag [Hrsg.], COVID-19, Ein Panorama der Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2020, S. 807; so auch VGE VD.2020.7 vom 31. März 2021 E. 5.2.2). Dies setzt einen gewissen Spielraum der zuständigen Behörden voraus (BGE 131 II 670 E. 2.3 S. 675 und E. 3 S. 676; vgl. bereits BGE 50 I 334 E. 4 S. 337). Jedenfalls wenn es um möglicherweise gewichtige Risiken geht, können Abwehrmassnahmen nicht erst dann getroffen werden, wenn wissenschaftliche Klarheit vorliegt, sondern bereits dann, wenn eine erhebliche Plausibilität besteht (BGE 132 II 305 E. 4.3 S. 319 ff und E. 5.1 S. 324 ff; Flückiger, Le droit expérimental, Potentiel et limites en situation épidémiologique extraordinaire, in: Sicherheit & Recht 2020, S. 142 ff., 151 f.). Die getroffenen Massnahmen und die bisherige Risikobeurteilung sind aber aufgrund neuer Erkenntnisse zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Mit zunehmender Dauer freiheitsbeschränkender Massnahmen steigen auch die Anforderungen an die empirische Abstützung der Risikoabschätzung bezüglich ihrer Fortführung (Art. 31 Abs. 4, Art. 40 Abs. 3 und Art. 81 EpG; BGer 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 3.2.7 mit weiteren Hinweisen; Flückiger, a.a.O., S. 150 ff.). Zudem kann es angezeigt sein, rigorose Massnahmen bereits zu ergreifen, bevor es zu schweren Beeinträchtigungen kommt, um zu verhindern, dass später noch strengere Massnahmen getroffen werden müssen (BGer 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 3.2.7 mit Hinweis auf BGE 132 II 449 E. 4.3.2 S. 461 und E 5.3 S. 563). Insgesamt muss den fachlich zuständigen und politisch verantwortlichen Behörden deshalb ein relativ bedeutender Beurteilungsspielraum zugestanden werden (BGE 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 3.2.8 mit Hinweis auf BGE 132 II 305 E. 4.4 S. 321 und E. 5.1 S. 324).

 

5.2

5.2.1  Die Beschwerdeführenden stellen zunächst die Aussagekraft und den Nutzen von PCR-Tests unter Hinweis auf diverse Stellungnahmen aus der Politik, den Medien und der Wissenschaft sowie auf zwei Urteile aus Portugal und Ecuador in Frage. Sie bestreiten, dass die auf der «PCR-Methode basierte Messgrösse Fallzahlen für sich allein […] Rückschlüsse auf die Existenz eines aktiven Erregers oder einer symptomatischen Krankheit mit akutem Übertragungsrisiko» erlaube. Der Test stelle keine wissenschaftlich ausreichend gesicherte Basis zur Feststellung einer Erkrankung an Covid-19, des Vorhandenseins eines infektiösen Erregers und damit der Infektiosität der getesteten Personen dar. Es könne nur ein Erreger ohne Aussage darüber, ob dieser infektiös, virulent oder «lebendig» sei, nachgewiesen werden. Positive Resultate könnten auch auf «Überbleibsel einer geheilten Infektion» zurückgehen. Aufgrund seiner hohen Sensitivität sei der PCR-Test fehleranfällig. Der Test habe allenfalls in einer Frühphase als Indikator zum Einsatz kommen können. Nach 12-monatigem «Auftreten der Erreger-Erscheinung SARS-CoV-2» könne der PCR-Test aber nicht mehr als alleiniges Diagnoseinstrument zum Infektionsnachweis und daher auch nicht als Basis für Massnahmen verwendet werden. In der Wissenschaft sei deswegen die Forderung erhoben worden, den Test zurückzuziehen. Die gewichtigsten Vorbehalte gegenüber dem PCR-Test kämen mittlerweile von der Weltgesundheitsbehörde (WHO) selbst. Die «überwiegende Mehrheit der positiv getesteten Personen [hätten] keine klinisch festgestellten Symptome und [könnten] somit nicht als klinisch krank eingestuft werden». Das gesamte PCR-Testverfahren in der Schweiz weise daher «ein hochgradig aleatorisches Moment» auf. Es liege eine «qualifiziert irreführende Falschzählung/Berichterstattung bei Massentests» vor (vgl. dazu Beschwerdebegründung Ziff. 105–159 mit Verweis auf diverse Beilagen).

 

5.2.2  Wie es sich mit der Aussagekraft und dem Nutzen von PCR-Tests während der Covid-19-Pandemie verhält, kann letztlich offenbleiben. Es ist notorisch, dass die Anzahl der positiven PCR-Testresultate zu keinem Zeitpunkt der Pandemiebekämpfung das einzige Element für die Risikobeurteilung und damit für die Anordnung von Massnahmen gewesen ist. Weiter ist auch erstellt, dass die Zahl der positiven PCR-Testresultate in einem Verhältnis zu den erst später feststellbaren Hospitalisierungen und Todesfällen steht und dass diese insoweit einen Indikator für die ungefähre Abschätzung der später zu erwartenden Todesfälle sowie der symptomatisch verlaufenden Fälle und Hospitalisationen bilden kann (vgl. BGer 2C_941/2020 vom 8. Juli 2021 E. 3.3.4, 2C_111/2021 vom 26. Juli 2021 E. 1.7 und 2C_108/2021 vom 26. Juli 2021 E. 1.9).

 

5.3

5.3.1  Die Beschwerdeführenden bestreiten die Eignung der Massnahme zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie. Sie machen diesbezüglich geltend, aufgrund der von ihnen relevierten Statistiken betreffend Fallzahlen, Hospitalisierungen und Todesfällen sei nicht erwiesen, dass eine ganztägige Maskenpflicht für Primarschülerinnen und -schüler geeignet sein solle, das Übertragungsrisiko von Covid-19 signifikant zu reduzieren. Alltagsmasken würden vor dem neuen Coronavirus nicht schützen (Beschwerdebegründung Ziff. 287–292).

 

5.3.2  Wie das Verwaltungsgericht erst kürzlich erwogen hat, dient das Tragen einer Maske in der Öffentlichkeit in erster Linie dem Schutz von anderen Personen und damit dem Schutz vor einer Ausbreitung von Ansteckungen. Eine infizierte Person kann bereits zwei Tage vor Auftreten der Symptome ansteckend sein, ohne es zu wissen. Wenn folglich auf engem Raum alle Personen eine Maske tragen, wird jede Person vor den anderen geschützt. Durch das Maskentragen ist zwar kein hundertprozentiger Schutz gewährleistet. Es kann jedoch helfen, dass das Coronavirus sich weniger schnell ausbreitet (VGE VG.2020.7 vom 31. März 2021 E. 5.2 mit Hinweis auf VGE ZH AN.2020.00016 vom 3. Dezember 2020 E. 6.5.1 und Verweis auf https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/ausbrueche-epidemien-pande-mien/aktuelle-ausbrueche-epidemien/novel-cov/masken.html). Die Swiss National COVID-19 Science Task Force (Task Force) befürwortete bereits seit April 2020 das Tragen einer Maske in Innenräumen, namentlich in Spitälern/Arztpraxen und in Lebensmittelläden, und im öffentlichen Verkehr, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann (VGE ZH AN.2020.00016 vom 3. Dezember 2020 E. 6.5.1 mit Hinweis auf Berichte der Task Force: Benefits of wearing masks in community settings where social distancing cannot be reliably achieved, 1. Juli 2020, abrufbar unter https://sciencetaskforce.ch/policy-brief/benefits-of-mask-wearing/; Role of Face masks as part of non-pharmaceutical interventions against coronavirus disease, 20. April 2020, abrufbar unter https://sciencetaskforce.ch/policy-brief/role-of-masks/). Auch die WHO hält fest, dass Gesichtsmasken Teil einer umfassenden Strategie zur Bekämpfung von Covid-19 sein sollten. Medizinische Gesichtsmasken schützten einerseits den Träger vor einer Infektion und andererseits andere Personen vor einer Ansteckung durch den (infizierten, allenfalls symptomfreien) Träger (VGE ZH AN.2020.00016 vom 3. Dezember 2020 E. 6.5.1 mit Hinweis auf WHO, Advice on the use of masks in the context of COVID-19, 5. Juni 2020, S. 6 ff., abrufbar unter https://apps.who.int/iris/handle/10665/332293).

 

Diese Ausführungen entsprechen auch den Erläuterungen des Regierungsrats (Vernehmlassung Ziff. 32–38) und den Ergebnissen der vom Regierungsrat in diesem Verfahren eingereichten Studien und Berichte (beispielsweise Vernehmlassung Beilage 6: Chu/Akl/Duda/Solo/Yaacoub/Schünemann, Physical distancing, face masks and eye protection to prevent person-to-person transmission of SARS-CoV-2 and COVID-19: a systematic review and meta-analysis», in: The lancet 2020, S. 1973 ff.; Vernehmlassung Beilage 9: Klompas/Baker/Rhee, Airborne Transmission of SARS-CoV-2» vom 13. Juli 2020). Die Autorinnen und Autoren kamen darin unter anderem zum Schluss, dass Masken das Infektionsrisiko senken können («face mask use could result in a large reduction in risk of infection»), und dass beide untersuchten Maskentypen dem Schutz vor einer Ansteckung dienen («both N95 respirators and medical masks were protective compared with no masks»). Die von den Beschwerdeführenden replicando gegen diese Studien erhobenen Einwände sind vor dem Hintergrund der in medizinisch-klinischen Fragen eingeschränkten Kognition eines Verfassungsgerichts nicht geeignet, die Ergebnisse der Studien in Frage zu stellen. Sie stellen den breit gefächerten Metastudien zudem allein Einzelstudien gegenüber (Replik Ziff. 51–102). Schliesslich wird die Eignung des Maskentragens zur Vermeidung der Übertragung des Virus unter Bezugnahme auf die Empfehlungen des BAG und der WHO auch vom Bundesgericht anerkannt. Demnach steht der Effektivität dieser Schutzmassnahme nicht entgegen, dass eine falsche Handhabung der Maske kontraproduktive Effekte haben könne (dazu BGer 2C_793/2020 vom 8. Juli 2021 E. 5.3.3).

 

5.3.3  Wie der Regierungsrat weiter darlegt (Vernehmlassung Ziff. 39 – 44), stecken sich Kinder im dem Alter, auf welches sich die angefochtene Massnahme bezieht, nur in leicht geringerem Umfang als der Durchschnitt der Bevölkerung mit dem Coronavirus an (vgl. dazu Vernehmlassung Beilage 14: Stringhini et al., Seroprevalence of anti-SARS-CoV-2 antibodies after the second pandemic peak, in: The Lancet, 1. Februar 2021). Kinder im Alter von sechs Jahren und älter sind demnach prinzipiell empfänglich für eine Infektion mit SARS-CoV2 und können andere infizieren. Oftmals weisen sie dabei keine oder nur milde Symptome auf (vgl. dazu Vernehmlassung Beilage 15: Robert Koch Institut [RKI], Präventionsmassnahmen in Schulen während der COVID-19-Pandemie, 12. Oktober 2020). Dabei stellte das RKI im Verlauf der Pandemie einen starken Anstieg der Fallzahlen bei Kindern fest (vgl. dazu auch Vernehmlassung Beilage 16: Deutsches Ärzteblatt, Corona: RKI registriert mehr Fälle bei Kindern und Jugendlichen, 25. März 2021). Gemäss einer britischen Studie wurde das Coronavirus in der Altersgruppe der 11- bis 16-Jährigen so stark wie in keiner anderen Altersgruppe nachgewiesen (Vernehmlassung Beilage 17: London School of Hygiene and Tropical Medicine, New modelling estimates the potential impact of the new COVID-19 strain, 1. Januar 2021). Zudem besteht eine hohe Zahl unerkannter Ansteckungen (Vernehmlassung Beilage 20: Hippich et al., A Public Health Antibody Screening Indicates a 6-Fold Higher SARS-CoV-2 Exposure Rate than Reported Cases in Children, 16. März 2021).

 

Die Massnahme der Maskentragpflicht bezieht sich auf Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler, welche sich mit dem Virus infizieren und dieses weiterverbreiten können. Unter Berücksichtigung des oben Gesagten erweist sich diese Massnahme somit als geeignet zur Eindämmung der Pandemie.

 

5.3.4  Vor diesem Hintergrund ist der Hinweis der Beschwerdeführenden auf vereinzelte, diesem Ergebnis entgegenstehende Stellungnahmen in Wissenschaft, Medien und Politik nicht geeignet, die Eignung der Massnahme in Frage zu stellen. Aus den heute verfügbaren wissenschaftlichen Studien und fachlichen Empfehlungen folgt eine genügend belegte Evidenz für die Eignung der Massnahme, zumal die notwendigen Schutzmassnahmen in der ganzen Pandemie von den Behörden – wie ausgeführt – zwingend im Rahmen nicht abschliessender Klärung der gesamten Zusammenhänge der Ansteckungen ergriffen werden müssen. Nach derzeitigem Wissensstand ist davon auszugehen, dass die Maskentragpflicht gerade in geschlossenen Räumen wie Schulzimmern geeignet ist, die öffentliche Gesundheit zu schützen (vgl. dazu auch Vernehmlassung Beilage 8: Qian/Miao/Zheng/Luo/Li, Indoor transmission of SARS-CoV-2, 7. April 2020; Vernehmlassung Beilage 11: Nishiura et al., Closed environments facilitate secondary transmission of coronavirus disease 2019 [COVID-19], 16. April 2020). Mit der Massnahme kann die Bevölkerung insbesondere bei Nichteinhalten des Mindestabstands vor einer Ansteckung durch allenfalls unwissentlich infizierte, symptomfreie Personen geschützt werden bzw. können unwissentlich infizierte Personen durch das Tragen einer Gesichtsmaske andere Personen schützen (dazu VGE VD.2020.7 vom 31. März 2021 E. 5.2.2 mit Hinweis auf VGE ZH AN.2020.00016 vom 3. Dezember 2020 E. 6.5.2; auch in Genf, Cour de justice, ACST/5/2021 vom 2. März 2021 E. 16c).

 

5.4     Nicht substantiiert bestritten wird die Notwendigkeit der Massnahme, machen die Beschwerdeführenden doch nicht geltend, mit welchen anderen, aus ihrer Sicht milderen Mitteln die Übertragung von Covid-19 im Schulalltag der 5. und 6. Primarschulklassen mit vergleichbarer Effektivität verhindert werden könnte. Dies ist auch nicht ersichtlich (vgl. auch Genf, Cour de justice, ACST/5/2021 vom 2. März 2021 E. 16d).

 

5.5

5.5.1  Bestritten wird von den Beschwerdeführenden dagegen die Angemessenheit der Massnahme. Mit ihrer Beschwerde machen sie diesbezüglich zunächst geltend, das Maskentragen führe zum Wiedereinatmen der ausgeatmeten Luft, wodurch Kohlendioxid in erhöhtem Mass ins Blut gelange. Gleichzeitig nehme man weniger Sauerstoff auf. Dieser sei für alle Lebensfunktionen des Körpers wichtig, auch für das Immunsystem. Die erhöhte Konzentration an Kohlendioxid und der geringere Sauerstoffgehalt könne vor allem bei älteren Menschen oder solchen mit niedrigem Blutdruck vermehrt zu Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Schwindelgefühlen führen. Weiter würden sich durch die feuchtwarme Umgebung unter der Maske vermehrt Bakterien, Pilze und Herpesviren bilden, die dann wieder eingeatmet würden. Die Lunge werde nicht mehr so gut «belüftet», so dass Lungenkrankheiten gefördert werden könnten. Beim Tragen herkömmlicher Masken seien zwischenzeitlich auch dermatologische Probleme wie Hautirritationen, Ausschläge und Pickel beobachtet worden. Diese Nachteile fielen deshalb besonders negativ ins Gewicht, weil es sich bei den betroffenen Menschen um Kinder handle, welche noch in ihrer Entwicklung steckten und auf eine gesunde Umgebung und einen gesunden Alltag in besonderem Masse angewiesen seien. Nicht zu unterschätzen seien zuletzt auch die negativen psychischen Folgen einer immer weiter verbreiteten Maskenpflicht, die oft nicht bedacht würden, in ihren Auswirkungen aber am gravierendsten sein könnten. Die psychischen Schäden beträfen die persönliche und die kollektive Ebene, die in Wechselwirkung zueinanderstehen würden. Angst schwäche zudem das Immunsystem und mache die Menschen krankheitsanfälliger. Es sei erwiesen, dass die Gesichtsmasken gesundheitsschädlich sein könnten und im Einzelfall zu schwerwiegenden Verletzungen der persönlichen Unversehrtheit der Kinder mit potenziell traumatisierender Langzeitwirkung führten. Somit würden die Nachteile der Massnahme eindeutig das öffentliche Interesse an deren Erlass überwiegen (Beschwerdebegründung Ziff. 293–298).

 

5.5.2  Da sich der Präsenzunterricht in den 5. und 6. Klassen der Primarschule gleich wie auch in der Sekundarstufe I täglich über mehrere Stunden erstreckt, sind Schülerinnen und Schüler sowie ihre Lehrpersonen aufgrund der angefochtenen Massnahme während eines beträchtlichen Umfangs des Tages zum Tragen einer Maske verpflichtet (VGE VD.2020.7 vom 31. März 2021 E. 5.4). Die Maskentragpflicht ist daher unbestrittenermassen mit einer gewissen Unannehmlichkeit für die betroffenen Personen verbunden. Demgegenüber sind aber die von den Beschwerdeführenden behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch das Maskentragen nicht bewiesen (vgl. auch Genf, Cour de justice, ACST/5/2021 vom 2. März 2021 E. 16e). Vielmehr ist wissenschaftlich belegt, dass das Tragen von Masken auch über längere Zeiträume bei gesunden Personen zu keinen schädlichen physiologischen Veränderungen führt. Die Unannehmlichkeiten des Maskentragens werden durch die potentiell lebensrettenden Effekte überwogen (vgl. dazu Vernehmlassung Beilage 21: Scheid/Lupien/Ford/West, Commentary: Physiological and Psychological Impact of Face Mask Usage during the COVID-19 Pandemic, in: International Journal of Environmental Research and Public Health 2020, Nr. 17, S. 6655; Samannan/Holt/Calderon-Candelario/Mirsaeidi/Campos, Effect of Face Masks on Gas Exchange in Healthy Persons and Patients with COPD, in: Annals of the american thoracic society, März 2021, Nr. 18, S. 541–544; Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V., Pressemitteilung vom 16. November 2020, Kinder- und Jugendärzte zum Mund-Nasen-Schutz: Mund-Nasen-Bedeckung schützt und ist für Kinder gesundheitlich unbedenklich). Die empfohlenen chirurgischen Masken oder Stoffmasken verursachen weder Hypoxämie noch Hyperkapnie (Vernehmlassung Beilage 26: Pädiatrie Schweiz, COVID – die Haltung von Pädiatrie Schweiz/Kinderärzte Schweiz zum Tragen von Masken bei Kindern und Jugendlichen, gemeinsame Stellungnahme vom 17. November 2020, vgl. auch Beschwerdebegründung Beilage 5: Pädiatrie Schweiz, COVID-19: Masken tragen und dazu Update vom 8. Februar 2021 unter https://www.paediatrieschweiz.ch/news/covid-19-update-maskentragen/). Das Tragen von Masken führt zu einer Erhöhung des Atemwegwiderstands und der Atemarbeit, einer geringen Verminderung der Sauerstoffsättigung und einer geringfügigen Erhöhung der Konzentration von Kohlendioxid im Blut, wobei diese Veränderungen allesamt im Normbereich bleiben und somit ohne objektivierbare Relevanz für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Betroffenen sind (Vernehmlassung Beilagen 22 und 27: Huppertz et al., Verwendung von Masken zur Verhinderung der Infektion mit SARS-CoV-2, in: Nature Public Health Emergency Collection, 18. Dezember 2020; Vernehmlassung Beilage 21: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V., a.a.O.). Auch fehlen Hinweise auf eine Beeinträchtigung der seelischen Gesundheit von Jugendlichen durch die Pflicht zum Tragen einer Maske (Vernehmlassung Beilagen 22 und 27: Huppertz et al., a.a.O.). Soweit mit dem Maskentragen psychologische Effekte eines Autonomieverlustgefühls verbunden sind, gilt dies überdies für Alternativen zum Maskentragen wie dem Homeschooling oder der Quarantäne mit den damit verbundenen Freiheitsbeschränkungen im Falle von Ansteckungen in einer Schule in noch viel ausgeprägterem Masse (dazu VGE VD.2020.7 vom 31. März 2021 E. 5.4).

 

Soweit tatsächlich im Einzelnen das Tragen von Masken aus medizinischen Gründen problematisch erscheint, so kann den betroffenen Kindern von ihrem Kinderarzt oder ihrer Kinderärztin ein Maskentragdispens ausgestellt werden. Die Beschwerdeführenden halten dem entgegen, dass die Ausstellung solcher Dispense gemäss dem Merkblatt der «Kinderärzte Schweiz» an zu strenge Kriterien geknüpft werde (Beschwerdebegründung Ziff. 44, 45, 187; Replik Ziff. 132). Dabei gehen sie aber von Beschwerdebildern aus (vgl. vorne E. 5.5.1), die sich wissenschaftlich nicht belegen lassen. Dies gilt auch für Nasenschleimhautentzündungen (Rhinitis), Missempfindungen der Gesichtshaut und Kopfschmerzen bei Kindern, die bereits zuvor wegen Kopfschmerzen behandelt worden sind (vgl. dazu Vernehmlassung Beilagen 22 und 27: Huppertz et al., a.a.O.). Irrelevant erscheinen in diesem Zusammenhang auch die von den Beschwerdeführenden genannten Beschwerden, welche beim Tragen von FFP2- oder KN95/N95-Masken auftreten können (vgl. Beschwerdebegründung Ziff. 210 f. mit Hinweis auf Beilage 33), da die angefochtene Massnahme nicht zum Tragen von Masken dieses Typs verpflichtet. Vielmehr genügt das Tragen von chirurgischen Masken oder sogenannten Alltagsmasken.

 

5.5.3  Diesen begrenzten Eingriffen in die persönliche Freiheit der betroffenen Schülerinnen und Schüler stehen die Massnahmen gegenüber, die bei einem Verzicht auf die angefochtene Massnahme getroffen werden müssten. Schülerinnen und Schüler sind zur Teilnahme am Primarschulunterricht verpflichtet (Art. 62 Abs. 2 BV). Es besteht daher eine qualifizierte Pflicht des Staates, sie und ihre Familien vor Ansteckungen aufgrund der Teilnahme am obligatorischen Unterricht zu schützen, können sie sich selbst doch nur begrenzt davor schützen, zumal das Tragen von Masken primär Dritte schützt, während der Schutz der maskentragenden Person selbst beschränkter ist (vgl. oben E. 5.3.2; VGE VG.2020.7 vom 31. März 2021 E. 5.4). Wie der Regierungsrat zu Recht betont, besteht an der Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts gerade an den Primarschulen daher ein erhebliches öffentliches Interesse. Dies wird von den Beschwerdeführenden auch explizit anerkannt (Replik Ziff. 38). Es ist notorisch, dass bei Homeschooling auf dieser Schulstufe gerade die schulisch schwächeren Schülerinnen und Schüler nicht adäquat gefördert werden können. Gemäss einem Statement von Unicef Schweiz und Liechtenstein bewirkten die Schulschliessungen einen hohen Bildungsverlust und einen erheblichen Schereneffekt. Ungefähr 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler sollen während des Homeschoolings «nichts gelernt haben» (Vernehmlassung Beilage 25: Unicef Schweiz und Lichtenstein, Die Bedeutung der Schulschliessung für Kinder in der Schweiz, 6. Januar 2021). Deshalb gilt es zu vermeiden, dass der Präsenzunterricht an den Schulen nach dem ersten Lockdown im Frühling 2020 erneut unterbrochen werden muss. Wie der Regierungsrat nachgewiesen hat, mussten aber auch nach diesem Lockdown Schülerinnen und Schüler aufgrund von Ansteckungen in den von ihnen besuchten Schulklassen in erheblichem Umfang vom Präsenzunterricht ausgeschlossen werden. So mussten vor den Fasnachtsferien 2021 aufgrund der erweiterten Quarantänepflicht bei Ansteckungen mit dem mutierten Coronavirus rund fünf Prozent aller Schülerinnen und Schüler sowie Lehr- und Fachpersonen auf der Primarstufe aufgrund von Quarantäneanordnungen vom Schulbetrieb ausgeschlossen werden (Vernehmlassung Beilage 23: Telebasel, Über 800 Quarantäne-Fälle an Basler Schulen, Beitrag vom 10. Februar 2021). Gleichzeitig nahm nach den Angaben des Regierungsrats die Anzahl ihrer Kontaktpersonen in Quarantäne massiv zu (Vernehmlassung Ziff. 51: Stand am 4. Februar 2021: 1’188 Kontaktpersonen, am 14. Februar 2021: 1’309 Kontaktpersonen). Es ist in diesem Zusammenhang ausserdem festzustellen, dass nach der Aufhebung der Maskentragpflicht an den Schulen nach den Sommerferien die Zahl der Schülerinnen und Schüler sowie Lehrpersonen in Quarantäne  oder Selbstisolation wieder zunahm: Per 27. August 2021 befanden sich 269 Primarschülerinnen und -schüler (2,1 %) und 32 Lehrpersonen (1,7 %) in Quarantäne oder Selbstisolation (vgl. dazu www.coronavirus.bs.ch/nm/2021-coronavirus-bulletin-aktuelle-fallzahlen-in-basel-stadt-gd-11.html [zuletzt besucht am 31. August 2021]). Diese Massnahmen (Quarantäne und Isolation) greifen in sehr viel stärkerem Masse in die Bewegungsfreiheit und die sozialen Kontaktgrundrechte der betroffenen Personen ein. Werden Masken im Unterricht getragen, kann die Anordnung von Quarantäne mit ihrer freiheitsbeschränkenden Wirkung erheblich eingedämmt werden (vgl. dazu Vernehmlassung Beilage 24: BAG, Covid-19: Entscheidungshilfe zur Fallerkennung und Ausbruchsbekämpfung in Schulen und familienergänzenden Betreuungsstätten, 25. März 2021). Die Maskenpflicht führte dazu, dass nach der Einführung der angefochtenen Massnahme deutlich weniger Klassenquarantänen nötig waren. Mit der Verpflichtung der Schülerinnen und Schüler sowie ihrer Lehrpersonen zum konsequenten Maskentragen im Unterricht kann damit auch eine breitmöglichste Gewährleistung des Präsenzunterrichts unter Teilnahme der ganzen Klasse sichergestellt werden (VGE VG.2020.7 vom 31. März 2021 E. 5.4 in fine).

 

Ausserdem ist festzustellen, dass in der gesamten Zeit seit dem Erlass der angefochtenen Massnahme ein hoch zu gewichtendes öffentliches Interesse an der Unterbindung der Übertragung von Covid-19 bestand und noch besteht. Im Zeitpunkt des Erlasses der Massnahme war es der Mehrheit der Bevölkerung noch nicht möglich, sich gegen das Virus durch eine entsprechende Impfung zu schützen. Nach den Sommerferien stiegen die Fallzahlen und insbesondere die Zahl der Hospitalisierungen auf Intensivstationen bei erfolgter Öffnung der Schutzmassnahmen, zu der auch die unterbliebene Erneuerung der angefochtenen Massnahme gehört, erheblich an (https://data.bs.ch/explore/dataset/100073/table/?sort=timestamp). Es ist notorisch, dass in dieser Situation auch notwendige Operationen verschoben werden müssen, was die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung über die Bedrohung durch das Virus hinaus betrifft. Soweit sich die Beschwerdeführenden mit ihrer Beschwerdebegründung auf eine sinkende Zahl an Hospitalisierungen beziehen, handelt es sich offensichtlich um eine längst überholte Momentaufnahme. Im Zeitpunkt des Erlasses der Massnahme waren im Kanton 21 Personen hospitalisiert und 8 Personen befanden sich in Intensivpflege, im Zeitpunkt der Beschwerdebegründung stieg die Zahl der Hospitalisierten auf 29 an, jene in Intensivpflege sank auf 5. Nach einem Peak zu Beginn des Monats Mai (51 Personen hospitalisiert, 13 Personen in Intensivpflege) stiegen die Zahlen insbesondere seit Mitte August erneut kontinuierlich an (30. August 2021: 44 Personen hospitalisiert, 14 Personen in Intensivpflege) und verharren seitdem auf hohem Niveau. Da sowohl eine Hospitalisierung wie auch der Tod nach einer Infektion mit Covid-19 immer mit zeitlicher Verzögerung eintritt, müssen Massnahmen zudem zu einem Zeitpunkt getroffen werden, in dem die entsprechenden Zahlen noch nicht alarmierend sind, um den Eintritt in alarmierendem Umfang zu verhindern. Soweit die Beschwerdeführenden eine «Schädigung der öffentlichen Gesundheit» durch Covid-19 überhaupt verneinen (Replik Ziff. 12 ff.), ist auf die dokumentierten Zahlen der Hospitalisierungen sowie der Todesfälle in Basel-Stadt (https://data.bs.ch/explore/dataset/100073/table/?sort=timestamp) und der Schweiz (https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statisiken/gesundheit/gesundheitszustand/sterblichkeit-todesursachen.html) hinzuweisen. Daraus folgt einerseits eine erhebliche Übersterblichkeit ab Oktober 2020 bis ins Jahr 2021 hinein, ohne dass diese in den Folgemonaten hätte kompensiert werden können, und andererseits auch eine aktuelle Gefahr des erneuten Eintritts der Übersterblichkeit.

 

5.5.4  Schliesslich scheint auch gewährleistet, dass der Regierungsrat die Massnahme veränderten Verhältnissen anpasst. So war die Maskentragpflicht bis zum Ende des Schuljahres 2020/2021 befristet und sie wurde zu Beginn des neuen Schuljahrs 2021/2022 auch nicht erneuert.

 

6.

6.1     Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Beschränkung der persönlichen Freiheit der betroffenen Schülerinnen und Schüler wie auch ihres Anspruchs auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung durch die Pflicht zum Maskentragen im Unterricht in der 5. und 6. Primarstufe gerechtfertigt ist. Es liegt keine Verletzung von Grundrechten durch die angeordnete Massnahme vor.

 

6.2     Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Verfassungsbeschwerde abzuweisen ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens tragen die Beschwerdeführenden gestützt auf § 30b in Verbindung mit § 30 Abs. 1 VRPG die Kosten des Verfahrens. Dieses ist von ihnen sehr aufwändig geführt worden, was bei der Bemessung des Kostenvorschusses in diesem Umfang nicht hat vorausgesehen werden können. Gleichwohl soll darauf verzichtet werden, über den geleisteten Kostenvorschuss hinaus Kosten zu erheben. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden in Anwendung von § 24 des Gerichtsgebührenreglements (GGR, SG 154.810) auf CHF 2'500.– festgesetzt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

 

 

Demgemäss erkennt das Verfassungsgericht (Kammer):

 

://:       Die Beschwerde wird abgewiesen.

 

Die Beschwerdeführenden tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens mit einer Gebühr von CHF 2'500.–, einschliesslich Auslagen, in solidarischer Verbindung.

 

Mitteilung an:

-        Beschwerdeführende

-        Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt

 

APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT

 

Die Gerichtsschreiberin

 

 

MLaw Anja Fankhauser

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung

 

Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 82 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14) einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.

 

Ob an Stelle der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG), ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.