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Appellationsgericht
Dreiergericht
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ZB.2020.39
ENTSCHEID
vom 3.
April 2021
Mitwirkende
Dr. Olivier Steiner, lic. iur. André
Equey, Dr. Cordula Lötscher
und
Gerichtsschreiber PD Dr. Benedikt Seiler
Parteien
A____
Berufungsklägerin
[...]
gegen
B____
Berufungsbeklagte 1
[...] Beklagte
1
C____
Berufungsbeklagte 2
[...]
Beklagte 2
D____
Berufungsbeklagter 3
[...] Beklagter
3
alle vertreten durch [...], Advokat,
[...]
Gegenstand
Berufung gegen einen
Entscheid des Zivilgerichts
vom 11. November 2020
betreffend vorsorgliche
Massnahmen
Sachverhalt
Mit Eingabe vom
27. Mai 2020 stellte A____ (nachfolgend Berufungsklägerin) beim
Zivilgericht Basel-Stadt ein Gesuch um Erlass superprovisorischer und
vorsorglicher Massnahmen. Mit Verfügung vom gleichen Tag wies der Zivilgerichtspräsident
die Eingabe der Berufungsklägerin vom 27. Mai 2020 zurück zur Verbesserung
innert Frist bis zum 12. Juni 2020, weil die darin als Gesuchsbeklagte genannte
Erbengemeinschaft nicht parteifähig sei. Daraufhin reichte die Berufungsklägerin
am 10. Juni 2020 eine verbesserte Eingabe ein, worin sie B____ (nachfolgend Berufungsbeklagte
1), C____ (nachfolgend Berufungsbeklagte 2) und D____ (nachfolgend
Berufungsbeklagter 3) als Gesuchsbeklagte nannte. Mit Verfügung vom 12. Juni
2020 wies der Zivilgerichtspräsident das Gesuch um Anordnung
superprovisorischer Massnahmen ab. Die Berufungsbeklagten beantragten mit
Stellungnahme vom 24. Juni 2020, auf das Gesuch um Erlass vorsorglicher
Massnahmen sei nicht einzutreten. Eventualiter sei es abzuweisen. Nach weiteren
Eingaben der Parteien wies der Zivilgerichtspräsident mit Entscheid vom
11. November 2020 das Gesuch der Berufungsklägerin um Erlass vorsorglicher
Massnahmen ab, soweit darauf eingetreten werden konnte.
Gegen diesen
Entscheid vom 11. November 2020 legte die Berufungsklägerin mit Eingabe vom
23. November 2020 Berufung beim Appellationsgericht Basel-Stadt ein mit
den folgenden Rechtsbegehren:
«- Der
Entscheid ist an die Vorinstanz zurück zu weisen
- Der
Entscheid in seinem Bestand zu kassieren und als eine Verfügung über ein
Nichteintreten zu erlassen»
Am
24. November 2020 reichte die Berufungsklägerin eine weitere mit
«Berufung» betitelte Eingabe beim Appellationsgericht ein, mit dem Vermerk
«verbessert eingereicht 24. November 2020». Mit Eingabe vom
16. Dezember 2020 ersuchte die Berufungsklägerin um Überweisung des
Verfahrens an das Zivilgericht. Mit Verfügung vom 18. Dezember 2020 wies
der Verfahrensleiter des Appellationsgerichts diesen Antrag um
Verfahrensüberweisung ab. Mit Eingabe vom 4. Februar 2021 stellte die
Berufungsklägerin mehrere Anträge, auf die der Verfahrensleiter des
Appellationsgerichts mit Verfügung vom 17. Februar 2021 nicht eintrat. Mit
Eingabe vom 22. März 2021 (Postaufgabe 25. März 2021) beantragte die
Berufungsklägerin sinngemäss die Vereinigung des vorliegenden Berufungsverfahrens
ZB.2020.39 mit dem Berufungs- und Beschwerdeverfahren BEZ.2020.68. Auf die
Einholung von Stellungnahmen wurde verzichtet. Der vorliegende Entscheid erging
unter Beizug der Akten des Zivilgerichts auf dem Zirkulationsweg.
Erwägungen
1.
1.1 Zunächst ist über den sinngemässen
Antrag auf Vereinigung des vorliegenden Berufungsverfahrens ZB.2020.39 mit dem
Berufungs- und Beschwerdeverfahren BEZ.2020.68 zu entscheiden. Die
Verfahrensvereinigung setzt voraus, dass der Prozess dadurch vereinfacht wird
(Art. 125 lit. c ZPO; Frei, in:
Berner Kommentar, 2012, Art. 125 ZPO N 15; Haldy,
in: Commentaire romand, 2. Auflage, Basel 2019, Art. 125 CPC N 6). Die
Berufungsklägerin verweist zur Begründung ihres Antrags auf ihr Gesuch vom 16.
Dezember 2020, in dem sie den sachlichen und rechtlichen Zusammenhang zwischen
den Verfahren dargestellt habe. Dort machte sie sinngemäss geltend, ein ihre
Berufung im Verfahren ZB.2020.39 gutheissender Entscheid könnte nicht mehr
vollstreckt werden, wenn das Verfahren BEZ.2020.68 bereits vorher rechtskräftig
abgeschlossen würde (vgl. Eingabe vom 16. Dezember 2020 S. 9). Dass der
Entscheid im einen Verfahren von demjenigen im anderen Verfahren abhängig wäre,
macht sie jedoch nicht geltend und ist nicht ersichtlich. Ebenso wenig ist erkennbar,
dass sich im Verfahren ZB.2020.39 und im Verfahren BEZ.2020.68 die gleichen
Fragen stellen würden. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, wie der
Prozess durch die Vereinigung der beiden Verfahren vereinfacht werden sollte.
Der Antrag auf Verfahrensvereinigung ist daher abzuweisen.
1.2 Im vorliegenden Berufungsverfahren
ist ein Entscheid des Zivilgerichts vom 11. November 2020 betreffend
vorsorgliche Massnahmen angefochten. Erstinstanzliche Entscheide über
vorsorgliche Massnahmen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten sind mit
Berufung anfechtbar, wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen
Rechtsbegehren mindestens CHF 10‘000.– beträgt (Art. 308 Abs. 1 lit. b und
Abs. 2 ZPO). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt (vgl. angefochtener
Entscheid E. 6).
1.3 Auf vorsorgliche Massnahmen ist das
summarische Verfahren anwendbar (Art. 248 lit. d ZPO). Gegen einen im
summarischen Verfahren ergangenen Entscheid beträgt die Frist zur Einreichung
der Berufung zehn Tage (Art. 314 Abs. 1 ZPO).
Der
angefochtene Entscheid des Zivilgerichts vom 11. November 2020 wurde der
Berufungsklägerin am 12. November 2020 zugestellt. Damit endete die Frist zur
Einreichung der Berufung am 23. November 2020. Die Berufungsklägerin reichte
elek-tronisch eine Berufung ein. Gemäss der Abgabequittung der Zustellplattform
erhielt diese die Berufung am 23. November 2020 um 23:45 Uhr (vgl. zur
Massgeblichkeit dieses Zeitpunkts Art. 143 Abs. 2 ZPO und Art. 8b
Abs. 1 der Verordnung über die elektronische Übermittlung im Rahmen von
Zivil- und Strafprozessen sowie von Schuldbetreibungs- und Konkursverfahren
[VeÜ-ZSSV, SR 272.1]). Damit wurde die Berufung rechtzeitig eingereicht.
Die
Berufungsklägerin reichte zusätzlich elektronisch eine verbesserte Berufung
ein. Gemäss der Abgabequittung der Zustellplattform erhielt diese die
verbesserte Berufung am 24. November 2020 um 10:46 Uhr. Dementsprechend erklärt
die Berufungsklägerin auf der ersten Seite der verbesserten Berufung selbst,
diese sei am 24. November 2020 eingereicht worden. Damit wurde die verbesserte
Berufung erst nach Ablauf der Frist zur Einreichung der Berufung eingereicht.
Unter Vorbehalt der Ansetzung einer Nachfrist gemäss Art. 132 Abs. 1 und 2 ZPO
und der Wiederherstellung der Frist gemäss Art. 148 Abs. 1 ZPO kann die
Berufung nur innert der Rechtsmittelfrist geändert, ergänzt oder verbessert
werden (vgl. Kunz, in: Kunz
et al. [Hrsg.], ZPO Rechtsmittel Berufung und Beschwerde, Basel 2013, Art. 311
N 25, 28 und 30; Reetz,
in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 3. Auflage, Zürich
2016, Vorbemerkungen zu den Art. 308-318 N 39; Reetz/Theiler, in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.],
Kommentar zur ZPO, 3. Auflage, Zürich 2016, Art. 311 N 12; Seiler, Die Berufung nach ZPO, Basel
2013, N 859 und 917). Dass die Voraussetzungen für die Ansetzung einer
Nachfrist oder eine Wiederherstellung der Berufungsfrist erfüllt wären, wird
von der Berufungsklägerin nicht geltend gemacht und ist nicht ersichtlich.
Damit ist auf die verbesserte Berufung vom 24. November 2020 nicht einzutreten.
1.4
1.4.1 Aus der Pflicht zur Begründung des
Rechtsmittels (vgl. Art. 311 Abs. 1 ZPO) ergibt sich, dass die Berufung
ein Rechtsbegehren enthalten muss. Wegen der grundsätzlich reformatorischen
Natur der Berufung darf sich die Berufungsklägerin grundsätzlich nicht darauf
beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung der
Sache an die erste Instanz zu beantragen, sondern muss grundsätzlich einen
Antrag in der Sache stellen. Dabei ist ein auf eine Geldzahlung gerichtetes
Rechtsbegehren zu beziffern. Ein Aufhebungs- und Rückweisungsantrag kann nur
dann zulässig sein, wenn die Berufungsinstanz ausnahmsweise nur kassatorisch
entscheiden kann. Bei teilweisem oder vollständigem Fehlen eines genügenden
Berufungsantrags ist auf die Berufung grundsätzlich teilweise oder vollständig
nicht einzutreten. Der Berufungsklägerin ist insbesondere keine Nachfrist
gemäss Art. 132 Abs. 1 und 2 ZPO anzusetzen. Die Rechtsfolge des
Nichteintretens steht allerdings unter dem Vorbehalt des überspitzten
Formalismus (Art. 29 Abs. 1 der Bundesverfassung [BV, SR 101]).
Daraus folgt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung, dass auf eine Berufung
mit formell mangelhaften Rechtsbegehren ausnahmsweise einzutreten ist, wenn
sich aus der Begründung, allenfalls in Verbindung mit dem angefochtenen
Entscheid, ergibt, was die Berufungsklägerin in der Sache verlangt (vgl. zum
Ganzen BGE 137 III 617 E. 4.2.2 S. 618 f., E. 4.3 f. S. 619 f., E. 6.2
S. 621 f. und E. 6.4 S. 622; AGE ZB.2018.52 vom 18. März 2019 E.
1.3; Reetz/Theiler, a.a.O., Art.
311 N 34 f.).
1.4.2 Die Berufungsanträge der
Berufungsklägerin lauten folgendermassen: „Der Entscheid ist an die Vorinstanz
zurück zu weisen. Der Entscheid in seinem Bestand zu kassieren und als eine
Verfügung über ein Nichteintreten zu erlassen“. Damit fehlt ein Antrag in der
Sache. Ein Grund, weshalb das Appellationsgericht im vorliegenden Fall nur
kassatorisch entscheiden könnte, wird von der Berufungsklägerin nicht geltend
gemacht und ist nicht ersichtlich. Auch aus der Begründung in Verbindung mit
dem angefochtenen Entscheid ergibt sich nicht mit hinreichender Klarheit, was
die Berufungsklägerin in der Sache verlangt (vgl. zur ungenügenden Bestimmtheit
des im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Eventualbegehrens unten E. 2.2).
Folglich ist auf die Berufung wegen formell mangelhafter Rechtsbegehren nicht
einzutreten. Im Übrigen wäre die Berufung abzuweisen, wenn darauf einzutreten
wäre (vgl. unten E. 2).
1.5 Mit ihrem Gesuch vom 27. Mai
2020 beantragte die Berufungsklägerin die Anordnung superprovisorischer
Massnahmen und die Anordnung vorsorglicher Massnahmen. Das Gesuch um Anordnung
superprovisorischer Massnahmen wies das Zivilgericht mit Verfügung vom 12. Juni
2020 ab. Gegenstand des angefochtenen Entscheids vom 11. November 2020 sind die
vorsorglichen Massnahmen. Damit ist das Gesuch um Anordnung superprovisorischer
Massnahmen entgegen der Behauptung der Berufungsklägerin (Berufung S. 2)
nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids.
Die
Berufungsklägerin beanstandet, dass die Abweisung ihres Gesuchs um superprovisorische
Massnahmen mit der Verfügung vom 12. Juni 2020 nicht begründet worden ist.
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung können Entscheide, mit denen ein
Gesuch um Anordnung einer superprovisorischen Massnahme abgewiesen wird,
grundsätzlich weder mit Berufung oder Beschwerde beim oberen kantonalen Gericht
noch mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden (vgl. BGE 137 III 417
E. 1.2 f. S. 418 f.; Sprecher,
in: Basler Kommentar, 3. Auflage 2017, Art. 265 ZPO N 32 f.).
Die Frage, ob Entscheide, mit denen ein Gesuch um eine superprovisorische
Massnahme abgewiesen wird, ausnahmsweise anfechtbar sind, wenn sie den
endgültigen Verlust eines Rechts oder die Gegenstandslosigkeit des
kontradiktorischen Verfahrens gemäss Art. 261 ff. ZPO bewirken, kann im vorliegenden
Fall genauso offen bleiben wie die Frage, ob das Gericht einen Entscheid, mit
dem es ein Gesuch um Anordnung einer superprovisorischen Massnahme ablehnt, in
Anwendung von Art. 239 Abs. 1 ZPO ohne schriftliche Begründung eröffnen
darf. Selbst wenn Entscheide, mit denen ein Gesuch um Anordnung einer
superprovisorischen Massnahme abgewiesen wird, grundsätzlich mit Berufung
gemäss Art. 308 Abs. 1 lit. b ZPO oder Beschwerde gemäss
Art. 319 lit. a ZPO anfechtbar wären (vgl. dazu Reetz/Theiler, a.a.O., Art. 308
N 34; Steiner, a.a.O.,
N 70, 243 und 368), müsste der Gesuchsteller entweder gemäss Art. 239
Abs. 2 ZPO innert zehn Tagen eine schriftliche Begründung verlangen oder
gemäss Art. 314 Abs. 1 bzw. Art. 321 Abs. 2 ZPO innert zehn Tagen Berufung
einreichen. Die Berufungsklägerin behauptet nicht, dass sie innert zehn Tagen
seit der Zustellung der Verfügung vom 12. Juni 2020 eine schriftliche
Begründung verlangt oder Berufung eingereicht hätte. Damit ist ein Rechtsmittel
gegen die Abweisung des Gesuchs der Berufungsklägerin um superprovisorische
Massnahmen in jedem Fall ausgeschlossen. Auf ihre Kritik an der Verfügung vom
12. Juni 2020 ist deshalb nicht einzutreten.
2.
2.1
2.1.1 Aus den vorstehenden Erwägungen ist
auf die Berufung nicht einzutreten. Im Sinn einer Eventualbegründung wird im
Folgenden dargelegt, dass die Berufung abzuweisen wäre, wenn darauf einzutreten
wäre. Die Berufungsklägerin beantragte mit ihren Hauptbegehren vor
Zivilgericht, dass das Gericht verschiedenen Akteuren verbiete, die Versilberung
von Aktientiteln des für sie ausgesonderten Teils des Nachlasses vorzunehmen
und das Depot [...] Erben zu saldieren.
2.1.2 Das Zivilgericht stellte fest, das
Gesuch der Berufungsklägerin vom 27. Mai 2020 sei dem Zivilgericht am
28. Mai 2020 elektronisch eingereicht worden. Da die von der
Berufungsklägerin als Gesuchsbeklagte genannte Erbengemeinschaft keine
Rechtspersönlichkeit habe und damit nicht Verfahrenspartei sein könne, sei das
Gesuch vom Zivilgericht mit Verfügung vom 28. Mai 2020 zur Verbesserung
zurückgewiesen worden. Die verbesserte Eingabe sei am 10. Juni 2020 eingereicht
worden. Aus den von den Berufungsbeklagten eingereichten Bankunterlagen gehe
hervor, dass die letzten streitgegenständlichen Aktien am 26. Mai 2020
verkauft worden seien und der Erlös auf ein Konto der Berufungsklägerin
überwiesen worden sei. Damit seien die Aktien zum Zeitpunkt, in dem die
Berufungsklägerin ihr ursprüngliches Gesuch eingereicht habe, bereits
versilbert gewesen. Eine Verfügung des Gerichts hätte daran nichts mehr zu
ändern vermocht. Demzufolge fehle es der Berufungsklägerin an einem
schutzwürdigen Interesse an einem gerichtlichen Verbot der Versilberung der
Aktien und der Saldierung des Depots. Auf das Gesuch sei deshalb nicht
einzutreten (angefochtener Entscheid E. 2).
2.1.3 Die Berufungsklägerin macht in ihrer
Berufung geltend, aus der von den Berufungsbeklagten als Beilage 12 ihrer
Stellungnahme vom 24. Juni 2020 eingereichten Übersicht der Bewegungen auf dem
Sperrkonto der Berufungsklägerin gehe hervor, dass am 28. Mai 2020 die
Rücknahme zur Tilgung von [...] sowie der Verkauf der Devisenbestände im
ausgesonderten Nachlassanteil der Berufungsklägerin stattgefunden hätten. Damit
hätte das Zivilgericht nach Ansicht der Berufungsklägerin die Versilberung noch
teilweise verhindern können, wenn es am 28. Mai 2020 statt der Rückweisung
ihres Gesuchs die beantragten superprovisorischen Massnahmen angeordnet hätte.
Zudem sei zwischen der Versilberung der Aktientitel und der Saldierung des
Depots zu unterscheiden und habe das Zivilgericht nicht begründet, weshalb die
Berufungsklägerin an einem Verbot der Saldierung des Depots kein
Rechtsschutzinteresse mehr gehabt haben sollte. Insbesondere im Hinblick auf
ihr Eventualbegehren, sie sei von den Willensvollstreckern in ihrem Eigentum so
zu stellen, als hätten die Willensvollstrecker die Versilberung nicht
vorgenommen, bestehe ein solches weiterhin (vgl. Berufung S. 3 f.).
2.1.4 Gegenstand des angefochtenen
Entscheids und des Berufungsverfahrens sind nur die vorsorglichen Massnahmen.
Der Entscheid des Zivilgerichts über das am 28. Mai 2020 eingereichte
Gesuch um vorsorgliche Massnahmen konnte erst nach Eingang der Stellungnahme
der Berufungsbeklagten gefällt werden. Zu diesem Zeitpunkt war die Versilberung
auch gemäss der Darstellung der Berufungsklägerin bereits abgeschlossen. Damit
hatte die Berufungsklägerin kein schutzwürdiges Interesse mehr an einer auf ein
Verbot der Versilberung gerichteten vorsorglichen Massnahme. Es ist nicht
ersichtlich und wird von der Berufungsklägerin nicht nachvollziehbar dargelegt,
worin ihr schutzwürdiges Interesse an einem Verbot der Saldierung des Depots
bestanden haben sollte, nachdem die Aktien verkauft worden waren und der Erlös
auf ein Konto der Berufungsklägerin überwiesen worden war. Insbesondere lässt
sich ein solches auch nicht mit dem Eventualbegehren der Berufungsklägerin
begründen, weil zur Erfüllung dieses Begehrens nötigenfalls ohne weiteres ein
neues Depot eröffnet werden könnte. Damit ist davon auszugehen, dass die Berufungsklägerin
auch kein schutzwürdiges Interesse mehr an einer auf ein Verbot der Saldierung
des Depots gerichteten vorsorglichen Massnahme gehabt hat. Folglich ist das
Zivilgericht auf die Hauptbegehren der Berufungsklägerin zu Recht nicht
eingetreten. Ob die Behauptungen der Berufungsklägerin betreffend die Rücknahme
und die Verkäufe vom 28. Mai 2020 richtig sind, kann damit mangels
Entscheidwesentlichkeit offen bleiben.
Im
Übrigen ist auch die Ansicht der Berufungsklägerin, das Zivilgericht hätte am
28. Mai 2020 über ihr Gesuch um Erlass superprovisorischer Massnahmen
entscheiden müssen, unbegründet. Die Berufungsklägerin hat in ihrem Gesuch vom
27. Mai 2020 die Erbengemeinschaft [...] als Gesuchsbeklagte bezeichnet.
Dass sie die Willensvollstrecker als deren Vertreter genannt hat, ändert daran
nichts. Im Übrigen führen Willensvollstrecker Prozesse als Prozessstandschafter
in Parteistellung im eigenen Namen (Grolimund,
in: Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 3. Auflage, Zürich
2019, § 13 N 26; Künzle,
in: Berner Kommentar, 2011, Art. 517-518 ZGB N 464 ff.) und
nicht als Vertreter der Erbengemeinschaft. Der Erbengemeinschaft selbst kommt
keine Parteifähigkeit zu. Parteifähig sind ihre einzelnen Mitglieder (Staehelin/Schweizer,
in: Sutter-Somm et al. [Hrsg.], Kommentar zur ZPO, 3. Auflage, Zürich
2016, Art. 66 N 27). Die Parteifähigkeit ist eine Prozessvoraussetzung
(Art. 59 Abs. 2 lit. c ZPO). Daher ist es nicht zu beanstanden, dass das
Zivilgericht erst nach Eingang des verbesserten Gesuchs über das Begehren um
Erlass superprovisorischer Massnahmen entschieden hat. Schliesslich wäre es
selbst bei einem Entscheid über das Gesuch um Anordnung superprovisorischer
Massnahmen am 28. Mai 2020 höchst fraglich gewesen, ob der Entscheid noch
vor allfälligen Versilberungshandlungen vom selben Tag hätte zugestellt werden
können.
2.2
2.2.1 Mit ihrem Eventualbegehren beantragte
die Berufungsklägerin vor Zivilgericht, „[f]alls die Versilberung ganz oder nur
teilweise fortgeschritten ist, sei die Antragstellerin von den
Willensvollstrecker[n] in ihrem Eigentum so zu stellen[,] als hätten die
Willensvollstrecker die Versilberung nicht vorgenommen.“
2.2.2 Das Zivilgericht erwog, das
Eventualbegehren der Berufungsklägerin sei zu unbestimmt, um zum Dispositiv
erhoben zu werden, weil unklar sei, welche Vorkehren die Willensvollstrecker
genau vornehmen sollten. Ein Dispositiv mit dem Wortlaut des Eventualbegehrens
wäre auch nicht vollstreckbar. Auch aus der Begründung ergebe sich nicht, wozu
genau die Willensvollstrecker verpflichtet werden sollten (angefochtener
Entscheid E. 3).
Die
Berufungsklägerin macht in der Berufung geltend, das Eventualbegehren sei
vollstreckbar, weil es genüge, dass die Willensvollstrecker ein Konto der
Erbengemeinschaft bei der [...] bekannt geben, auf das sie den Betrag zur
Wiederherstellung überweisen könne. Sie verlange, dass die Willensvollstrecker
ihren Anteil am Nachlass in seinen Sachbestandteilen wiederherstellen (Berufung
S. 5). Diese Vorbringen sind nicht geeignet, die Richtigkeit der
Feststellungen des Zivilgerichts in Frage zu stellen. Damit das
Eventualbegehren hinreichend bestimmt ist, hätte die Berufungsklägerin angeben
müssen, welcher konkrete Zustand auf welche Art und Weise wiederhergestellt
werden soll. Dass sie dies im erstinstanzlichen Verfahren getan hätte,
behauptet sie in der Berufung nicht einmal. Im Übrigen bleibt sie die
erforderlichen Angaben auch in der Berufung schuldig.
2.2.3 Die Berufungsklägerin erklärt, sie
überlasse die Beurteilung, ob das Zivilgericht ihr als prozessualer Laiin
gegenüber seiner gerichtlichen Fragepflicht gemäss Art. 56 ZPO nachgekommen
sei, dem Appellationsgericht (Berufung S. 5).
Das
Berufungsgericht ist nicht gehalten, von sich aus wie ein erstinstanzliches
Gericht alle sich stellenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen zu
untersuchen, wenn keine entsprechenden Rügen der Parteien vor der zweiten
Instanz vorliegen. Abgesehen von offensichtlichen Mängeln hat sich das
Berufungsgericht grundsätzlich auf die Beurteilung der in der Berufung und
gegebenenfalls in der Berufungsantwort gegen das erstinstanzliche Urteil
erhobenen relevanten Beanstandungen zu beschränken (BGE 144 III 394 E. 4.1.4
S. 397 f. und E. 4.3.2.1 S. 399, 142 III 413
E. 2.2.4 S. 417; BGer 4A_536/2017 vom 3. Juli 2018 E. 3.2; AGE
ZB.2019.22 vom 10. Oktober 2019 E. 1.5, ZB.2018.35 vom 3. Februar
2019 E. 1.2). Die hinreichend begründeten Rügen der Parteien geben mithin das
Prüfungsprogramm der Berufungsinstanz vor (AGE ZB.2019.22 vom 10. Oktober 2019
E. 1.5, ZB.2018.35 vom 3. Februar 2019 E. 1.2; vgl. BGE 144 III 394 E. 4.1.4
S. 398; BGer 4A_397/2016 vom 30. November 2016 E. 3.1). Die
Berufungsklägerin macht nicht geltend, dass das Zivilgericht die gerichtliche
Fragepflicht gemäss Art. 56 ZPO tatsächlich verletzt habe. Erst recht findet
sich in der Berufung keine Begründung für eine entsprechende Pflichtverletzung.
Davon, dass das Zivilgericht die gerichtliche Fragepflicht gemäss Art. 56 ZPO offensichtlich
verletzt hätte, kann keine Rede sein. Die Behauptung der Berufungsklägerin, sie
sei eine prozessuale Laiin, ist zumindest insoweit zu relativieren, dass sie
gemäss den unbestrittenen Feststellungen des Zivilgerichts immerhin juristisch
gebildet ist (angefochtener Entscheid E. 3) und dass sie gemäss eigenen Angaben
zumindest bis zum 24. Oktober 2020 damit auch im Zeitpunkt der Einreichung
ihres Gesuchs mit einer Anwältin zusammengearbeitet hat (vgl. Berufung
S. 7). Aus den vorstehenden Gründen ist die Frage der Erfüllung der
gerichtlichen Fragepflicht gemäss Art. 56 ZPO mangels hinreichend begründeter
Rüge nicht weiter zu untersuchen.
2.2.4 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt,
dass das Zivilgericht auf das Eventualbegehren zu Recht nicht eingetreten ist.
3.
3.1 Das Zivilgericht stellte fest, die
Parteientschädigung richte sich nach dem Streitwert. Es sei davon auszugehen,
dass der Wert der streitgegenständlichen Aktien zum Zeitpunkt der Verkäufe rund
CHF 1.8 Mio. betragen habe. Es sei nicht ganz klar, was die
Berufungsklägerin mit dem vorsorglichen Massnahmeverfahren bezwecke. Folglich
sei auch der Streitwert nur schwer abschätzbar. Denkbar erscheine einzig, dass
die Berufungsklägerin einen Mehrwert geltend mache für den Fall, dass die Aktien
anstelle des Verkaufs auf sie übertragen worden wären. Die Schätzung der
streitwertrelevanten Differenz sei freilich kaum verlässlich möglich.
Veranschlage man schätzungsweise 10 % des Aktienwerts, so würde ein Streitwert
von CHF 180‘000.– resultieren. Dieser lasse die von den Berufungsbeklagten
geltend gemachte Parteientschädigung von CHF 9‘570.– unter
Berücksichtigung von § 10 Abs. 2 der Honorarordnung für die Anwältinnen und
Anwälte des Kantons Basel-Stadt (HO, SG 291.400) als angemessen erscheinen.
Die Gerichtsgebühr betrage gemäss § 10 Abs. 1 des Gerichtsgebührenreglements
(GGR, SG 154.810) CHF 200.– bis CHF 20‘000.–. Angesichts des
Streitwerts und des erheblichen Verfahrensaufwands erscheine im vorliegenden
Fall für den schriftlich begründeten Entscheid eine Gerichtsgebühr von
CHF 12‘500.– angemessen (vgl. angefochtener Entscheid E. 6).
Die
Berufungsklägerin scheint sinngemäss geltend machen zu wollen, der Wert der
streitgegenständlichen Aktien habe zum Zeitpunkt der Verkäufe nicht rund
CHF 1.8 Mio., sondern CHF 1‘221‘296.81 betragen (vgl. Berufung
S. 4 und 6). Sie macht aber nicht geltend, dass deshalb die Höhe der
Parteientschädigung oder der Gerichtskosten im Ergebnis unrichtig sei. Erst
recht findet sich dafür in der Berufung keine Begründung. Damit ist die Frage
der Bemessung der Parteientschädigung und der Gerichtskosten für das
erstinstanzliche Verfahren mangels hinreichend begründeter Rüge nicht weiter zu
untersuchen und kann die Frage, ob der Wert der streitgegenständlichen Aktien
rund CHF 1.8 Mio. oder rund CHF 1.2 Mio. betragen hat, mangels
Entscheidwesentlichkeit offen bleiben.
3.2 Die Gerichtskosten des
Berufungsverfahrens betragen CHF 200.– bis CHF 20‘000.– (§ 10 Abs. 1
in Verbindung mit § 12 Abs. 1 des Reglements über die Gerichtsgebühren ([GGR;
SG 154.810]). Der Aufwand des Appellationsgerichts war deutlich geringer als
derjenige des Zivilgerichts. Angesichts des erheblichen geschätzten Streitwerts
von mindestens CHF 1.2 Mio. erscheint eine Gerichtsgebühr von CHF 6‘000.–
angemessen. Da die Berufungsklägerin einen Kostenvorschuss von
CHF 12‘500.– geleistet hat, hat ihr die Gerichtskasse CHF 6‘500.–
zurückzuerstatten.
Demgemäss erkennt
das Appellationsgericht (Dreiergericht):
://: Der sinngemässe Antrag auf Vereinigung
des Berufungsverfahrens ZB.2020.39 mit dem Berufungs- und Beschwerdeverfahren
BEZ.2020.68 wird abgewiesen.
Auf die Berufung gegen den Entscheid des Zivilgerichts vom
11. November 2020 ([...]) wird nicht eingetreten.
Die Berufungsklägerin trägt die Gerichtskosten des
Berufungsverfahrens von CHF 6‘000.–. Die Gerichtskasse hat der
Berufungsklägerin CHF 6‘500.– zurückzuerstatten.
Mitteilung an:
-
Berufungsklägerin
-
Berufungsbeklagte 1
-
Berufungsbeklagte 2
-
Berufungsbeklagter 3
-
Zivilgericht Basel-Stadt
APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT
Der Gerichtsschreiber
PD Dr. Benedikt Seiler
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen
Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 72 ff. des
Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde
in Zivilsachen erhoben werden. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten gilt
dies nur dann, wenn der Streitwert die Beschwerdesumme gemäss Art. 74 Abs. 1
lit. a oder b BGG erreicht (CHF 15'000.– bei Streitigkeiten aus Miete oder
Arbeitsverhältnis bzw. CHF 30'000.– in allen übrigen Fällen) oder wenn
sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Die
Beschwerdeschrift ist fristgerecht dem Bundesgericht (1000 Lausanne 14)
einzureichen. Für die Anforderungen an deren Inhalt wird auf Art. 42 BGG
verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das
Bundesgericht.
Ob an Stelle der
Beschwerde in Zivilsachen ein anderes Rechtsmittel in Frage kommt (z.B. die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 113 BGG),
ergibt sich aus den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen. Wird sowohl
Beschwerde in Zivilsachen als auch Verfassungsbeschwerde erhoben, sind beide
Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen.